Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
Vom Netzwerk:
zusammen, Edelleute wie Diener, ein Summen wie in einem Bienenstock lag über dem Saal. Als Crestin in den Saal trat, verstummte das Summen, und grob geschätzt fünfzig Augenpaare schwenkten augenblicklich in seine Richtung.
    «Wo sind sie?», fragte Crestin.
    Fabiou wies stumm auf eine Tür zur Linken. Der Viguié stürzte hindurch, ohne die Schar der Neugierigen eines weiteren Blickes zu würdigen. Fabiou folgte ihm.
    Sie standen wieder auf einem Gang. Fabiou zeigte auf eine Tür an dessen linker Seite. Crestin klopfte an und trat ein. Die Szenerie war beherrscht von einem Lehnstuhl, den man in der Mitte des Raumes positioniert hatte. In ihm lehnte, ihr schönes silberdurchwirktes Kleid über und über blutbespritzt und die Augen rotgeheult, Cristino. Sie war umlagert wie ein Marktschreier auf der Plaço dis Erbo. Rechts von ihr stand Alexandre de Mergoult, der ihr beruhigend die rechte Hand tätschelte, links Sébastien de Trévigny, der mit derselben Tätigkeit an der linken Hand beschäftigt war. Hinter dem Lehnstuhl tigerte die Barouno de Mergoult, Alexandres Mutter hin und her und raufte sich die Haare; offenbar behagte es ihr gar nicht, dass das Haus Mergoult von einer Sekunde auf die andere zum Stadtgespräch avanciert war. Neben dem Lehnstuhl stand Catarino, die leicht verwirrt ihre Umgebung musterte, und an ihrer Seite mit zusammengepressten Lippen der Cavalié de Castelblanc, der abwechselnd finstere Blicke zu Alexandre de Mergoult und zu Docteur Vascarvié schickte, dem Sonderbeauftragten des Parlaments, der flankiert von zwei Gerichtsschreibern vor Cristino stand wie Gott vor den Seelen der Verworfenen am jüngsten Tag. Als Crestin und Fabiou den Raum betraten, drehte er sich um.
    «Ach, wie schön, der Mèstre Viguié», sagte er spöttisch. «Wie gut, dass Ihr den Weg hierher gefunden habt. Es gibt nämlich Arbeit. Die dreimal verfluchten Antonius-Jünger haben wieder zugeschlagen. Nun, diesmal sind sie eindeutig zu weit gegangen.»
    601
    Crestin sah, wie Fabiou den Mund öffnete und warf ihm einen finsteren Blick zu, der den Jungen erstaunlicherweise in der Tat zum Schweigen brachte. «Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, dass ich die Untersuchungen vor Ort führe?», sagte er gereizt zu Vascarvié.
    «Nun, Ihr werdet zugeben, dass die Umstände hier etwas delikat sind.» Vascarvié betrachtete Crestin in etwa mit der Hochachtung, die man einer Kakerlake entgegenbringt. «Immerhin ist das Mordopfer diesmal eine Frau, eine Adlige, Tochter eines angesehenen Bürgers unserer Stadt und, was die Angelegenheit besonders heikel macht, ein unschuldiges, jungfräuliches, ehrbares Mädchen. Ich denke nicht, dass das eine Situation ist, der Ihr als Ermittler genügt.»
    Er hätte dies wohl besser nicht gesagt, denn in diesem Moment brach Catarino in schrilles Gekicher aus. Indignierte Blicke von allen Seiten trafen sie. «Könntest du mir verraten, worüber du lachst?», fragte Frederi verärgert.
    Catarino lief rot an vor Lachen. «Alessia ein jungfräuliches, ehrbares Mädchen – eher ist die Poitiers eine Nonne!», gluckste sie.
    «Die hatte doch an jedem Finger einen anderen Liebhaber!»
    «Catarino!», fauchte Frederi. Die Blicke ringsum waren betreten bis entrüstet. Catarino sackte gegen den Sessel. Sie krümmte sich vor Lachen. «Catarino es reicht!», schrie der Cavalié. «Dein Verhalten ist niederträchtig und zutiefst schockierend!» Das Lachen brach ab und machte einem bösen Grinsen auf Catarinos Gesicht Platz. Sie betrachtete Frederi aus schillernden Augen.
    «Also noch einmal.» Vascarvié hatte offensichtlich beschlossen, Catarino ebenso zu ignorieren wie Crestin und lieber mit seinem Verhör fortzufahren. «Barouneto, Ihr habt also den Saal verlassen, um zu Demesle de Sault zu gehen. Darf ich fragen, warum?»
    Cristino warf einen unsicheren Blick in Richtung ihrer Schwester. «Ich… ich wollte mit ihr reden, mehr nicht.»
    «Und dann auf dem Gang begegnete Euch der Mörder.»
    «Nein, nicht direkt… er ist mir nicht begegnet», widersprach Cristino. «Er war plötzlich hinter mir und hat mich gepackt. Und dann hielt er ein Messer gegen meine Kehle und wollte mich umbringen.»
    602
    «Hat er etwas gesagt… zum Beispiel, her mit deinem Schmuck?», fragte Vascarvié.
    Cristino starrte auf ihre Hände, an denen noch immer Blut klebte. «Er hat gesagt, es würde nicht weh tun», flüsterte sie. Crestin und Fabiou wechselten einen Blick. «Und dann?», fragte Vascarvié.
    «Dann… war da

Weitere Kostenlose Bücher