Die Kleptomanin
dann sitze ich offensichtlich in der Tinte. Andererseits, wenn…«
»Ja, Mr Chapman, andererseits?«
Nigel sagte mit plötzlicher Leidenschaft: »Ich mag Mord nicht. Es ist eine bestialische, schreckliche Sache. Celia, der arme, kleine Teufel, hatte es nicht verdient, ermordet zu werden. Ich möchte helfen. Aber hilft es wirklich? Das sehe ich noch nicht. Wenn ich Ihnen meine Sünden beichte, meine ich.«
»Die Polizei hat einiges an Spielraum, Mr Chapman. Sie kann gewisse Vorfälle als den leichtsinnigen Scherz eines unverantwortlichen Gemüts auffassen. Ich akzeptiere Ihre Darstellung, dass Sie bei der Aufklärung dieses Mordfalles mithelfen wollen. Nun fahren Sie bitte fort und erzählen Sie mir, welches die dritte Methode war.«
»Ja«, sagte Nigel, »jetzt kommen wir ziemlich nahe an den Kern der Geschichte. Diese Methode war etwas riskanter als die anderen beiden, aber zugleich hat sie auch viel mehr Spaß gemacht. Wissen Sie, ich habe Celia das eine oder andere Mal in der Medikamentenausgabe besucht. Ich wusste, was wo aufbewahrt wurde…«
»Also waren Sie in der Lage, die Flasche aus dem Schrank zu stehlen?«
»Nein, nein, ganz so einfach war es nicht. Das wäre meiner Ansicht nach nicht fair gewesen. Und, nebenbei bemerkt, wenn es ein echter Mord gewesen wäre – ich meine, wenn ich das Gift gestohlen hätte, um damit jemanden umzubringen –, würde sich wahrscheinlich jemand daran erinnern, dass ich da gewesen bin. In Wirklichkeit war ich seit mehr als sechs Monaten nicht mehr bei Celia in der Medikamentenausgabe gewesen. Allerdings wusste ich, dass Celia immer um viertel nach elf in den hinteren Raum ging, um eine Tasse Kaffee zu trinken und einen Keks zu essen. Die Mädchen haben sich abgewechselt, immer zu zweit. Und da war ein neues Mädchen, das gerade erst angefangen hatte und mich noch nicht vom Sehen kannte. Also habe ich Folgendes gemacht: Ich bin in die Medikamentenausgabe geschlendert, im weißen Kittel, ein Stethoskop um den Hals. Nur das neue Mädchen war da, und sie war am Schalter für ambulante Patienten beschäftigt. Ich bin hineingeschlendert, zum Giftschrank gegangen, habe eine Flasche herausgenommen, bin damit um das Ende der Zwischenwand herumgegangen und habe das Mädchen gefragt: ›In welcher Dosierung haben wir Adrenalin vorrätig?‹ Sie hat mir geantwortet, und dann habe ich sie gefragt, ob sie mir zwei Veganin geben könnte, ich hätte einen fürchterlichen Kater. Die habe ich gleich geschluckt und bin dann wieder nach draußen gegangen. Sie hatte nicht den leisesten Verdacht, dass ich etwa kein Arzt oder Medizinstudent sein könnte. Es war kinderleicht. Celia hat nie erfahren, dass ich überhaupt da gewesen bin.«
»Ein Stethoskop?«, sagte Inspektor Sharpe neugierig. »Wo hatten Sie das Stethoskop her?«
Nigel grinste plötzlich. »Es war das von Len Bateson«, sagte er. »Ich habe es geklaut.«
»Hier aus dem Haus?«
»Ja.«
»Damit ist also der Diebstahl des Stethoskops geklärt. Das war nicht Celias Werk.«
»Guter Gott, nein! Niemand kann im Ernst geglaubt haben, dass ein Kleptomane ein Stethoskop klaut, oder?«
»Was haben Sie hinterher damit gemacht?«
»Nun, ich musste es in die Pfandleihe geben«, rechtfertigte sich Nigel.
»War das nicht ein bisschen hart Bateson gegenüber?«
»Sehr hart. Aber ohne ihn über meine Methoden aufzuklären, was ich ja nicht vorhatte, konnte ich ihm nichts davon erzählen. – Jedenfalls«, fügte Nigel fröhlich hinzu, »habe ich ihn eine ganze Weile später abends zu einer tollen Sauftour eingeladen.«
»Sie sind ein ziemlich verantwortungsloser junger Mann«, sagte Inspektor Sharpe.
»Sie hätten die Gesichter sehen sollen«, sagte Nigel, mit breiter werdendem Grinsen, »als ich diese drei tödlichen Gifte auf den Tisch geworfen und ihnen erzählt habe, dass ich jedes einzelne geklaut hatte, ohne dass jemand wissen konnte, dass ich es gewesen war.«
»Was Sie damit sagen wollen«, sagte der Inspektor, »ist, dass Sie drei Mittel zur Verfügung hatten, um jemanden damit zu vergiften, und dass in keinem der Fälle die Spur zu Ihnen geführt hätte.«
Nigel nickte. »Mehr oder weniger genau das«, sagte er. »Und unter den gegenwärtigen Umständen ist es natürlich nicht besonders angenehm, so was zuzugeben. Aber der entscheidende Punkt ist, dass all diese Gifte vor mindestens zwei Wochen, wenn nicht mehr, vernichtet worden sind.«
»Das glauben Sie, Mr Chapman, aber in Wahrheit mag das nicht so sein.«
Nigel
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