Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)
mal zwei Tage lang gut. Elvira hofft einzig und allein, Dorias Aufenthalt im Haus werde es ihr erleichtern, die beiden Turteltäubchen in flagranti zu erwischen, nur so läßt sich ihr Einlenken begründen. Daß Doria sofort wie eine Besessene arbeitet, bei erheblich reduziertem Körpergewicht, empfindet Elvira als den Gipfel der Heuchelei. (ANM. 3)
Brief Elviras an Ramelde ( nicht datiert, evtl. 23. November 1908)
Liebste Ramelde,
kaum daß diese unheilvolle Person wieder im Haus ist, ist Giacomos gute Laune verschwunden, am Abend hat er es geschafft, einen Streit anzuzetteln und hat mir dabei sogar einen Fausthieb versetzt. Ich kann Dir das Gefühl des wahren moralischen Schmerzes, das stärker war als der physische Schmerz, den ich empfand, nicht beschreiben. Nie hat er sich zu so einer Brutalität hinreißen lassen.
Caselli war da und wollte mit Giacomo reden, aber der war auf der Jagd. Statt dessen unterhielt er sich lange mit mir und meinte, daß solche Dinge Zeit brauchen.
Ich schreibe in Eile, denn es sind alle im Haus, und ich habe Angst, entdeckt zu werden. Gestern waren Nitteti und Tomaide hier und haben mir den halben Tag lang Gesellschaft geleistet. Also Ciao, bis bald, und danke für Deine schönen Worte, die mir so gut tun. In der Lage, in der ich mich befinde, erheitert es mein trauriges Gemüt ein wenig, zu wissen, daß eine Person voller Zuneigung an mich denkt und mit mir fühlt! Küß mir die Mädchen ( Ramelde hat drei Töchter ) und für Dich einen dicken Kuß von Deiner Elvira.
Am 24. November verläßt Doria die Villa Puccini erneut, und diesmal für immer. Elvira hat sie und Giacomo zusammen nach acht Uhr abends im Garten gesehen, was Grund genug für eine stundenlange hysterische Szene bietet, obwohl Giacomo dem Dienstmädchen nur ein paar aufmunternde Worte gesagt hat.
Sie halte es hier nicht mehr aus, brüllt Elvira, sie werde gehen, werde ihn verlassen, gleich morgen.
Doch statt sich von ihrem Gatten zu trennen, sucht sie Monsignore Michelucci auf, den Dorfpriester, der, nebenbei gesagt, dem Schauspieler Boris Karloff ähnelt. Sie beschuldigt Doria erneut und bittet ihn, der Sache nachzugehen, mit Dorias Mutter zu reden, oder mit der Hure selbst, bis diese geständig werde.
Er tuts! In meinem Haus, Padre. Mit dieser kleinen Schlampe! Dem Stubenmädchen!
Ob sie denn Beweise dafür habe? fragt der Padre, aus reinem Interesse.
Sie ahnen ja nicht, sagt Elvira, wie abgefeimt mein Mann ist! Er kann mit einer Frau Verkehr haben auf dem Klavier – und dabei weiterspielen, so daß niemand an was Böses denkt.
Hören Sie auf! Das ist abscheulich. Obszön! Woher wissen Sie das?
Ich weiß es eben. Ganz sicher sogar. Sie werden sicher nicht hören wollen, aus der wievielten Erfahrung ich das weiß.
Nein, sagt der Pfarrer, das möchte er wirklich nicht genauer wissen. Sie solle ihrem Gatten sagen, er möge ihn aufsuchen, zur Beichte kommen. Lieber heute als morgen.
Elvira verspricht, es auszurichten. Aber ob der Padre sich nicht erst einmal an das Mädchen wenden könne? Giacomo arbeite zur Zeit, immerhin, wenn auch wenig, er habe seit fünf Jahren kaum gearbeitet. Er müsse ja auch die Familie ernähren, das gelte es zu bedenken.
Michelucci geht direkt ins Haus der Manfredis und unterzieht Doria einer unverschämten, beinahe inquisitorischen Befragung.
Das Dorf schwappt über von Gerüchten. Immer mehr Einwohner schlagen sich nun auf Elviras Seite; es wird sich schon irgendwie so abgespielt haben, wie sie es darstellt. Elvira genießt den von Giacomo selbst kolportierten Ruf eines Mediums .
Am 20. Dezember 1908 fährt Elvira nach Lucca, zu ihrer erkrankten Mutter. GP kann an Sybil »etwas freier« schreiben. Seine Arbeit gehe voran, teilt er ihr mit, aber so langsam, daß er sich frage, ob er je damit fertig werde. Elviras Verfolgungen ließen nicht nach, sie habe den Pfarrer gebeten, mit Dorias Mutter zu reden, und tue alles, um das Mädchen aus dem Dorf zu jagen. Es sei ein schreckliches Leben, genug, um an Selbstmord zu denken. Er habe das arme Ding ein-, zweimal heimlich getroffen, und ihr Anblick habe ausgereicht, ihn zum Weinen zu bringen. Doria befinde sich in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand. Meine Seele, schreibt er, lehnt sich auf gegen all diese Brutalität, aber ich bin gezwungen, hierzubleiben, inmitten von alledem …
Sybil tut, was sie kann, um ihren Freund aus der Ferne aufzumuntern, aber spätestens, als sie ihm Ratschläge gibt, wie man Frauen
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