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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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unschöner?»
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    «Unschöner? Könnt Ihr mir sagen, was an dieser Schrift heute schön gewesen sein sollte?»
    «Nein, ich meine… war es normalerweise eine geübte Schrift oder eher… na, so eine Schrift, wie sie manche Leute haben, die nur ihren Namen schreiben können…»
    Der Viguié antwortete nicht. «Wir sind da», sagte er.
    ***
    Der Mond schien bleich auf das Quadrat des Kreuzgangs und versilberte das Fell der grauen Katze, die über die Platten huschte, hin zu der Gestalt, die sich lautlos durch die Säulen bewegte. Sie schnurrte. Sie war wählerisch, was ihre Freundschaften zu den Kapuzenwesen betraf, aber dieses hier war anders als die übrigen. Katzenähnlicher, wenn man so will. Sie rieb ihre Nase an der groben dunklen Kutte. Die Gestalt hielt inne, beugte sich nieder, eine große, sanfte Hand strich sacht über ihren Kopf, eine leise Stimme murmelte beruhigende Worte. Das waren die Momente, wo man fast so etwas wie Zuneigung zu diesen seltsamen ungelenken Zweibeinern empfand.
    Das Kapuzenwesen nahm seine Wanderung wieder auf und verschwand durch die schmale Tür ins Innere der Kapelle. In der Kapelle war es dunkel. Schwarze, leere Mitternachtsdunkelheit. Bruder Antonius atmete tief durch, sog den Geruch von Stille und Einsamkeit in sich auf, den er so liebte. Das ewige Licht und der fahle Schimmer des Mondlichts hinter den Fenstern waren die einzigen Lichtquellen in der undurchdringbaren Nacht. Er schritt durch die Kapelle. Ein Knicks vor dem unsichtbaren Altar, vor dem in Schatten versunkenen Allerheiligsten. Er brauchte kein Licht, jeder Stein, jede Bodenunebenheit war ihm so vertraut wie sein eigener Herzschlag. Vor der Marienstatue, die rechts des Altars in einer Nische stand, hielt er inne. Seine Hand tastete nach den Kerzen, die in einer Lade neben der Madonna aufbewahrt wurden. Er riss ein Zündholz an, hielt die Flamme an den Docht der Kerze. Augenblicklich floss weiches Licht über die Decke der Kapelle. Schatten zuckten hinter dem geneigten Haupt der Jungfrau. 418
    Heilige Maria Mutter Gottes, bitte für uns, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Bruder Antonius blies das Zündholz aus. Und erstarrte.
    Mit einem Mal war ihm bewusst, dass er nicht allein in der Kapelle war. Die Hand, die die Kerze hielt, wurde feucht, die Flamme flackerte vor seinem keuchenden Atem. Die Augen des Herrn blicken auf die Gerechten, und seine Ohren hören ihr Schreien , da war er wieder, der 34. Psalm, aufgetaucht aus den Tiefen eines nie enden wollenden Albtraums. Bruder Antonius holte tief Luft und drehte sich um.
    Er fuhr zurück. Keine drei Schritte hinter ihm saß sie im Chorgestühl, eine Gestalt, der Kopf wie in spöttischer Imitation seiner eigenen Kutte unter einer schwarzen Kapuze verborgen, der Körper gehüllt in glänzendes Schwarz. Das Gesicht war nur ein weißer Fleck unter jener Kapuze. Ein weißer Fleck mit starren Schlitzen statt Augen und einem ebenso starren, toten Lächeln auf den blutlosen Lippen. Ein weißer Fleck, dessen rechte Hälfte halbiert war durch einen Streifen rot wie das ewige Licht, das neben dem Tabernakel flackerte. Er widerstand dem ersten Impuls, der durch seinen Kopf schoss
    – die Kerze fallen zu lassen und zu versuchen, die Tür zu erreichen. Es war Widersinn. Auch wenn der andere scheinbar durch die Wand des Chorgestühls an seiner Verfolgung gehindert wurde, zweifelte er nicht daran, dass der ihn eingeholt hätte, bevor er die Strecke auch nur zur Hälfte zurückgelegt hatte. Der zweite Impuls war etwas klerikaler und ebenso sinnlos, nämlich dem anderen etwas im Stil von ‹weiche von mir, Satanas› entgegenzubrüllen. Das mochte bei Dämonen und bösen Geister seinen Sinn haben oder nicht – Bruder Antonius glaubte an beides nicht –, gegen leibhaftige Mörder war es sicher keine effektive Verteidigung. Die Augen des Herrn blicken auf die Gerechten. Noch zeigte der Mann in der Maske keine Anstalten, ihn anzugreifen. Noch gab es vielleicht eine Chance, wenn er die Ruhe bewahrte. Unter Aufwendung seines gesamten Mutes und mit einem verzweifelten Hilferuf in Richtung der stummen Madonna trat Bruder Antonius auf das Chorgestühl zu. «Wer seid Ihr?», fragte er in dem Versuch, sei419
    ner Stimme die Festigkeit zu verleihen, die eines Kirchenmannes im Angesicht der Gefahr würdig war. Das Ergebnis war mäßig. Er klang nach einer schweren Erkältung.
    Die Maske bewegte sich etwas, als der Fremde den Kopf hob, und zwischen den starren Lippen klang eine hohle

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