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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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Gesindeküche. Darauf änderte Kalle Kloak seinen Namen in Charles de Finø, baute den Herrenhof um und engagierte zwölf Waldarbeiter, zwei Jäger, zwei Köche, zwanzig Hilfsarbeiter und zwei Verwalter und Zimmermädchen und Putzhilfen und einen Spezialisten, der sich darin auskennt, wie man sich auf den großen Gütern des Festlandes verhält. Den Angestellten wurden Uniformen genäht, damit sie, wenn Kalle de Finø eine Jagd abhält und ein Essen gibt, wie die Lakaien der Tivoligarde umherwandeln können. Kalle kaufte auch Die weiße Dame von Finø , damals hieß sie irgendwas Arabisches, das »Allahs Wille« bedeutete, aber sie wurde halt umgetauft.
    Der Gutshof selbst hat drei Etagen und einen Turm und eine breite Treppe zum Haupteingang hinauf, und hinter dem Gebäude geht der Weg zur Mole hinunter, wo Die weiße Dame von Finø zur Feier des Tages mit Flaggen geschmückt ist. Alles ist strahlend erleuchtet, und Kalle Kloaks Personal ist in Uniform und erinnert von ferne an Holbergs Jeppe vom Berge in der Aufführung des Amateurtheaters Finø.
    Tilte hat auf der Fahrt schon viel gesagt, jetzt ist es meine Aufgabe zu sagen, was Lama Svend-Helge und Sindbad al-Blablab und Gitte und alle anderen denken.
    »Warum bitte unterstützt Kalle Kloak ein religiöses Treffen in Kopenhagen?«
    Die Frage liegt auf der Hand, denn Kalle Kloak hat schon oft und in aller Öffentlichkeit den Beweis erbracht, dass er an Knauserigkeit kaum hinter Dagobert Duck zurücksteht.Als wir zum Beispiel für den Boldklub Sponsoren suchten, hatte er keine müde Krone übrig, und als Tilte und ich für die anerkannte Jahreslotterie des Klubs Lose verkaufen wollten und uns bis zum ihm durchgekämpft hatten, sagte er, er habe leider kein Bargeld dabei, aber hier habe er zwei schöne Graubirnen direkt aus dem Garten, sie seien ihr Gewicht in Gold wert, und jetzt tschüs ihr beiden und kommt gut nach Hause.
    Trotzdem antwortet keiner auf meine Frage, verwunderlich eigentlich in Anbetracht der Tatsache, wie viel Weisheit und wie viel Kenntnis lokaler Verhältnisse in Bermudas Leichenwagen versammelt sind. Das heißt, wieder darf Tilte antworten.
    »Er will Minister werden«, sagt sie. »Mit dem Kirchenministerium will er anfangen. Aber das ist nur das Sprungbrett.«
     
    Wir halten auf dem Parkplatz, der mit Perlkies bedeckt und so groß wie ein halbes Fußballfeld ist. Der Lama räuspert sich.
    »Ich unterliege natürlich der Schweigepflicht«, sagt Svend-Helge. »Als Anwalt.«
    Tilte und ich nicken ernst, die Wichtigkeit beruflicher Diskretion ist uns geläufig.
    »Vor drei Wochen war ich bei euren Eltern zum Abendessen. Da habe ich sie zuletzt gesehen. Sie hatten mich gebeten, den Karnov mitzubringen.«
    Wir können uns gut an den Abend erinnern. Mein Vater hatte Heilbutt gemacht, im Stück gebraten. Die Heilbutte, die rund um Finø gefangen werden, können kaum im Ganzen gebraten werden, weil sie ziegelsteindick sind und einen Durchmesser wie ein Kanaldeckel haben, und selbstin fernen Landen geht die Saga von Vaters Talent, sie im Stück zu braten, und an jenem Abend war es wieder einmal gelungen, was er und der Lama Svend-Helge wie immer feierten, indem sie einen Kasten Finøer Spezialbräu teilten. Anschließend bringen sie Ordnung in theologische Spitzfindigkeiten wie zum Beispiel: Gibt es einen Schöpfergott, und was reinkarniert sich, wenn wir, wie die Buddhisten sagen, keine individuelle Seele haben, und warum ist kein Bier mehr da, und können wir eins der Kinder zur Tankstelle schicken, um noch welches zu besorgen?
    Auch an Karnovs Gesetzbuch können wir uns gut erinnern, es ist blassgelb und schwer wie ein Taufbecken.
    »Es muss am späten Abend gewesen sein, ich muss aufs Klo, aber ich vertue mich mit der Tür, das ist ein Effekt der etwas tieferen Meditationen, und während des ganzen Essens habe ich intensiv praktiziert. Erst kann ich mich gar nicht orientieren. Aber dann erkenne ich das Arbeitszimmer eures Vaters. Auf seinem Schreibtisch steht dieser kleine Kopierer. Eingeschaltet. Und daneben liegt der Karnov . Mit einem Lesezeichen. Ich werfe einen Blick auf die markierte Seite, eine alte Angewohnheit aus dem Büro, und ich wundere mich, weil es nämlich ein selten gebrauchter Abschnitt ist, mit obskuren Verordnungen für die Polizei. Also schaue ich mir den Stoß Kopien an. Und sehe, dass sie das Fundsachengesetz kopiert haben. Und nicht nur den Paragraphen 15 und Runderlass Nr. 76, nein, sie haben das ganze Gesetz und sämtliche

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