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Die Kinder vom Teufelsmoor

Die Kinder vom Teufelsmoor

Titel: Die Kinder vom Teufelsmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Ihr Reichtum?«
    Hannes lächelte und steckte die Seife in die Seifendose zurück. »Das will ich dir gern verraten«, sagte er, »aber ich weiß nicht, ob du es begreifst.«
    »Keine Angst, ich begreife alles, was mit Reichtum zusammenhängt!«
    »Hm, da bin ich nicht so sicher, aber bitte! Also, mein größter Reichtum ist die Zeit!«
    »Die Zeit?« rief Bodo verblüfft. »Wieso? Die Zeit ist doch kein Reichtum!«
    »Oh, doch!« sagte Hannes mit Nachdruck. »Die Zeit, die ich habe, um das zu tun, was ich möchte.« »So 'n Quatsch, die hat doch jeder!«
    »Eben nicht, mein Lieber! Das heißt, eigentlich hat sie schon jeder, aber die meisten machen einen falschen Gebrauch davon. Ich dagegen kann mit ihr tun, was ich will.«
    »Ha«, spottete Bodo, »daß ich nicht kichere! Besitzen Sie noch mehr von solchen komischen Reichtümern?«
    »O ja! Mir gehören die Sonnenaufgänge im Moor, Mondnächte auf der Heide, Vogelstimmen im Gesträuch, dazu die blühenden Wiesen, das Gequake der Frösche, der Wind, wenn er flüstert und braust, die jungen Birken im Frühling und der wolkenverhangene Himmel im November.«
    »Das ist doch Unsinn!« rief Bodo. »Wieso gehört Ihnen der Wind und der Himmel? Das kann einem doch gar nicht gehören, das ist doch einfach so da! Oder haben Sie es etwa gekauft?« Hannes riß ein Büschel Gras aus und wischte sich damit die Schuhe sauber. Dann sah er Bodo an und sagte: »Das Beste, was es auf der Welt gibt, kann man nicht kaufen. Das läßt sich nicht nach Hause tragen wie ein Fernseher oder ein Pfund Äpfel, das ist, wie du sagst, einfach so da. Aber man kann sich daran freuen wie an einem käuflichen Besitz! Ja, ich behaupte, man kann sich sogar noch viel mehr daran freuen, man kann es noch viel inniger besitzen, weil es einem nämlich geschenkt wird und man überhaupt keine Arbeit und keinen Ärger damit hat. Ein Auto mußt du waschen und pflegen, sonst rostet es und bleibt stehen. Für einen Fernseher mußt du Gebühren bezahlen und den Techniker kommen lassen, wenn das Bild wackelt; und wenn er nicht kommt, bist du wütend. Der blaue Himmel aber macht dir kein bißchen Arbeit, und den Mond brauchst du auch nicht zu polieren.«
    »Na ja«, sagte Bodo, »klingt ja ganz schön. Damit tröstet man Leute, die nichts haben, so arme Schweine wie uns. Die können sich das Gejammer der Frösche anhören oder in den doofen Mond glotzen. Die Reichen aber, die sausen gemütlich mit dem Auto durch die Gegend, fressen Puter und Wildschwein und sonnen sich neben ihrem Swimming-Pool im Garten!«
    »Meinst du«, fragte Hannes, »daß die es schöner haben als ich, wenn ich mit meinem Wagen von Dorf zu Dorf ziehe, mich im Wald auf das Moos lege und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lasse? Bestimmt nicht! Ich brauche keinen Rasen zu mähen und keine Hecke zu schneiden. Ich liege einfach so da und freue mich.« »Dafür gehört dir aber auch nichts!« rief Bodo. »Moos und Wald und so was, das gehört doch allen!«
    »Richtig«, sagte Hannes, »es gehört allen, aber mich macht es reich.« Er ging langsam zum Haus zurück. »Es wird Zeit, daß wir was zu essen besorgen«, sagte er. »Allmählich kriege ich wieder Hunger.«
    Er legte die Seife in den Wagen zurück.
    »Wie habt ihr euch denn bisher ernährt?« fragte er. »Habt ihr Vorräte gehabt, oder wie ging das?«
    »Unser Onkel, der uns hierhergebracht hat, Oskar heißt er, der hat uns was mitgegeben«, sagte Rena. »Aber das war nicht viel, das ist schon längst alle.«
    »Euer Onkel hat euch hergebracht?« fragte Hannes erstaunt. »Ja, mit seinem Auto«, sagte Ingelore. »In dies Haus hier hat er euch gebracht?«
    »Nee, nicht ganz, er ist mit seinem blöden Auto da an der Straße eingesackt«, erklärte Bodo. »Aber er hat uns den Hausschlüssel gegeben und uns genau gesagt, wie wir das Haus finden.« »Aha«, sagte Hannes, »und ihr habt es auch gleich gefunden?« »Nicht gleich, wir haben uns erst verlaufen und mußten zurück.« Hannes nickte. »Habt ihr den Hausschlüssel noch?« fragte er. »Den hab' ich in den Handwagen geworfen«, sagte Ingelore. »Wenn das Kaninchen ihn nicht gefressen hat, muß er noch da sein.« Er war noch da.
    Hannes sah ihn genau an und hielt ihn an das Schlüsselloch. »Hat euer Onkel euch denn schon mal besucht?« fragte er. »Nee!« rief Bodo. »Der will uns hier krepieren lassen, der denkt, daß wir im Moor absaufen oder einfach verhungern! Aber den Gefallen tun wir ihm nicht, da kann er lange warten!« »Ist euer

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