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Die Kinder des Kapitän Grant

Die Kinder des Kapitän Grant

Titel: Die Kinder des Kapitän Grant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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geringsten Windhauch in leichten dünnen Säulchen erheben, aber auch wirkliche Tromben von beträchtlicher Höhe bilden, ein Schauspiel, das den Reisenden ebensoviel Vergnügen als Unannehmlichkeiten bereitete; Vergnügen, da es höchst merkwürdig aussah, wenn diese Tromben über die Ebene liefen, scheinbar gegen einander stritten, sich verschmolzen, zusammenbrachen und sich auch ohne alle Ordnung wieder erhoben; Unannehmlichkeiten, denn aus diesen unzähligen Medanos löste sich ein kaum fühlbarer Staub ab, der noch zwischen die Augenlider eindrang, wenn sie auch fest geschlossen waren.
     

    Straße von Carmen nach Mendoza. (S. 132.)
     
    Unter der Herrschaft des Nordwindes dauerte diese Erscheinung den größten Theil des Tages hindurch fort. Dennoch kam man schnell vorwärts und gegen sechs Uhr Abends boten die etwa vierzig Meilen entfernten Cordilleren ein dunkles Bild, das sich schon in dem Nebel des Abends verlor.
    Die Reisenden waren durch ihren wohl achtunddreißig Meilen betragenden Ritt doch etwas ermüdet, und sahen schon die Stunde zum Schlafen herannahen. An den Ufern des reißenden Neuquem, einem brausenden Strom voll trüben Wassers, der zwischen steile, röthliche Uferwände eingezwängt ist,
    Der Neuquem, den andere Geographen auch Ramid und Comoe nennen, entspringt aus Seen, welche nur den Indianern bekannt sind.
    Die Nacht und der darauf folgende Tag boten nichts irgendwie bemerkenswerthes. Schnell und bequem ging es weiter; ein gleichmäßiger Boden und eine erträgliche Temperatur unterstützten die Reise. Gegen Mittag jedoch war die Sonne mit heißen Strahlen gar verschwenderisch, und am Abend thürmte sich am südwestlichen Horizonte eine Wolkenwand auf, ein sicheres Anzeichen für einen Wechsel der Witterung. Der Patagonier wußte das sehr wohl und wies den Geographen mit dem Finger auf die westliche Himmelsgegend.
    »Gut! Ich verstehe, sagte Paganel und fügte zu seinen Begleitern gewendet hinzu: da vollzieht sich eben ein Umschlag des Wetters. Wir werden einen tüchtigen Pampero auszuhalten haben.«
    Er erklärte ferner, dieser Pampero sei in den argentinischen Ebenen nicht gerade selten. Es ist das ein sehr trockener Südwestwind. Thalcave hatte sich nicht getäuscht; denn während der Nacht, welche für Leute, die nur in einen Puncho gehüllt waren, sehr peinlich war, wehte der Pampero mit großer Gewalt. Die Pferde legten sich auf den Boden und die Menschen streckten sich neben ihnen in dichter Gruppe aus.
    Glenarvan fürchtete schon, durch diesen Sturm, wenn er lange andauere, zurückgehalten zu werden, doch beruhigte ihn Paganel, nachdem er sein Barometer zu Rathe gezogen hatte.
    »Gewöhnlich verursacht der Pampero, sagte derselbe, einen dreitägigen Sturm, der durch das Fallen der Quecksilbersäule sehr sicher angezeigt wird. Wenn das Barometer dagegen – und das ist jetzt der Fall – wieder steigt, so legt er sich meist nach einigen Stunden heftiger Windstöße wieder. Beruhigen Sie sich also, bester Freund; bei Tagesanbruch wird der Himmel seine gewöhnliche Reinheit wieder haben.
    – Sie sprechen wie ein Buch, Paganel, antwortete Glenarvan.
    – Darin bin ich auch eins, erwiderte Paganel. Blättern Sie gefälligst ganz nach Belieben darin.«
    Das Buch täuschte sich nicht. Gegen ein Uhr Morgens legte sich plötzlich der Wind, und Alle konnten durch den Schlaf neue Kräfte sammeln. Am andern Morgen stand man frisch und munter auf, vorzüglich Paganel, der alle Glieder knacken ließ und sich wie ein junger Hund streckte.
    Es war nun der 24. October, der zehnte Tag seit der Abreise von Talcahuano. Dreiundneunzig Meilen (das sind einhundertundfünfzig Kilometer) trennten die Reisenden noch von demjenigen Punkte, wo der See Colorado den siebenunddreißigsten Parallelkreis schneidet. Während dieses Zugs durch den südamerikanischen Continent lauerte Lord Glenarvan mit großer Spannung auf eine Begegnung mit Eingeborenen. Er wollte sie durch Vermittlung des Patagoniers, mit dem sich Paganel jetzt schon hinreichend zu verständigen vermochte, bezüglich des Kapitän Grant ausfragen. Man verfolgte jedoch eine von Indianern weniger berührte Linie, denn die Straßen der Pampa, welche von der argentinischen Republik nach den Cordilleren führen, liegen weit nördlicher. Daher traf man auch nicht auf herumschweifende Indianer oder seßhafte Stämme unter der Herrschaft von Kaziken. Wenn zufällig einmal ein nomadisirender Reiter in Sicht kam, entfloh er schnell, und schien wenig Lust

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