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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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verstopften.
    Er verschnürte die Lederstiefel auf den nackten Beinen und hängte sich einen Pelzmantel über die Schultern. Dann glättete er seine Toga und die in Blau und Gold, den Farben der Ocetanas, gehaltene Schärpe. Schließlich setzte er sich den Helm mit dem albernen Federbusch auf den Kopf. Wenigstens würde das Ding seine Haare, oder das, was von ihnen noch übrig war, vor dem Eisregen schützen.
    Nachdem er seine Gemächer verlassen hatte, lief er durch den Säulengang über dem großen Saal, dessen Fußboden drei Stockwerke tiefer lag, nach draußen zu den westlichen Wehrgängen. Er öffnete die Tür und atmete die eiskalte Luft tief ein. Der Eisregen prasselte förmlich herab, und der Nebel schien dichter denn je zu sein. Es war jedoch keineswegs still auf der Insel. Viel zu viele Wächter und Ausgucke waren auf Posten, und auch die Geschützstellungen in den Kasematten waren besetzt.
    Krieg. Gott umfange ihn, aber früher hatte er das Gefecht geliebt. Jetzt war es eine lästige Angelegenheit, die nur die Routine seines gesetzten Lebens störte.
    Er trat nach draußen. Rechts unter ihm zierten zahlreiche Büsten, Säulen, Springbrunnen und Flaggen den Palastgarten. Links erstreckte sich das Tirronische Meer bis zur gesternischen Küste. Er blickte zu den Felsen hinab. Undeutlich konnte er noch die Wellen erkennen, die sich an der Insel brachen, doch der Nebel verhüllte alles, und der Eisregen an diesem windstillen Tag machte es nicht besser.
    Auch heute würde er tun, was er nach Ansicht seines Arztes jeden Tag tun musste. Er würde den ganzen Weg bis zum Wachturm am anderen Ende des Wehrgangs laufen. Unterwegs erwiderte er die militärischen Ehrenbezeugungen und grüßte höhere Zivilbeamte mit einem Nicken. Gelegentlich blieb er stehen und plauderte ein wenig mit anderen, die wie er frische Luft schnappen wollten. Es gab tatsächlich Menschen, die das Wetter auf der Insel mochten, und das konnte er gut verstehen. Wer die Küste liebte, der liebte diese Gegend und empfand eine Ehrfurcht vor dem Meer und den Elementen, die nie verblasste.
    Als er die Treppe halb hinauf war, bereute er seinen Entschluss, dem Drängen seines Arztes nachgegeben zu haben. Ihm war heiß, sein Gesicht war gerötet. Immer wieder legte er auf der dreihundert Stufen langen Wendeltreppe eine Verschnaufpause ein und war oben kaum noch in der Lage, die Begrüßung der überraschten Wächter zu erwidern. Einer zog einen Stuhl für ihn heran, auf den er sich dankbar sinken ließ.
    »Danke«, sagte er. »Eine schnelle und willkommene Hilfe.«
    »Gebrechen machen vor dem Rang nicht halt, Admiral. Jeder leidet hin und wieder an irgendetwas.«
    Kortonius kicherte keuchend, als sein Puls sich halbwegs beruhigt hatte. »Du bist eine geborene Diplomatin, junge Frau. Ich habe einfach nur Übergewicht.«
    Die drei Posten waren auf einmal der Ansicht, dass ihre Spähgläser dringend geputzt werden mussten. Kortonius konnte von seinem Sitzplatz aus nicht über die Brüstung schauen. Es war eng hier oben auf dem Wachturm, der Platz reichte höchstens für acht Personen. Ein kleiner eiserner Ofen stand unter einem sich verjüngenden Abzug, daneben zwei Stühle, mitten in der Wachstube eine Alarmglocke und ein Fahnenmast.
    Kortonius erhob sich wieder und blickte zum Meer hinaus. »Eine undankbare Aufgabe an einem Tag wie diesem.«
    Die Legionärin wollte antworten, wurde aber durch eine Glocke unterbrochen, die ein Stück weiter südlich angeschlagen wurde. Andere nahmen das Signal auf und gaben es weiter. Was die entfernten Türme auch gemeldet hatten, es kam näher.
    Kortonius’ Herz begann schon wieder zu rasen. Er trat an ein freies Spähglas, das in Kopfhöhe auf einem Pfahl befestigt war, und presste das Auge an die Linse. Im Süden war auf Meereshöhe alles vom Nebel verhüllt.
    »Sie ziehen Flaggen auf«, bemerkte ein Wächter.
    Kortonius schwenkte das Glas zum nächsten Wachturm im Süden. Dort flatterte die rote Flagge, und die Beobachter deuteten nach Süden, wo ein Reiter auf dem Hügelweg zum Palast galoppierte. Kortonius richtete das Glas wieder aufs Meer. Aus dem Nebel schälten sich Umrisse heraus, und mit jedem Herzschlag wurde ihm kälter.
    Auf dem Meer bewegte sich ein Gewirr aus Masten, Rümpfen und Rudern. Sie näherten sich und zeichneten sich deutlicher ab. Biremen, Triremen, Kriegsschiffe und schließlich mächtige Galeeren mit Katapulten. Angeblich hatten sie mehr als zweitausend Ruderer, mehr als zehnmal so viel wie

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