Die Kinder des Kapitän Grant
Eine Viertelstunde nachher dachte er nicht mehr daran.
So trat der gute Charakter des Gelehrten zwar einen Augenblick in Schatten, doch mußte das, wie Glenarvan ganz richtig gesagt hatte, auf eine äußere Ursache zurückgeführt werden.
Um acht Uhr Abends meldete Thalcave, der ein Stück vorausgeritten war, daß er die Bodensenkung des herbeigesehnten Sees wahrnehme. Eine Viertelstunde später stieg die kleine Gesellschaft den Uferrand des Salinas hinab. Aber dort wartete ihrer eine große Enttäuschung; – der See war ausgetrocknet.
Fußnoten
1 Die Winter Islands sind aus diesem Grunde milder, als die der lombardischen Ebene.
Achtzehntes Capitel.
Beim Suchen nach Wasser.
Der See Salinas beendigt jene Reihe von Lagunen, welche sich bis zu den Sierras Ventana und Guamini erstrecken. Früher wurden von Buenos-Ayres aus viele Züge hierher veranstaltet, um Salz zu holen, denn seine Gewässer enthielten Chlornatrium in beträchtlicher Menge. Jetzt aber hatte sich aus dem durch die Hitze verflüchtigten Wasser alles früher darin gelöste Salz niedergeschlagen und der See bildete nur noch einen großen widerstrahlenden Spiegel.
Als Thalcave gesagt hatte, es sei trinkbares Wasser am See Salinas vorhanden, so bezog sich dies auf Zuflüsse süßen Wassers, die sich an manchen Stellen in denselben ergießen. Jetzt waren diese aber ausgetrocknet, wie jener selbst. Die brennende Sonne hatte Alles aufgesaugt. Daher diese allgemeine Bestürzung, als die verdurstete Gesellschaft an den ausgetrockneten Ufern des Salinas ankam.
Ein Entschluß mußte gefaßt werden. Das wenige noch in den Schläuchen befindliche Wasser war halb verdorben. Es vermochte den Durst nicht zu löschen, der sich nun peinigend fühlbar machte. Hunger und Anstrengung bedeuteten nichts gegen dieses zwingende Bedürfniß. Ein »Roukah«, d.i. eine Art Zelt aus Leder, das in einer Bodensenkung aufgeschlagen und von Eingeborenen zurückgelassen war, diente den erschöpften Reisenden als Zuflucht, während ihre Pferde an den schlammigen Ufern des Sees nur mit Widerwillen die Seepflanzen und das trockene Schilf zermalmten.
Als Alle in dem Roukah Platz genommen hatten, fragte Paganel Thalcave um seine Ansicht, was nun zu thun sei. Zwischen dem Geographen und dem Indianer entwickelte sich eine schnell geführte Unterhaltung, von der Glenarvan dennoch einige Worte auffaßte. Thalcave sprach sehr ruhig; Paganel gesticulirte für Zwei. Dies Gespräch dauerte nur einige Minuten, und der Patagonier kreuzte seine Arme.
»Was hat er gesagt? fragte Glenarvan. Ich glaubte zu verstehen, daß er anrieth, uns zu theilen.
– Ja, und zwar in zwei Gruppen, antwortete Paganel. Diejenigen von uns, deren von Anstrengung und Durst erschöpfte Pferde kaum noch einen Fuß vor den andern setzen können, sollen so gut es eben geht, ihren Weg dem siebenunddreißigsten Breitengrade entlang fortsetzen. Die besser Berittenen dagegen sollen auf demselben Wege vorausgehen, und den Fluß Guamini, der sich einunddreißig Meilen 1 von hier in den See San Lucas ergießt, zu erreichen suchen. Findet sich dort hinreichend Wasser, so erwarten Sie die Uebrigen am Ufer des Guamini; fehlt es dagegen, so kommen Sie ihnen wieder entgegen, um Jenen einen nutzlosen Weg zu ersparen.
– Nun, und dann? fragte Tom Austin.
– Dann werden wir uns entschließen müssen, fünfundsiebenzig Meilen gen Süden hinabzureisen, bis zu den ersten Verzweigungen der Sierra Ventana, wo es zahlreiche Flüsse giebt.
– Dieser Rath ist gut, bemerkte Glenarvan, und wir wollen ihn ohne Zaudern befolgen. Mein Pferd hat aus Mangel an Wasser noch nicht zu sehr gelitten, und so erbiete ich mich, Thalcave zu begleiten.
– O, Mylord, nehmen Sie mich mit, bat Robert, als ob es sich um einen Ausflug zum Vergnügen handelte.
– Aber wirst Du uns folgen können, mein Kind?
– Ja wohl! Ich habe ein braves Thier, das nichts mehr verlangt, als vorwärts zu gehen. Gestatten Sie’s, Mylord? … O, ich bitte!
– So sei es, mein Knabe, sagte Glenarvan, selbst erfreut, sich nicht von Robert trennen zu müssen. Wir drei, fügte er hinzu, müßten doch sehr ungeschickt sein, wenn wir keinen frischen und klaren Wasservorrath entdecken sollten.
– Nun, und ich? fragte Paganel.
– O, Sie, mein lieber Paganel, erwiderte der Major, Sie bleiben bei der Reserve-Abtheilung. Sie kennen den siebenunddreißigsten Parallelkreis, den Guaminifuß und die ganzen Pampas viel zu genau, um uns zu verlassen. Weder Mulrady, Wilson noch ich
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