Die Kinder des Kapitän Grant
in seiner neunten Tasche.
»Gut, sagte er, es ist noch nicht acht. Nun denn, Olbinett, ein Zwieback und ein Glas Sherry, um abzuwarten, denn ich bin erschöpft zum Hinsinken.«
Olbinett hörte, verstand ihn aber nicht; übrigens sprach der Fremde in einem fort und sprang mit größter Gewandtheit von einem Gegenstand auf auf den andern über.
»Ei, wo ist denn der Kapitän? Noch nicht aufgestanden! Und sein Stellvertreter? Schläft er ebenfalls noch? Es ist zum Glück gutes Wetter, der Wind günstig, und das Schiff kann allein fahren …«
Eben, bei diesen Worten, erschien John Mangles auf der Treppe des Hinterverdecks.
»Hier ist der Kapitän, sagte Olbinett.
– Ah! Freut mich unendlich! rief der Unbekannte, unendlich, Kapitän Burton, Ihre Bekanntschaft zu machen!«
Ward je ein Mensch betroffen, so war’s gewiß John Mangles, nicht allein, daß man ihn Kapitän Burton nannte, sondern daß er diesen Fremden an seinem Bord sah.
Der Andere fuhr lebhaft fort:
»Erlauben Sie mir, Ihre Hand zu drücken, und wenn ich’s nicht gestern Abend that, geschah’s, weil man im Moment der Abfahrt Niemand stören darf. Aber heute, Kapitän, bin ich herzlich froh, mit Ihnen bekannt zu werden.«
John Mangles machte große Augen, indem er bald Olbinett, bald den neuen Ankömmling ansah.
»Nun, fuhr jener fort, bin ich Ihnen vorgestellt, lieber Kapitän, und wir sind gute Freunde. Plaudern wir, und sagen Sie mir, ob Sie mit der Scotia zufrieden sind?
– Was meinen Sie mit der Scotia? sagte endlich John Mangles.
– Ei, die Scotia, auf welcher wir fahren, ist ein gutes Schiff, dessen physische Vorzüge man mir ebenso gerühmt hat, wie die moralischen seines Commandanten, des wackeren Kapitän Burton. Sind Sie vielleicht mit dem großen Afrika-Reisenden dieses Namens verwandt? Ein kühner Mann. Meinen Gruß also!
– Mein Herr, fuhr John Mangles fort, ich bin nicht nur nicht ein Verwandter des Reisenden Burton, sondern auch nicht der Kapitän Burton.
– Ei! sagte der Unbekannte, so hab’ ich mich also an dessen Stellvertreter, Herrn Burdneß, gewendet?
– Herr Burdneß?« erwiderte John Mangles, indem er zu ahnen ansing, wie sich die Sache verhielt. Nur stellte er sich die Frage, ob er es mit einem Narren oder einem Tölpel zu thun habe, und er war im Begriff, sich darüber kategorisch auszusprechen, als Lord Glenarvan, seine Gemahlin und Miß Grant auf das Verdeck zurückkamen.
Der Fremde rief, als er sie gewahrte:
»Ei! Passagiere! Passagiere! Vortrefflich. Ich hoffe, Herr Burdneß, Sie werden mich vorstellen.«
Und ohne John Mangles Vermittlung abzuwarten, trat er ganz ungenirt vor und sprach:
»Madame zu Miß Grant, Miß zu Lady Helena, mein Herr zu Lord Glenarvan …
– Lord Glenarvan, sagte John Mangles.
– Mylord, fuhr der Unbekannte fort, ich bitte um Verzeihung, daß ich mich selbst vorstellte; aber auf der See muß man es wohl mit der Etikette nicht so genau nehmen; ich hoffe, wir werden schnell bekannt werden, und in Gesellschaft dieser Damen wird die Fahrt auf der Scotia uns so kurz, wie angenehm vorkommen.«
Lady Helena und Miß Grant konnten kein Wort zur Antwort finden. Sie verstanden keine Sylbe von dem, was der Eindringling sprach.
»Mein Herr, sagte darauf Lord Glenarvan, mit wem hab’ ich die Ehre zu sprechen?
– Mit Jakob Eliacin Franz Maria Paganel, Secretär der geographischen Gesellschaft zu Paris, correspondirendem Mitglied der Gesellschaften zu Berlin, Bombay, Darmstadt, Leipzig, London, Petersburg, Wien, New-York, Ehrenmitglied des königlichen geographischen und ethnographischen Instituts für Ostindien; nachdem ich zwanzig Jahre lang Geographie im Zimmer studirt habe, wollte ich sie im Leben treiben, und bin ich auf dem Weg nach Indien, um daselbst die Arbeiten der großen Reisenden mit einander zu verknüpfen.«
Siebentes Capitel.
Woher kommt und wohin geht Jakob Paganel.
Der Secretär der geographischen Gesellschaft mußte wohl eine liebenswürdige Person sein, denn dies Alles wurde mit viel Grazie gesprochen. Lord Glenarvan wußte übrigens genau, mit wem er es zu thun hatte; der Name und die Verdienste J. Paganel’s waren ihm wohl bekannt; durch seine geographischen Arbeiten, seine in den Zeitschriften der Gesellschaft veröffentlichten Berichte über die neuesten Entdeckungen, seine Correspondenz mit der ganzen Welt, war er einer der ausgezeichnetsten Gelehrten Frankreichs. Darum reichte auch Glenarvan seinem unerwarteten Gast herzlich die Hand.
»Und jetzt, da wir
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