Die Klassefrau
einen Smoking leihen« ,murmelte er, während er sich wieder den unbezahlten Rechnungen widmete.
Mallory arbeitete den ganzen Montag wie eine Besessene und war dankbar für die Arbeit, die ihre Gedanken wenigstens zum Teil von einem gewissen Inspector der Mordkommission abzulenken vermochte, der weder von Haustieren noch von Pflanzen die geringste Ahnung hatte und obendrein einen höchst albernen Humor besaß. Der Audi mit den neuen Zylindern, die Reparatur der Bremsen an dem Porsche, das Problem mit der Elektrik bei dem VW und der Vergaser des Mercedes fanden ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
Dass sie für alle diese Arbeiten doppelt so lange brauchte wie sonst, entging ihr jedoch nicht. Den ganzen Tag über wanderten ihre Gedanken auf geradezu heimtückische Weise immer wieder zu dem edlen Ficus-Spender. Diese verdammte Pflanze hatte beinahe ein Gefühl der Verletzlichkeit in ihr ausgelöst, und sie hatte praktisch die ganze Nacht vergeblich versucht, Schlaf zu finden. Dass seine Energie bereits in ihr Schlafzimmer gedrungen war, war ein schwerer Schlag gewesen. Sie hatte geglaubt, ihre sexuellen Bedürfnisse schon vor sieben Jahren ad acta gelegt zu haben, aber scheinbar reichte bereits eine winzige, mickrige Pflanze aus, um ihre Hormone in Aufruhr zu versetzen.
Na ja, es war etwas unfair, dem Ficus die Schuld zuzuschieben. Stattdessen sollte sie sie lieber dem wahren Grund ihrer fiebrigen Fantasien anlasten – Mr. Peter Drake. Sie war der festen Überzeugung gewesen, ausreichend hohe Schutzmauern um sich errichtet zu haben, doch Peter Drakes prächtiger Körper und sein aufreizendes Lächeln hatten sich gemeinsam mit ihrer schlummernden Libido gegen sie verschworen und mindestens eine davon zum Einsturz gebracht. Mit jeder Minute ihrer Bekanntschaft hatte sich ihr Körper jedes Detail seines Körpers besser eingeprägt. Seine blauen Augen, die von einer Sekunde auf die andere ihren Ausdruck wechseln konnten – von lachend zu herzerweichend ernsthaft bis hin zu unverhohlen verlangend – , hatten eine geradezu verheerende Wirkung auf sie. Sein sinnlicher Mund war ein einziges erotisches Versprechen. Und seine Hände waren lang und schlank und vermittelten das Gefühl, dieses Versprechen erotischer Stunden in Jahrzehnte sinnlichen Vergnügens verwandeln zu können. Seine sehnigen Arme schienen dafür geschaffen zu sein, sie an seine breite Brust zu drücken und zu halten. Seine Beine – die Hitze schoss in Mallorys Wangen – waren lang und muskulös und bedeckt mit blonden Härchen, die sich wunderbar an ihren eigenen Beinen anfühlen würden … Falls sie ihnen je die Möglichkeit dazu gäbe … Was sie natürlich nicht tat.
Sie warf einen verzweifelten Blick auf den Vergaser des Mercedes, der immer noch auf der Arbeitsbank lag. Es war zwecklos. Wie sehr sie auch versuchte, sich auf den Vergaser zu konzentrieren, ständig schob sich Peter Drakes Gesicht mit diesem verschmitzten Lächeln und diesen blauen Augen in ihr Gedächtnis, die vor unterdrücktem Lachen blitzten und sie aufforderten mitzulachen. Das Schlimmste jedoch war, dass sie sein Gesicht so gern betrachtete – dieses Gesicht, das ein Leben voller Liebe und Glück verhieß. Wie sollte eine normale Frau sich von einem solchen Mann nicht angezogen fühlen?
»Verdammt!«, murmelte sie.
»Ihnen auch einen schönen guten Tag«, ertönte eine angenehme Stimme hinter ihr.
Mallory fiel beinahe vom Stuhl. Was sollte das nun wieder. Konnte sie neuerdings etwa zaubern? Sie dachte an ihn, und schon stand er vor ihr?
»Können Sie nicht lesen, Drake? Sehen Sie nicht, was auf dieser Tür steht?«, fragte sie, ohne aufzublicken. Es war schwer, ihm ins Gesicht zu sehen und dabei weiter böse auf ihn zu sein, und Ärger war im Moment ihre einzige Verteidigung. »In der Werkstatt hat niemand etwas zu suchen, der hier nicht arbeitet.«
»Oh, das heißt das also!«, erklärte er unschuldig.
Mallory begann, im Geiste bis zehn zu zählen, schaffte es aber nur bis drei. »Hören Sie, Sie armselige Ausgabe eines Bullen, ich gebe Ihnen genau -«
»Zeit, Feierabend zu machen«, unterbrach Peter sie munter.
»Was?«
Er ergriff ihre Schulter und drehte sie herum, so dass sie die Uhr an der Wand über einem Poster eines Mercedes CIII sehen konnte. »Es ist siebzehn Minuten nach sechs. Offiziell ist Ihre Arbeitszeit beendet.«
In Mallorys Ohren rauschte es. Sie wusste, dass er etwas zu ihr sagte, bekam aber nicht mit, was es war. Er hatte sie aufgefordert, irgendwo
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