Die Kinder des Teufels (German Edition)
Delinquenten, zwei Professoren der Universität und auch drei Kinder im Alter von drei bis fünf Jahren. Sie waren laut den Geständnissen der überführten Geistlichen im Namen des Teufels getauft worden.
Protest gegen die Todesurteile war von den Familien der Kinder nicht erhoben worden. Sie waren außerstande, das Unfassbare in Frage zu stellen. Vielleicht mag es auch eine Erleichterung für sie gewesen sein, ein von Grund auf verdorbenes Kind von seinem teuflischen Schicksal erlöst zu wissen.
Insgesamt waren es einundzwanzig Verurteilte, davon elf Geistliche. In den nächsten Tagen würden die Studenten der Theologie, die unter anderem von Julius Franz von Fischen unterrichtet worden waren, vom Leben zum Tod gebracht. Auf welche Art, stand noch nicht fest. Riedner erhoffte sich, durch ihre Geständnisse weitere Studenten des Teufelspaktes überführen zu können.
Das geistliche Gericht hatte bisher erfolgreich gearbeitet. So viel stand fest, und schon bald hoffte Riedner die Teufelsverschwörung, die sich in den Stiften ausgebreitet hatte, in den Griff zu bekommen. Der Bischof konnte zurecht stolz auf ihn und seine Kommission sein.
Wie es jedoch mit Julius Franz von Fischen weitergehen sollte, war noch nicht besprochen worden. Noch immer leugnete er jegliche Beteiligung an den ihm zugesprochenen Taten. Mal sehen, ob sich das unter der Folter änderte.
Der Hof war noch gänzlich mit dem Blut der Stiftsherren bedeckt, als eine hochherrschaftliche Kutsche vor der Kanzlei haltmachte. Ein Diener sprang vom Bock herunter, klappte den Fußsteig aus und öffnete mit einer tiefen Verbeugung die Tür.
Heraus trat ein sichtlich aufgebrachter Philipp Adolf von Ehrenberg, der Bischof. Er war erst die Nacht zuvor von Schlüsselfeld zurückgekehrt, in aller Eile, nachdem ein Kurier ihm gemeldet hatte, dass sein Ziehsohn Julius Franz des Teufelsbundes angeklagt worden war.
Ein unausgeschlafener Knecht war noch mit dem Aufwischen des Blutes beschäftigt. Er sah nicht, wer sich da in seinem Rücken näherte.
«Aus dem Weg!», befahl der Bischof, übersah aber den glitschigen Untergrund, sodass er zu stürzen drohte.
Ein Diener kam ihm rechtzeitig zu Hilfe, was den Bischof in seinem Zorn jedoch nicht besänftigte. Die feinen französischen Schuhe Ihrer Gnaden waren mit Blut besudelt, de facto ruiniert.
«Riedner!»
Doch der Generalvikar war nicht in der Kanzlei. Die Hinrichtungen waren Faltermayers Aufgabe, und der hatte sich gerade mit den Karren Richtung Sanderanger aufgemacht.
So hieß einzig ein Folterknecht den hohen Herrn willkommen. Welch eine Schande.
«Verzeiht, Eure Gnaden», stammelte der Knecht tief verbeugt, «der Generalvikar ist nicht zugegen.»
«Dann schaff ihn auf der Stelle her!»
In der Kanzlei traf er auf den Malefizschreiber Erthel, der den heutigen Brandtag mit all seinen Verurteilten, aber auch den Kosten, die sie verursacht hatten, im großen Malefizbuch festhielt. Es musste alles seine Ordnung haben, schließlich mussten die Verfahren mit Mitteln aus den Pfründen der Stiftsherren bestritten werden. Hoffentlich waren noch genügend vorhanden. Die Stiftsherren pflegten mitunter einen verschwenderischen Lebensstil. Sie waren verschuldet und mussten sich gegen stattliche Zinsen Geld vom Geldverleiher beschaffen. Ihnen gehörte schon jetzt nicht mehr das Hemd, das sie trugen.
Als Erthel sah, wer da in aller Herrgottsfrühe die Amtsstube betrat, schoss ihm das Blut in den Kopf.
«Eure Gnaden …» Er verbeugte sich. «Wie kommt Ihr …?»
Der Bischof hielt sich nicht lange mit ihm auf.
«Wo ist er?»
«Wen meint Ihr?»
«Julius Franz, natürlich!»
Erthel zögerte. «Im Kerker.»
Falsche Antwort. «Im was?!»
«Auf Geheiß Ihrer Hochwürden Generalvikar Riedner wurde der Gefangene in den Kerker gebracht.»
Der Bischof musste an sich halten, um nicht auf der Stelle die Fassung zu verlieren.
«Habt ihr jetzt völlig den Verstand verloren?»
Erthel schluckte. «Es ist nicht meine Schuld.»
Es würde sich noch zeigen, wessen Schuld das war. Der Vorfall würde auf jeden Fall nicht ungesühnt bleiben.
«Ich will ihn sehen, sofort.»
«Jawohl, Eure Gnaden.» Er machte sich schleunigst davon.
Zurück blieb der Bischof, noch immer mit der unfassbaren Tollheit seiner Beamten beschäftigt, einen über alle Zweifel erhabenen Domstiftsherrn dieser Prozedur – im eigentlichen Sinn war es ja noch schlimmer –, diesem ungeheuerlichen Verdacht ausgesetzt zu haben, ein Teufelsanbeter zu
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