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Die Klinge des Löwen 01

Die Klinge des Löwen 01

Titel: Die Klinge des Löwen 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Weil
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Stimmen zu dem Vogelchor: der melancholische, violinfeine
Gesang zweier Zaunkönigmännchen, die im Duett wetteiferten,
und die kunstvollen, aber wie achtlos in die Morgenluft gestreuten
Triller eines Rotkehlchens. Die glückliche Harmonie wurde jedoch
kurz darauf erschlagen von dem mißtönenden Gelärme
eines Schwarmes der allgegenwärtigen Rabenkrähen, die
abwechselnd schrieen, als würfen sie sich empört
Schimpfworte an den Kopf.
    Zwischen
zwei mächtigen Tannen am Waldrand hielt Dietrich an und ließ
seine Augen prüfend über das vor ihm liegende Gelände
schweifen. Sein Blick blieb an der im grauen Morgendunst liegenden
Husenburg hängen. Ihm fiel auf, daß über dem
Bergfried ein Banner sich leicht im schwachen Winde bewegte. Er war
sich sicher, daß am Vorabend dort keine Fahne zu sehen war. Da
die Entfernung zu groß war, konnte er Farbe und Wappen der
Fahne nicht ausmachen. Trotzdem fragte er sich, ob das gehißte
Banner ein Signal sein sollte...
    Er
eilte zurück zu den anderen, die bereits ihre Sachen
zusammenpackten. Man sah ihm schweigend, aber erwartungsvoll
entgegen. Dietrich winkte Roland zu sich. „Wir beide machen
jetzt einen kleinen Spaziergang in die Nähe des Flusses. Ich muß
wissen, wie es auf der anderen Seite aussieht. Davon hängt ab,
was wir nachher unternehmen werden.“
    Nachdem
er den Zurückbleibenden eingeschärft hatte, sich auf keinen
Fall außerhalb des Waldes blicken zu lassen, um den Anschein
aufrechtzuerhalten, daß sie abgezogen seien, machte er sich mit
Roland auf den Weg.
    Indem
sie jede Deckung ausnutzten, arbeiteten sie sich bis auf ungefähr
hundert Schritt an das Flußufer heran. Das Brausen der Künzig
erfüllte die Luft. Sie kauerten sich hinter einen riesigen
entwurzelten Pappelstamm, den ein Hochwasser irgendwann an diese
Stelle geschwemmt hatte. Die Fähre lag unversehrt an dem Platz,
den sie gestern verlassen hatten.
    Dietrich
betrachtete das gegenüberliegende Ufer. Er zählte fünf
Pferde, denen man die Vorderbeine gefesselt hatte, um sie am
Davonlaufen zu hindern. Ein einzelner Mann hielt Wache. Er ging
langsam hin und her. Etwas im Hintergrund waren vier auf der Erde
ausgestreckte Bündel zu erkennen.
    Das
sind seine schlafenden Kumpane, ging es Dietrich durch den Kopf, die
anderen scheinen fort zu sein. Wahrscheinlich suchen sie nach uns -
ganz wie ich es mir dachte!
    Roland
packte den Ritter unwillkürlich am Arm und riß ihn aus
seinen Überlegungen. „Seht, Herr, das Banner dort auf dem
Bergfried! Es trägt die Farben der Ortenburg!“
    „ Aha!
Das wollte ich wissen", entgegnete Dietrich nachdenklich. "Es
ist wohl ein Zeichen für uns. Sicher soll die Fahne uns zu
verstehen geben, daß man unsere Botschaft empfangen hat!
Demnach müßte Greif sein Ziel erreicht haben.“
    „ Aber
es ist niemand von der Burgbesatzung hier unten zu sehen. Wenn man
begriffen hätte, daß Egenos Mannen uns am Fluß
bedrohen, dann hätte mein Vater längst eine Abteilung
Bewaffneter herunter an den Fluß geschickt!“
    „ Ja,
da magst du allerdings recht haben. Vielleicht haben sie die Flagge
nur zu unserer Begrüßung aufgezogen und ahnen gar nichts
von der Gefahr, in der wir schweben."
    "Ja,
man kann leider von der Burg aus das Gelände hier unten nicht
richtig einsehen. Zu viele Büsche und Bäume dort drüben
versperren die Sicht."
    Dietrich
nickte mit nachdenklicher Miene. "Das feindliche Kriegsvolk hat
sich diesen Vorteil zunutze gemacht und ist in Deckung geblieben.
Wenn die Halunken entdeckt worden wären, dann hätte dein
Vater bestimmt einen Trupp Krieger zum Flußufer geschickt. Das
ist nicht geschehen. Entweder sie haben die Botschaft nicht
verstanden, oder Greif ist wider Erwarten doch nicht angekommen.“

„ Dann
können wir lange auf Hilfe warten“, sagte Roland
niedergeschlagen, um dann nachdenklich hinzuzufügen: „Aber
dann hätten Sie doch das Banner der Ortenburg nicht gehißt...“
    „ Wie
dem auch sei - wir werden uns eben selbst helfen“, gab Dietrich
entschlossen zur Antwort. „Kehren wir jetzt in unser Lager
zurück, denn die Gelegenheit zum Übersetzen scheint
günstig, auch wenn wir es allein bewerkstelligen müssen.
Zusammen mit den Fährleuten sind wir stark genug, um uns gegen
die paar Kerle dort drüben durchzusetzen. Aber wir sollten uns
beeilen, denn irgendwann wird Egeno mit seiner Horde zurückkehren!“
    Die
Sonne war über den östlichen Schwarzwaldbergen aufgegangen
und ergoß ihre Strahlen über die Flußlandschaft,
über der

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