Die Kinder vom Teufelsmoor
»Die hat alles geglaubt, was ich ihr vorgekohlt habe!«
»Du bist auch ganz schön doof!« sagte Ingelore. »Heute abend taucht ihr Mann hier auf, und dann können wir einpacken!« »Quatsch!« rief Bodo. »Ich hab sie doch angeschmiert, bin doch in eine ganz andere Richtung gegangen!«
»Damit kannst du einen Mann, der das ganze Moor kennt, bestimmt nicht anführen!« sagte Ingelore. »Du sollst sehen, heute abend kriegen wir Besuch!«
Bodo winkte verärgert mit der Hand.
»Sieht diese Bruchbude hier vielleicht wie ein Wohnwagen aus?« »Nee«, gab Ingelore zu, »aber du siehst aus wie ein Junge, der Frauen belügt und anbettelt und ihnen zum Dank für ihre Großzügigkeit Karnickel aus dem Stall klaut!«
Es war nicht leicht, das Feuer in Gang zu bringen, da es im ganzen Haus kein trockenes Stück Papier gab. Erst als sie eine Torfsode in winzige Stückchen zerbrachen, hatten sie Erfolg. »So«, sagte Rolf zufrieden, »jetzt geht es nicht mehr aus!« Berti suchte den Eimer, der sich mit seiner langen Leine in einem über dreißig Meter entfernt stehenden Busch verheddert hatte, und holte Wasser. Darauf schnitt er ein langes Stück von der Leine ab und spannte es mit Rolfs Hilfe quer durch die Diele. Sie hängten die Wolldecken darüber und schufen sich auf diese Weise einen gegen Zugwind von der Tür und vom beschädigten Dach her geschützten Platz rund um das Feuer.
»Oh, schön!« rief Walter. »Hier ist es aber gemütlich! Komm, Rena, wir schieben den Handwagen auch hinter den Vorhang, dann friert das Kaninchen nicht so!«
»Moment!« bremste Rolf ihren Eifer. »Wir müssen erst noch eine Leine spannen für die nassen Klamotten! So dicht dürft ihr den Wagen sowieso nicht an das Feuer stellen, sonst kriegt das Karnickel noch einen Sonnenbrand!«
Als das nasse Zeug aufgehängt war und schon nach wenigen Augenblicken mit den Wolldecken um die Wette dampfte, hoben Rolf und Berti die Tür ihres Schlafzimmers aus, um sie als Tisch zu verwenden; der erste, der von einem herabgestürzten Deckenbalken zertrümmert worden war, brannte längst auf dem Herd.
Die Kleinen, Willy, Birgit, Walter und Rena, hatten nur noch Augen für das Kaninchen. Sie rupften Gras ab und fütterten das Tier pausenlos. Schließlich kletterten sie in den Handwagen, reichten es von Schoß zu Schoß, streichelten es immerzu und vergaßen dabei, daß sie naß waren und Hunger hatten. Ingelore bereitete währenddessen das Mittagessen. Sie schälte und kochte Kartoffeln, schüttete die Erbsen dazu, schnitt den Speck in Würfel, bräunte ihn in der Bratpfanne an und streifte ihn mit dem Messer in den Kochtopf wie eine gelernte Köchin. Die Kochwurst teilte sie in acht gleichgroße Stücke und tat die auch noch in die Suppe.
Da breitete sich allmählich ein köstlicher Duft aus, der selbst den trägen Bodo zu einem anerkennenden »Donnerwetter, Mensch, das riecht nicht schlecht!« hinriß.
Die Teller, die Onkel Oskar ihnen mitgegeben hatte, waren in dem Unwetter nicht beschädigt worden. Ingelore füllte sie bis an den Rand und forderte dann alle zum Essen auf.
Sofort tauchten die Kinder die Löffel ein und begannen zu schmausen. Sie spürten die Wärme des nahen Herdfeuers, atmeten den Duft der Erbsensuppe und waren versöhnt mit allem, was ihnen geschehen war.
Nach der Mahlzeit wusch Ingelore das schmutzige Geschirr ab und stellte dann den größten Topf mit Wasser auf das Feuer. »Wir machen jetzt große Wäsche«, sagte sie, »unser Zeug stinkt ja allmählich. Hol noch mehr Wasser, Berti, und gieß alle Töpfe voll, ich brauch 'ne ganze Menge!«
Da am Nachmittag wieder die Sonne schien, konnte sie das gewaschene Zeug draußen zum Trocknen aufhängen. Rolf und Berti reparierten die umgewehte Dusche, Rena streifte in der Nähe des Hauses herum und suchte ihre Katze, Birgit und Walter bauten aus Brettern und Torfsoden einen Laufstall für das Kaninchen, wobei der kleine Willy ihnen hilfreich im Weg stand, und Bodo bastelte sich aus einer Weidenrute und einem Stück Wäscheleine einen Flitzebogen.
Sie störten sich nicht daran, daß sie nackt waren, sie merkten es kaum.
Als die Dusche in Ordnung war, rupften Berti und Rolf wieder Gras ab, weil das Heu in ihrem Schlafzimmer sich durch die Nässe in Mist verwandelt hatte, auf dem sie nicht mehr schlafen mochten. Das Kaninchen lag mit prallem Bauch auf der Seite, war durch nichts mehr zum Fressen zu bewegen, verschmähte selbst den saftigsten Löwenzahn, schaute nur mit starrem Auge vor
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