Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich
Marschallverteidiger Yuran aus Atreska, den zu sehen er weitaus weniger erfreut war, mit einem knappen Nicken. Der Mann beschwerte sich unablässig über die Folgen eines Bürgerkriegs, den einzudämmen er kaum Anstrengungen unternommen hatte und der alle Legionen beeinträchtigte, die nach Tsard marschierten.
Möglicherweise konnte es sich jedoch als Glücksfall erweisen, dass er zugegen war. Wenigstens hatte er eine eigene Meinung zum Feldzug in Tsard und ließ sich vielleicht überzeugen, einen kleinen Augenblick lang über seine eigenen unbedeutenden Schwierigkeiten hinauszublicken und einen nützlichen Kommentar zu den Problemen abzugeben, mit denen Gosland und Gestern zu kämpfen hatten.
Kanzlerin Koroyan setzte ihre Ansprache fort. Sie nahm von einem ihrer Ratgeber eine Schriftrolle entgegen. Jhered legte den Kopf schief und sah, dass es der Sprecher der Erde war. In der Tat, eine erlauchte Abordnung.
»Tatsache ist, dass wir in allen sieben unserer neu erworbenen äußeren Territorien nicht über genügend Stärke verfügen, um die Botschaft des Ordens zu verbreiten. Einheimische Religionen blühen auf, während meine Leser, Pastoren und Sprecher bestenfalls ignoriert oder schlimmstenfalls aus den Häusern der Masken vertrieben werden. Manche trafen es sogar noch unglücklicher. Ich übergebe Euch die Liste derjenigen, die ihres Glaubens wegen ermordet wurden, für die Akten der Konkordanz.«
Sie schnippte mit den Fingern, worauf ihr ein Untergebener ein weiteres Dokument überreichte, das sie entrollte.
»Nun noch einige weitere Einzelheiten, um Euch …«
Die Advokatin blickte kurz zu Jhered, der die Augen verdrehte.
»… ist in Gosland die abartige Religion, die Tiere anbetet, allenthalben wieder aufgetaucht. In Atreska ist nicht zu erkennen, dass die Vorliebe für die vielfältigen, ketzerischen Glaubensrichtungen von Tsard in irgendeiner Weise nachlässt. Im nordöstlichen Gestern scharen die Bergidole, Statuen und Schnitzereien, die von den Kark verehrt werden, immer mehr Anhänger um sich, und die Pilger strömen zu Tausenden dorthin. Bevor jemand der Anwesenden einwendet, dass an unseren Grenzen zu Tsard zwangsläufig die Unzufriedenheit wachsen muss, was die Irregeleiteten den alten Religionen in die Arme treibt, will ich Euch erklären, dass mir dies sehr wohl bewusst ist. Auch ist mir klar, dass dies meinem Vortrag nur noch mehr Gewicht verleiht. Wären die Schwierigkeiten in diesen Gebieten meine einzigen, dann würde ich nicht hier stehen, sondern höchstpersönlich meine Missionare und einige Legionen in die tsardonischen Grenzgebiete führen. Jedoch scheint es so, als kämen diese unverständlichen und absurden Religionen auch nahe der Heimat immer mehr in Mode.«
Sie warf Vasselis einen bedeutungsschweren Blick zu, den er jedoch erwiderte, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Selbst bei unseren engsten Verbündeten werden meine Leser ignoriert und an ihren gottgegebenen Pflichten gehindert. Sogar im Kernland der Konkordanz, in Avarn, Neratharn, Phaskar … in Ländern, die sich schon seit Jahrhunderten im Glanz der Konkordanz sonnen, gibt es noch eine beträchtliche Anzahl von Bürgern, die offen die Lehren des Ordens verhöhnen. Wie es scheint, wird Gott nur in Estorea wirklich angebetet und geachtet. Zweifellos entgehen wir auch deshalb der Vergeltung, und die Bürger können sich eines langen, friedlichen und produktiven Lebens erfreuen, ehe sie triumphierend an den Busen des Allwissenden zurückkehren.«
Koroyan hielt inne und ließ die Worte in der frischen Luft der Basilika verhallen.
»Meine Advokatin, die Bevölkerung der Konkordanz wächst mit einer Geschwindigkeit, die vor fünfzehn Jahren niemand vorhersehen konnte. Die Beitritte von Gosland und Atreska haben die Kräfte des Ordens so sehr in Anspruch genommen, dass wir nicht mehr die Kontrolle ausüben können, die eigentlich nötig wäre. Dies traf sogar schon zu, bevor die Unruhen an den Grenzen und die Aufstände ihren Tribut forderten.
Die Konkordanz ist darauf angewiesen, dass ihre Religion die maßgebliche Kraft bleibt, denn sonst wird all die gute Arbeit unserer Legionen letzten Endes zu nichts führen, und das will keiner von uns. Ihr seid die Erste Sprecherin des Ordens, und Ihr wisst, dass dies die Wahrheit ist. Ich brauche mehr Mittel, weil ich mehr Leute einsetzen muss, um Gottes Wort zu verkünden und die Waffen gegen jene zu richten, die sich gegen Gott und alles, was uns lieb und teuer ist, erheben. Meine
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