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Die Kinder des Saturn

Die Kinder des Saturn

Titel: Die Kinder des Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stross Charles
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wird mir vage bewusst, dass sich in meiner Nähe Leute miteinander unterhalten. »… ihn zur Einsatzzentrale. Dort sollen sie ihn zum Transport verpacken.« Sie redet offensichtlich mit einer anderen Person, während ich immer noch auf dem Gesicht liege. Allerdings hat sich der heftige, erdrückende Schmerz in meinen Handgelenken und Fußknöcheln gelegt, denn inzwischen haben die Soldaten mit den Scherenhänden ihre grässlichen Folterwerkzeuge von mir gelöst. Meine Glieder prickeln zwar unangenehm, doch zumindest kann ich meine Finger und Zehen wieder spüren. Ich versuche einen Arm zu bewegen – langsam, für den Fall, dass die Sehnen durchtrennt, die Muskeln gezerrt oder die Knochen gebrochen sind. Nebelhaft male ich mir aus, wie ich über den Fußboden krieche und mich hinter dem Pflanzenkübel verstecke, während sie ihrem Tross Anweisungen gibt, was mit Jeeves geschehen soll. Zwar schmerzt mein Nacken an der Stelle, wo sie mir einen Chip herausgerissen hat, doch die Buchse kommt mir nicht leer vor. Bestimmt ist irgendein Nerv verletzt, denke ich. Was will sie mit meinem Seelenchip?
    Irgendwo in meiner Nähe tropft irgendetwas. Als ich Katherine Soricos allzu große Augen aufschlage, sehe ich, dass sich neben
meiner Nase etwas Blaues, Zähflüssiges zu einer Pfütze sammelt. Es ist hydraulische Flüssigkeit, durchsetzt mit Knochenmark. Jemand verblutet hier – bin ich das? Ich spreize die Finger meiner linken Hand und drücke sie vorsichtig auf den Boden. Nein, alles in Ordnung. Danach lasse ich selten beanspruchte Muskeln zucken und meine Fersen zwei Zentimeter ausfahren, ehe ich sie wieder einziehe. Eine Erinnerung, die ich von Juliette übernommen habe, ist die an das heftige Knirschen eines Brustkorbs oder Schädels, wenn ich mit dem Bein weit aushole und zutrete. Solange meine Beine noch funktionieren, bin ich nicht völlig wehrlos. Es ist noch alles an mir dran, denke ich und klammere mich an diese Erkenntnis wie an den Körper eines Geliebten.
    »Du kannst dich jetzt aufsetzen, meine Liebe«, sagt Granita leichthin und klopft mir mit einem Spazierstock auf die Schulter. »Ganz ruhig bleiben.«
    Scheiße. Offenbar hat sie mitbekommen, dass ich mich bewegt habe. Ich wälze mich auf die Seite, ziehe die Knie an und rappele mich hoch. Jetzt könnte ich versuchen wegzulaufen – aber nein, die Soldaten sind immer noch da und torkeln, als ich mich umdrehe, wie besoffen durch mein Blickfeld. Wieso taucht Granita hier plötzlich auf?, frage ich mich, als sich ein Teil des Spinnennetzes, das sich offenbar um meinen Verstand gelegt hat, nach und nach auflöst. »Was jetzt?«, frage ich vorsichtig, als mir der Ernst meiner Lage endlich bewusst wird. Das hier ist schlimm – eine wirklich schlimme Situation …
    »Kannst du stehen?«, fragt sie und zieht eine Augenbraue hoch. Ich starre sie an, denn sie ist wie eine Märchenprinzessin aus dem Elfenreich aufgeputzt. Passend zum Klima in Silber und Weiß – eine Eiskönigin mit saphirblauen Haaren, angezogen für einen winterlichen Ball im Schatten eines Jupitermondes.
    »Ich glaube schon.« Während ich meine Kräfte sammle und schwankend aufstehe, beobachten die Soldaten mich ohne jede Anteilnahme. Eigentlich müssten sie sich doch zwischen mich und ihre Gebieterin werfen. Allerdings bin ich ihr nicht so nah, dass ich eine echte Chance hätte, sie zu überwältigen, bevor die Soldaten
eingreifen können. Außerdem sagt mir irgendetwas, dass sie zu ihrer Verteidigung mehr als diese Soldaten in petto hat.
    »Gut.« Granita lächelt mir spitzbübisch zu, als wolle sie mich an einem heimlichen Scherz teilhaben lassen. »Draußen wartet ein Schlitten. Wir beide gehen zur Eingangstür hinaus und machen danach einen kleinen Ausflug. Später kannst du Jeeves ja mitteilen, dass du deinen Auftrag erledigt hast, nicht? Mach dir keine Sorgen. Dort, wo wir hinfahren, wird es dir bestimmt gefallen.«
    Meine biomimetischen Reflexe setzen ein, so dass ich mit geblähten Nasenflügeln tief Luft hole. »Ja.« Ich nicke ihr zu. Wenn sie einen Ausflug mit mir machen will, kann ich damit leben. Es ist allemal besser, als dass ihre abgerichteten Gangster mir die Hände und Füße abhacken, so wie dem armen Regin… Ich blinzle verblüfft. Ich hab doch bestimmt Jeeves gemeint, oder? Wieso hab ich angenommen, er heiße Reginald? »Sind dir Stone und seine Brüder inzwischen über?«, frage ich mit einem Blick auf die Soldaten.
    Statt etwas zu erwidern, dreht Granita sich um und

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