Die Kinder vom Teufelsmoor
eine Zeitlang nur noch Löffelgeschepper und Schmatzen zu hören.
Nach dem Hauptgang saßen sie zurückgelehnt da und warteten auf den Nachtisch. Aber den schien es nicht zu geben. Statt dessen hörten sie, wie die Terrassentür zugeklinkt, das Toilettenfenster eingehakt und die Hoftür abgeschlossen wurde. Und dann vernahmen sie, wie eins der beiden Autos vor dem Haus gestartet wurde und davonfuhr. »Was hat denn das zu bedeuten?« fragte Ingelore. »Wollen sie uns mit dem zugesperrten Haus allein lassen?« »Vielleicht kauft Oskar sich neue Farbe!« mutmaßte Berti. »Glaub' ich nicht«, sagte Rolf. »Bestimmt wollen sie irgend etwas unternehmen, um uns loszuwerden.«
»Nur keine Angst!« tröstete Bodo. »So einfach ist das nicht! Wenn er uns rausschmeißt, stellen wir uns alle auf die Straße und schreien. Und wenn ein Polizist vorbeikommt, sagen wir einfach, daß Oskar uns verhauen hat und mit Ingelore Schweinereien gemacht hat. Dann kommt er ins Gefängnis, und wir haben das Haus für uns allein.« »Du spinnst ganz schön!« rief Ingelore. »Da mach' ich aber nicht mit, du. Wenn es nämlich herauskommt, daß alles gelogen war, wird man selbst eingesperrt!«
»Das kommt aber nicht raus!« rief Bodo. »Weil die nämlich nicht beweisen können, daß es nicht stimmt! Die müssen das einfach glauben, ob sie wollen oder nicht. Die dicke Beate Krümmung hat mir doch gesteckt, wie sie das damals mit ihrem Lehrer gemacht haben. Den wollten sie loswerden, weil sie ihn nicht mochten. Da haben drei Mädchen aus seiner Klasse überall erzählt, daß er immer an ihnen herumgefummelt hätte, im Kartenzimmer, wo er mit ihnen allein war, und da gab's 'ne große Gerichtsverhandlung, und er mußte verschwinden. So einfach ist das! Er hat geschworen, daß die Mädchen lügen, aber das hat alles nichts genützt. Ich glaube, er mußte sogar noch ein paar Jahre in 'n Knast.«
»Das ist 'ne ganz große Gemeinheit!« rief Berti. »Und wenn du das tust, bist du ein Schwein! Warum ist Onkel Oskar denn so wütend, he? Weil Rena und Walter und Birgit seine Bilder versaut haben! Die hat er doch alle von lebendigen Menschen abgemalt! Die mußten sich alle auf einen Stuhl setzen und ganz still halten. Und wenn eine Biene kam und wollte sie in die Nase stechen, oder ein Ohrenkneifer wollte in ihr Ohr kriechen, dann mußten sie das aushallen und durften sich nicht bewegen. Und jetzt sind alle Bilder hin, und die Leute müssen noch mal herkommen und stundenlang immer an die Wand gucken und sich nicht jucken und kratzen und nichts! Ich möchte mal sehen, ob du das machen würdest, mein Lieber!« Walter sah seinen Bruder mit großen erschrockenen Augen an. »Und wenn der Ohrenkneifer ganz tief in das Ohr reinkriecht, so richtig bis in den Kopf«, fragte er, »dürfen sie sich dann auch nicht bewegen?«
»Natürlich nicht«, antwortete Rolf grinsend, »sonst verwackelt ja das Bild!«
»Ich würde mich aber bewegen«, sagte Walter. »Ich würde ganz schnell mit dem Kopf wackeln, immer so hin und her! Dann fliegt der Ohrenkneifer wieder raus, und ich kann ihn mitten Fuß tottrampeln.«
Die Fahrt ins Moor
Im Atelier fand Oskar allmählich sein inneres Gleichgewicht wieder.
»Die Kinder wissen ja nicht, was sie getan haben«, murmelte er. »Sie haben keine Ahnung, was diese Bilder für mich bedeuten. Je schneller ich mich mit dem Gedanken vertraut mache, daß ich sie noch einmal malen muß, desto besser. Vielleicht schaffe ich es noch bis zur Ausstellung.«
Er sah Rita, die neben ihm saß, fragend an. »Was meinst du, kann ich es schaffen?« Rita nickte.
»Ich glaube, ja«, sagte sie. »Wenn du sofort anfängst, könnte es möglich sein. Aber die Kinder müssen aus dem Haus! Ich bin zwar überzeugt, daß sie sich nicht ein zweites Mal an die Bilder heranwagen, aber sie würden dich doch sehr stören, weil sie so wild sind.« »Ja«, sagte Oskar, »das würden sie.« Und nachdenklich fügte er hinzu: »Wenn wir sie nur für ein paar Wochen woanders unterbringen könnten, wäre mir schon geholfen!« Sie schwiegen und grübelten.
Auf einmal rief Rita: »Mensch, Oskar, ich hab's! Du hast doch im Teufelsmoor vor zwei Jahren ein kleines leerstehendes Haus gekauft, diese alte Moorkate, du weißt schon, die du mal zu einem Atelier umbauen willst: da bringen wir sie hin! Das Haus und die Gegend sind geradezu ideal für Kinder. Da haben sie frische Luft, können herumtollen, soviel sie wollen, und werden nicht von Autos überfahren!«
»Meinst du,
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