Die Kleinbürger (German Edition)
von einer Wandbespannung in mattem dunklem Tone ab, die mit seidenen Fransen und Streifen abgesetzt war; auf einer vergoldeten Holzkonsole erhob sich eine riesige japanische Vase; vor den Fenstern standen zwei Jardinieren, in denen ein Lilium rubrum mit zusammengerollten Blättern über weißen und roten Kamelien und über chinesischen Zwergmagnolien mit gelblich-weißen, ponceaugeränderten Blüten emporragte; in einer Ecke war eine Trophäe aus sehr bizarren und reichen Waffen, die der, immer ein wenig »husarenmäßigen«, Nationalität der Hausherrin entsprach, angebracht; endlich befanden sich noch verschiedene erlesene Bronzen und Statuetten und Sessel, die sich weich über einen Teppich mit türkischem Muster rollen ließen, in diesem Salon, den der Advokat, bevor er bewohnt war, gelegentlich mit Brigitte und Thuillier schon gesehen hatte. Er erschien ihm jetzt derart verändert, daß er ihn gar nicht wiedererkannte.
Bei etwas mehr Weltgewandtheit wäre der Advokat über die wunderbare Kunst, mit der die Gräfin sich ihr Nest ausgeschmückt hatte, weniger erstaunt gewesen. Der Salon einer Frau ist ihr Königreich, ihr uneingeschränktes Königreich; denn hier herrscht und regiert sie im wahren Sinne des Wortes; hier liefert sie mehr als eine Schlacht, aus der sie fast immer als Siegerin hervorgeht. Wählt sie nicht in der Tat für ihren Salon alle Dekorationen selbst aus, bringt die Farben in Übereinstimmung, verteilt das Tageslicht, alles nach ihrem Belieben? Wenn sie nur ein wenig Intelligenz besitzt, dann ist es unmöglich, daß sie hier, wo jedem Gegenstande ihrer Umgebung sein Platz von ihrer Hand angewiesen ist, nicht ihren ganzen Wert zur Geltung brächte; unmöglich, daß nicht jeder ihrer Vorzüge sich nicht besonders hervorhöbe. Man sei überzeugt, daß man noch nicht alle Vollkommenheiten einer Frau kennt, solange man sie noch nicht in der widerspiegelnden Atmosphäre ihres Salons gesehen hat, man hüte sich aber auch, zu behaupten, daß man sie beurteilen und verstehen könne, wenn man sie nur hier gesehen hat.
Kokett in eine Ecke des Sofas sich lehnend, das Haupt nachlässig auf den Arm gestützt, dessen Form und Weiße das Auge unter dem weit geöffneten Ärmel eines schwarzsamtenen Hauskleides fast bis zum Ellbogen verfolgen konnte, mit dem Aschenbrödelfüßchen in winzigen Pantoffeln von russischem Leder bequem auf einem orangefarbenen Atlaskissen mit gestickten Blumen ruhend, sah die schöne Ungarin wie ein Bild von Lawrence oder Winterhalter aus, nur daß ihre Haltung ganz ungezwungen war.
»Mein Herr,« sagte sie lächelnd, mit leichtem fremdländischem Akzent, der ihrer Sprache noch einen erhöhten Reiz verlieh, »ich kann es nicht anders als sehr komisch finden, daß ein Mann von Ihrem Geist und Ihrem durchdringenden Verstande in mir eine Feindin hat sehen können.«
»Aber Frau Gräfin,« antwortete la Peyrade, und in seinen Augen malte sich ein Ausdruck von Erstaunen mit Mißtrauen gemischt, »Sie werden mir zugeben müssen, daß der Anschein ganz für meine einfältige Annahme sprach. Ein Bewerber stellt sich einer Heirat, die sich mir als eine durchaus passende darbietet, entgegen. Der Nebenbuhler erweist sich zu meinem Glück als so fabelhaft ungeschickt, daß es nicht schwer ist, ihn beiseite zu schieben, und plötzlich erscheint die reizendste und unerwartetste Helferin und opfert sich auf, um ihm gerade da, wo er am leichtesten verwundbar ist, beizustehen ...«
»Und sagen Sie noch,« bemerkte die Gräfin lachend, »daß dieser Schützling ein gewandter Mann ist, der mich kräftig unterstützt hat!«
»Seine Ungeschicklichkeit«, erwiderte la Peyrade, »war Ihnen, denke ich, doch nicht unbekannt, und der Beistand, den Sie so gütig waren, ihm zu gewähren, für mich um so verletzender.«
»Ach, was für ein großes Unglück,« entgegnete die Fremde mit reizendem Schmollen, »wenn man Sie daran hinderte, Fräulein Celeste zu heiraten! Sie hängen also wirklich so sehr an diesem Pensionsmädchen?«
In diesen Worten, und besonders in dem Tone, mit dem sie gesprochen wurden, lag noch mehr als Verachtung, es klang etwas von Haß hindurch. Diese Nuance konnte einem so scharfen Beobachter wie la Peyrade nicht entgehen. Aber da er auf diese einfache Bemerkung hin sich noch nicht zu weit vorwagen wollte, so sagte er nur:
»Gnädige Frau, der gewöhnliche Ausdruck ›Ein Ende machen‹ kennzeichnet die Situation, in der ein Mensch, nachdem er lange Zeit gekämpft hat und mit
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