Die Kinder vom Teufelsmoor
Wange zeichnete, braune Ohren ansetzte und ihre Zähne schwarz lackierte. Rena, die einen Spiegel entdeckt hatte, schminkte sich selbst wie ein Filmstar mit Lidschatten, Lippenrot und Wangenweiß. »Wenn jetzt ein König kommt, kann ich ihn gleich heiraten«, sagte sie und lächelte ihrem Spiegelbild zu. Draußen hatte der Regen aufgehört.
Da verging den Kindern die Lust an der Malerei. Sie verließen die wüste Stätte und stolperten wieder nach unten und hinaus in den Garten, der so herrlich wild war und ohne Übergang zum Wald wurde. Die Großen waren schon draußen und spielten Verstecken. Zwischen zwei alten Kiefern blinkte eine große Lache, knietief, aber klar und verlockend. Da die Kinder keine Schuhe anhatten, wateten sie sofort hinein.
»Das ist das Meer«, rief Walter, »und das ist Papas Schiff.« Mit diesen Worten nahm er einen Kiefernzapfen und warf ihn aufs Wasser. »Es fährt jetzt nach Amerika.«
»Papas Schiff ist doch viel größer«, sagte Rena. »So wie von hier bis da und auch noch ganz hoch. Der Ast hier, das ist Papas Schiff.« Sie nahm einen abgebrochenen Zweig und legte ihn auf das Wasser. Willy sah das, tappte in die Lache hinein und wollte den Zweig aufheben. Dabei verlor er aber das Gleichgewicht und mußte sich hinsetzen. Es spritzte, und er war von unten bis oben naß. Das gefiel ihm. Darum patschte er mit den Händen ins Wasser und jauchzte laut. »Mußt doch nicht, Willy!« rief Rena und wollte ihn hochheben. Dagegen sträubte sich Willy jedoch. Er ließ sich nach hinten fallen und tauchte so auch seine langen blonden Locken ins Wasser. »Du bist ein richtiges Schwein!« rief Rena. »Wie siehst du jetzt aus!« Bei dem Bemühen, ihn an den Beinen herauszuziehen, fiel sie ebenfalls hin und war nun naß wie er.
Das fanden Birgit und Walter sehr lustig. Ohne ein Wort zu sagen, warfen sie sich neben sie und klatschten mit den Händen in das nun ganz trübe gewordene Wasser.
In diesem Augenblick kam Rita vom Einkaufen zurück. »Ach du meine Güte!« rief sie, als sie sah, was die Kleinen trieben. »Kann man euch nicht zwei Sekunden aus den Augen lassen!« Sie ging auf das Haus zu. Schon glaubte sie, Oskar sei vor ihr zurückgekommen, weil sie die Terrassentür offen fand, aber die Unordnung im Wohnzimmer und die verschlossene Haustür verrieten ihr, daß die Kinder im Haus gewesen sein mußten.
Sie holte den Staubsauger und fuhr damit über die sandigen Fußabdrücke im Wohnzimmer. Daß auch Spuren vom Atelier herunterführten, bemerkte sie nicht. Unterdessen kamen Ingelore, Rolf, Bodo und Berti aus dem Wald zurück.
»Seid ihr denn ganz behämmert!« rief Rolf, als er seine kleinen Geschwister in der Drecklache baden sah. »Kommt sofort da raus!« »Das Wasser ist ganz warm«, sagte Birgit. »Ja, und du ganz blöd! Guck doch mal, wie du aussiehst!« »Dagegen weiß ich ein Mittel!« rief Bodo. »Hier liegt ein Gartenschlauch. Wir spritzen sie ab, dann sind sie wieder wie neu.« Schon ergriff er das Ende des Schlauches und zerrte daran. »Stellt euch alle da auf das Gras«, rief er. »Jetzt kommt 'ne prima Dusche.« Er drehte den Hahn auf und richtete den Schlauch auf Rena, die sich mit Willy auf den Rasen gestellt hatte. Auch Birgit und Walter spritzte er ab. »Halt!« rief Ingelore. »Ich ziehe ihnen das Zeug aus und hänge es an die Leine, dann ist es nachher trocken.« Bald sprangen auch die Großen nackt vor dem Wasserstrahl herum.
Der Schlauch wanderte von Hand zu Hand, wurde zur Pistole und mähte alle um, die er traf.
»Ein Schuß krachte, Pongo lachte, und sieben Tote liefen heulend um die Ecke«, schrie Bodo. »Los, Ingelore, ich hab' dich getroffen, du mußt umfallen!« »Ja, gleich«, röchelte Ingelore.
Rolf klemmte den Schlauch in eine Astgabel und stellte sich dem harten Wasserstrahl aus nächster Nähe.
»Bombasto der Mutige fürchtet sich nicht mal vor Kanonen«, schrie er dabei, »denn er hat ein kugelsicheres Hemd an!« »Und Kilwitzki der Winzige eine kugelsichere Unterhose!« schrie Bodo und hielt den kleinen Willy mit dem Hinterteil voran in den Strahl. Der Junge strampelte vor Wonne und konnte gar nicht genug bekommen von der herrlichen Schießerei. Da tauchte Oskar um die Hausecke auf. »Was ist denn hier los?« rief er verblüfft. »Nichts«, antwortete Berti, »wir duschen nur.« »Schöne Dusche«, knurrte Oskar und ging ins Haus. Rita stand am Herd und rührte im Bratentopf herum. »Gott sei Dank, daß du da bist!« sagte sie zu ihm. »Die Kinder
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