Die Kinder des Ketzers
Auf ihren Lippen, deren Völle mit Rouge unterstrichen war, lag das liebreizende Lächeln, das sie attraktiven Herren zu widmen pflegte. Die Falten auf der Stirn des Cavaliés vertieften sich zusehends.
Der Comte warf Cristino einen fragenden Blick zu. «Gewiss Eure ältere Schwester», meinte er. Cristino wurde noch röter. Die Dame kicherte. «Monsieur, Ihr schmeichelt… ich bin natürlich Cristinos Mutter!»
«Nein!» Falls der Comte nicht wirklich erstaunt war, besaß er ein unglaubliches schauspielerisches Talent. «Wie ist es möglich, dass eine so junge Dame wie Ihr bereits eine so erwachsene Tochter hat?»
Ein geschmeicheltes Kichern von Mutter und Tochter. Der Cavalié de Castelblanc verdrehte die Augen und räusperte sich. «Verzeiht, Monsieur, aber unsere Zeit drängt, wir müssen weiter», sagte er ungeduldig.
«Selbstverständlich!» Wieder deutete der Comte de Trévigny eine Verbeugung an. «Auch ich muss mich wieder auf den Weg 53
machen – ich hatte eigentlich nur die Absicht, hier mein Pferd zu tränken – die Anwesenheit zweier so liebreizender Damen hat mir ganz überraschend diesen kleinen Halt versüßt…»
«Ihr seid gewiss auch auf dem Weg nach… Aix ?», fragte die Dame Castelblanc mit einem Blick, der suggerierte, dass es in dieser Gegend ja wohl kaum einen anderen Ort geben könnte, der den Besuch eines französischen Edelmanns wert sei. Den ärgerlichen Blick des Cavaliés ignorierte sie geflissentlich.
«Allerdings.» Der Comte de Trévigny lächelte sein galantes Lächeln.
«Oh, wie schön – dann könnt Ihr ja mit uns reisen!», rief Cristino aus.
«Cristino, du vergisst dich!» Die Dame Castelblanc brachte es fertig, zeitgleich Cristino einen vorwurfsvollen und dem Comte einen entschuldigenden Blick zuzuwerfen. «Meine Tochter benimmt sich heute sehr unziemlich», meinte sie.
«Das ist das Vorrecht der Jugend», sagte der Comte, als sei er selbst mindestens doppelt so alt wie Cristino, und der Cavalié schnaubte verärgert. «Nun, so gerne ich das freundliche Angebot annehmen würde – ich bin in dringenden Geschäften nach Aix unterwegs und muss mich beeilen», erklärte Trévigny. «Aber vielleicht will es ja das Schicksal, dass wir uns in Aix wiedersehen…»
«Monsieur, das kann nicht Euer Ernst sein!» Die Dame warf in einer theatralischen Geste die Arme in die Luft. «Allein durch diese furchtbare Schlucht – wo es nur so wimmelt von Raubgesinde
– und das, wo Ihr die Gegend nicht kennt –, ich bitte Euch, Monsieur, macht Euch nicht unglücklich!»
«Madame, Eure Sorge ehrt mich, aber ich denke nicht, dass sich das Pack an einen bewaffneten Reiter heranwagen wird», erklärte Trévigny unbeeindruckt. «Und falls doch – seid gewiss, Madame, dass ich mich zu verteidigen weiß.»
Dessen war sich die Dame selbstverständlich gewiss, wie sie sich zu versichern beeilte; dennoch, gegen eine Bande von zwanzig Räubern könne auch der wackerste Ritter nichts ausrichten, und wie viele Edelmänner habe man schon erschlagen und ausgeraubt in den Seitentälern des Aigo Bruno gefunden, und wie sehr käme einem andererseits auch ein weiterer mutiger Kämpfer als Geleit54
schutz zupass, und so weiter und so weiter, und das Ende vom Lied war, dass der Cavalié de Castelblanc zähneknirschend zusah, wie der Comte den Rest der Familie begrüßte, auch Catarino einen Kuss auf die Hand drückte, der in ihrem Fall zwar keine übermäßige Gesichtsröte hervorrief, ihre Augen aber hell zum Leuchten brachte, sogar dem Gesinde ein freundliches Nicken schenkte und sich dem Zug anschloss. Oh, wie reizend, Euch kennenzulernen, Comte, säuselte Catarino, ich bin Cristinos Schwester, die ältere Schwester, ja, ein süßes Mädchen, mein Schwesterchen, nicht wahr, aber eben noch ein Kind, wenn Ihr wisst, was ich meine… Sie verzichtete darauf, zu erwähnen, dass der Altersunterschied zwischen Cristino und ihr gerade mal zehn Minuten betrug.
Als der Tross sich wieder in Bewegung setzte und der Comte seinen Hengst neben den Cavalié de Castelblanc lenkte, um ein höfliches Gespräch zu beginnen, was jener mit süßsaurem Gesicht über sich ergehen ließ, saß Cristino auf ihrem Platz in der Kutsche, den Seidenfächer mit den aufgemalten Flamingos in der Hand, und während Bardou die Pferde antrieb, fächerte sie sich hektisch Luft zu, ebenso verzweifelt wie umsonst bemüht, die Hitze in ihren Wangen zu kühlen und die peinliche Röte aus ihrem Gesicht zu vertreiben.
«Cristino sieht
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