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Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya

Titel: Die Kinder des Dschinn. Der Spion im Himalaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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wieder.

Swimmingpool

    Nimrod steuerte schnurgerade mit fast fünfhundert Stundenkilometern auf Kurs Ostsüdost durch die klare eurasische Luft und überflog dabei Länder und Meere, die Philippa nur aus der Zeitung oder ihren Geografiebüchern kannte: Serbien, Rumänien, Moldawien, die Ukraine und das Schwarze Meer. Irgendwo über der russischen Steppe verflüchtigten sich auch die letzten Wolkenschleier. Die Sonne brannte immer heißer vom Himmel und wärmte Philippa das Blut, während sie sich träge in der Hitze aalte wie ein fauler Beamter in einem Stück von Anton Tschechow. Allerdings hinderte die anhaltende Sorge um ihren Bruder John und Mr   Groanin sie daran, sich vollends zu entspannen. Es kam ihr seltsam vor, dass sie noch nichts von ihnen gehört hatten. Als sie versuchte, mit Nimrod über ihre Besorgnis zu sprechen, hatte er ihr lediglich zu verstehen gegeben, dass sie Wichtigeres zu tun hatten.
    »Wir müssen das Glück der Welt wiederherstellen, und zwar schnell, Philippa«, hatte er gesagt. »Ansonsten wird hier bald die Hölle los sein, und das meine ich wörtlich. Auf jeden Fall gäbe es ein Chaos. Wenn wir aus Shamba-La zurückkommen und irgendeine Lösung für das Elend der Welt in der Tasche haben, reden wir darüber. Versuche dich bis dahin zu gedulden. Für das, was vor uns liegt, brauche ich dich und deinen Verstand hellwach und ausgeruht, meine Liebe.«
    Also legte sich Philippa auf die azurblaue Seide, starrte zur Sonne hinauf und wunderte sich über den Lauf des Lebens. Nach einer Weile schloss sie die Augen und döste leise vor sich hin.
    Selbst Mr   Swaraswati, der von fliegenden Teppichen alles andere als begeistert war, schaffte es, sich ein wenig zu entspannen. Er nahm ein paar Yogapositionen ein, die My in sprachloses Erstaunen darüber versetzten, dass ein Mensch sich so verrenken und verbiegen konnte.
    Mr   Burton saugte durch einen Gummischlauch an einer Wasserpfeife, während er auf einem Nagelbrett lag, das, wie er den anderen versicherte, überaus bequem war, auch wenn merkwürdigerweise niemand Lust hatte, es auszuprobieren.
    Silvio Prezzolini las eine italienische Zeitung, rauchte eine Zigarette nach der anderen, kämmte sich die Haare, trank Kaffee aus kleinen Tässchen und sang hin und wieder eines seiner Lieblingslieder wie »Arrivederci Roma« oder »Lo Vivo per Lei«.
    My, die ein großer Fan von Dean Martin und Frank Sinatra war, gefiel Silvios Gesang besonders gut und lobte den Italiener, dass er ebenso gut singe wie die anderen beiden.
    Silvio dankte ihr und fühlte sich von diesem Vergleich überaus geschmeichelt, wozu er allen Grund hatte.
    In der Zwischenzeit verhielt sich der saphirblaue Teppich tadellos. Er glitt flach und gerade durch die Luft wie ein riesiger Pfannenwender, und seine Silberfäden glitzerten, dass er aus dem Fenster eines Passagierflugzeugs aussehen musste wie ein wunderschöner Swimmingpool an der französischen Côte d’Azur oder vielleicht in Palms Springs.
    Alles lief gut – zu gut vielleicht, denn die Dschinn hatten gute Gründe dafür, auf das Reisen mit fliegenden Teppichen zu verzichten und selbst geschaffenen Wirbelstürmen den Vorzug zugeben. Das Problem, wie diese aus der Mode gekommenen übernatürlichen Transportmittel sich bei widrigen Witterungsverhältnissen verhielten, war nur einer davon. Und die Schar stand im Begriff, einen weiteren Grund zu entdecken, warum fliegende Teppiche nicht unbedingt der Weisheit letzter Schluss waren.
    Sie befanden sich über Kasachstan, als es passierte. Im einen Moment genossen sie perfekte Flugbedingungen und im nächsten stürzte ein großer Vogel mitten auf den Teppich und brach sich das Genick.
    »Was war das?«, rief Philippa.
    »Vogelschlag«, sagte Nimrod. »Passiert auch bei Flugzeugen. Ist aber kein Grund zur Sorge, weil bei uns weder eine Windschutzscheibe zu Bruch gehen noch Triebwerke ausfallen können.«
    Als jedoch noch ein Vogel auf dem Teppich aufschlug und noch einer, wich Mr   Swaraswati die Farbe aus dem Gesicht. »Rama«, sagte er. Das bedeutet »Gott«.
    »Es regnet Vögel«, sagte My. Und als sich weitere Vögel im Sturzflug zu Tode brachten, sah sie sich gezwungen, einen Regenschirm aufzuspannen.
    »Ich glaube, es sind Pelikane«, stellte Mr   Burton fest.
    »Was ist los mit den Vögeln?«, rief Mr   Swaraswati.
    »Das ist wie bei Alfred Hitchcock«, sagte Silvio. »Die Vögel sind verrückt.«
    »Warum greifen sie uns an?«, fragte My.
    Der fliegende Teppich

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