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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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Edelleute will sich dem Vorwurf der Rebellion aussetzen. Corbeille hängt mit drin, schätze ich. Trostett lehnt jede Unterstützung ab. Es bleibt nur die letzte Lösung, das, was C. vorgeschlagen hat. Möge Gott uns verzeihen. S.»
    Fabiou spürte, wie ihm ein eisiger Schauer den Rücken herunterlief. Er wusste nicht, was es war. Und doch spürte er, die Antwort in seinen Händen zu halten. Er stopfte den Zettel zu dem Buch in seine Tasche, schob den Erasmus ins Regal zurück und ging aus den 646
    Raum mit großen, hastigen Schritten. Er hatte das sichere Gefühl, dass die Studenten an den Tischen ihm hinterher starrten. Er lief die Carriero drecho hinauf, flitzte durch die Carriero de Jouque. «Loís!», rief er, als er sich dem Haus näherte. Die Tür ging auf. Nicht Loís, Frederi. Sein Gesicht war zornesrot.
    «Ähm, ich war nur kurz in der Bibliothek… ich wollte ein Buch von Platon einsehen…», stotterte Fabiou.
    Frederi schien ihn kaum zu beachten. «Zieh dich an», sagte er mürrisch. «Wir müssen einen Ausritt machen.»
    ***
    Nach Loís’ Worten hatte sich ungefähr Folgendes zugetragen: Gegen neun Uhr morgens hatte Alexandre de Mergoult in der Carriero de Jouque vorgesprochen und Frederi unmissverständlich erklärt, dass er beabsichtige, Cristino auf einen Ausritt in die Wälder um Ais mitzunehmen. Dass Frederi mitnichten einverstanden war, musste Mergoult genauso auffallen wie Loís und allen anderen, doch war es Mergoult allem Anschein nach völlig egal, und Frederi fehlte offensichtlich der Mumm, Mayniers Sprössling einen Wunsch abzuschlagen. Und auf seinen halbherzigen Einwand, dass Docteur Vascarvié verlangt habe, Cristino bis auf weiteres nicht aus dem Haus zu lassen, entgegnete Mergoult mit einem geringschätzigen Lächeln, dass er das Vertrauen des Parlamentspräsidenten besäße und Cristino so oft ausführen könne, wie er wollte, ohne dass Vascarvié auch nur das Geringste dagegen einzuwenden habe. Der Cavalié gab sich geschlagen. Er erklärte, dass er sie selbstverständlich begleiten würde, und sein Stiefsohn Fabiou als Cristinos nächster männlicher Verwandter ebenso – Fabiou hätte auf die Ehre lieber verzichtet. Cristino dagegen war bezaubert. Für einen Moment sah es so aus, als sei der ganze Trübsinn der vergangenen Woche von ihr abgefallen; ihr Gesicht war rosig, ihre Augen strahlten, und in Rekordzeit stürzte sie sich in ihr allerbestes Reitkleid. So traf man sich gegen elf Uhr an der Porto Nosto Damo. Alexandre de Mergoult war allein erschienen; er saß auf einem wunderschönen Rappen mit einem Fell so glänzend wie der Spiegel eines 647
    nächtlichen Sees; sein farbenfroher Reitanzug entsprach der neuesten italienischen Mode, und seine schwarzen Augen funkelten mit dem auf Hochglanz polierten Knauf seines Degens um die Wette. Als die Herrschaften sich näherten, grüßte er den Cavalié mit einer tiefen, ehrerbietigen Verbeugung, neigte kurz den Kopf in Fabious Richtung und stürzte sich sodann auf Cristino, die er mit Handküssen und Komplimenten überhäufte – Ihr seid eine Blume, die in der Wüste erblüht, ein Edelstein, der die Kronjuwelen in den Schatten stellt, Sonne und Mond verblassen vor Eurem Glanz, und so weiter. Cristino kommentierte seine Bemühungen, indem sie brav rot wurde und ein etwas nervöses Kichern hören ließ. Frederi sandte giftige Blicke aus, wenn er dabei auch nicht wagte, Mergoult anzusehen, und stattdessen lieber seinen Sattelknauf fixierte. Die Szene hatte die Schönheit und Kunstfertigkeit eines Gemäldes von Niccolo dell’Abbate – vom Titel her so etwas im Stil von
    «Reitgesellschaft am Tor» –, und sie hätte ihre Beschaulichkeit behalten können, wenn in diesem Moment nicht zwei weitere Reiter die Carriero drecho hinauf gekommen wären, in gemächlichem Schritt, so als hätten sie nichts Rechtes vor und wüssten noch nicht genau, wohin sie die Schritte ihrer Rosse lenken sollten. Es waren Arnac de Couvencour und Sébastien de Trévigny. Für Fabiou war es ein Lichtblick. Er lenkte sein Pferd rasch an Sébastiens Seite, um diesem zuzutuscheln: «Ich habe etwas unglaublich Interessantes entdeckt! Wir müssen uns treffen!»
    Alexandre de Mergoult definierte das Wort ‹Lichtblick› etwas anders. Seine Hand zuckte so ruckartig zu seinem Degen, dass Frederi erschrocken zusammenfuhr. «Couvencour!», zischte er, etwa in dem Tonfall, in dem man sonst: «Der Steuereintreiber!» sagt.
    «Tag, Mergoult, wie geht’s?» Auf Arnacs

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