Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
Pflaster hole?« Er griff nach der Türklinke.
»Ich will, dass du verschwindest.« »Kann ich wirklich nichts für dich -« »Raus!« Rebus schloss die Tür hinter sich, spürte seine Beinmuskeln, die ihren Dienst zu tun begannen. Keine drei Meter entfernt von ihm stand Siobhan und hob fragend eine Augenbraue. Rebus antwortete, indem er unbeholfen die Daumen nach oben streckte, woraufhin Siobhan langsam den Kopf schüttelte: Ich verstehe nicht, wie Sie das wieder geschafft haben.
Er selbst war sich auch nicht sicher, ob er es verstand. »Ich gebe eine Runde aus«, sagte er. »Mit Kantinenkaffee, einverstanden?« »Sie haben ja wirklich die Spendierhosen an.« »Ich habe eben die letzte Verwarnung bekommen. Das ist nicht gerade wie der Siegtreffer in Hampden Park.« »Eher ein Einwurf an der Easter Road?« Das entlockte ihm ein Lächeln. Er spürte einen Schmerz in den Kaumuskeln, eine Folge der langen Anspannung, die ein simples Lächeln jedoch zu beseitigen vermochte. Im Erdgeschoss herrschte Chaos. Überall standen Leute herum, offenbar waren alle Vernehmungsräume besetzt. Rebus erkannte mehrere Kollegen aus Leith, was bedeutete, dass sie zu Bobbys Team gehörten. Er hielt einen davon am Ellbogen fest.
»Was ist denn hier los?« Der Mann sah ihn böse an, dann erkannte er ihn, und seine Miene wurde freundlicher. Es war ein Uniformierter namens Pettifer. Erst ein halbes Jahr beim CID, aber schon ordentlich abgehärtet. »Leith ist proppenvoll«, erklärte Pettifer. »Darum sind einige von uns hierher ausgewichen.« Rebus sah sich um. Mürrische Gesichter; schlecht sitzende Klamotten; hässliche Frisuren... die Hautevolee aus den kriminellen Niederungen Edinburghs. Informanten, Junkies, Schlepper, Trickbetrüger, Einbrecher, Schlägertypen, Alkies. Die Polizeiwache war erfüllt von einer Mixtur ihrer verschiedenen Gerüche und von ihren nuscheligen, mit Schimpfworten gespickten Protesten. Sie würden sich jederzeit mit jedermann anlegen. Wo ist mein Anwalt? Gibt's hier nichts zu trinken? Muss mal pinkeln. Was soll das alles? Schon mal was von Menschenrechten gehört? Wo bleibt die Würde in diesem Faschistenstaat...? CID-Beamte und Uniformierte bemühten sich, dass wenigstens ein Anschein von Ordnung herrschte, notierten Namen und andere persönliche Angaben, zeigten auf die Zimmer oder Bänke, wo Aussagen gemacht wurden, die Befragten alles abstritten und womöglich eine Beschwerde murmelten. Die jüngeren Männer taten großspurig, waren noch nicht durch die ständigen Kontrollen der Strafverfolgung zermürbt. Sie rauchten trotz der Verbotsschilder. Rebus schnorrte sich bei einem von ihnen eine Selbstgedrehte. Der Typ trug eine karierte Baseballmütze, deren Schirm nach oben zeigte. Rebus nahm an, eine Böe des Edinburgher Windes würde ausreichen, um sie ihrem Besitzer vom Kopf zu reißen und wie ein Frisbee durch die Luft segeln zu lassen. »Hab echt nichts getan«, sagte der junge Kerl und zuckte mit einer Schulter. »War bloß so 'ne Art Aushilfe oder wie das heißt. Mit 'nem Mord will ich nichts zu tun haben, Chef, ehrlich. Lassen Sie auch mal jemand anders ziehen, ja?« Eines seiner kalten Schlangenaugen zwinkerte. »Von wegen Freundschaftsdienst und so.« Damit meinte er die zerknautschte Zigarette. Rebus nickte und setzte sich wieder in Bewegung. »Bobby sucht den Waffenlieferanten«, erklärte Rebus Siobhan. »Deshalb hat er die üblichen Desperados einkassiert.« »Ein paar der Gesichter kamen mir gleich bekannt vor.«
»Und wahrscheinlich nicht von einem Wettbewerb für niedliche Kinder.« Rebus betrachtete die Männer - es waren nur Männer. Man tat sich leicht, sie als bloßen Abschaum zu betrachten; man musste sich schon sehr anstrengen, um in sich einen Fetzen Sympathie für sie zu entdecken. Es waren Männer, mit denen es die Mächte des Schicksals nicht gut meinten; Männer, die in jungen Jahren die Bedeutung von Gier und Angst kennen gelernt hatten; Männer, deren Leben von Anfang an mit einer Hypothek belastet war. Davon war Rebus überzeugt. Er kannte Familien, in denen die Kinder sich selbst überlassen und bereits als Jugendliche allem gegenüber gleichgültig waren, außer den Regeln für das Überleben in einer Umwelt, die ihnen wie ein Dschungel vorkam. Vernachlässigung war bei ihnen beinahe schon ein genetischer Defekt. Brutalität ließ Menschen brutal werden. Von einigen dieser jungen Männer hatte Rebus auch die Väter und Großväter gekannt, der Hang zur Kriminalität lag ihnen
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