Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
widersprach sie nuschelnd. »Es ist zu viel zu tun.« Als er mit ihr den Schlafsaal betrat, konnte sie kaum den Kopf heben, um die befremdeten Mienen der Mönche dort zu sehen.
Er bettete sie auf eine freie Matratze. Normalerweise teilten die Mönche ihr Lager nicht mit Frauen. Hier handelte es sich jedoch eindeutig um eine Ausnahmesituation, und niemand im Raum widersprach, als Gabriel Thalia zudeckte.
»Ruh dich nur aus«, sagte er sanft. Er strich ihre Haare aus dem Gesicht, und sie versuchte, die Augen offen zu halten, um ihn noch etwas länger anzusehen. Er wirkte müde und besorgt, doch aus seinem Gesicht sprach auch deutlich die Liebe. Gabriel beugte sich nach vorn und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen. »Überleg dir, wohin unsere Hochzeitsreise gehen soll.«
Was für eine verrückte Idee, wo sie vielleicht noch nicht einmal den morgigen Tag erlebten. Dennoch schlief Thalia mit einem Lächeln auf den Lippen ein.
Obwohl viele Monate vergangen waren, seit er vor einer Schlacht gestanden hatte, erschien ihm das Gefühl wohlvertraut. Manchmal konnte er in den Stunden vor Sonnenaufgang etwas schlafen. Schon kurz nach seinem Eintritt in die Armee hatte ihm sein erster Kampf bevorgestanden. Vor Angst und Aufregung hatte er die Nacht davor nicht geschlafen und sich völlig erschöpft gefühlt, als die eigentliche Schlacht begann. Mit vielen Tassen Kaffee hatte er sich auf den Beinen gehalten. Nachdem er diese Schlacht nur knapp überlebt hatte, sah Gabriel ein, dass es besser war, zu schlafen als sich aufzuregen.
Nachdem er mit den Klingen der Rose und Altan alles vorbereitet hatte, kehrte Gabriel zum Schlafsaal zurück, streckte sich neben der tief schlafenden Thalia aus und platzierte sein Gewehr in Reichweite. Er legte einen Arm um Thalias Taille, woraufhin sie sich im Schlaf seufzend an ihn schmiegte. Obwohl er es besser wusste, versuchte er, die Augen offen zu halten und wach zu bleiben, um sich das Gefühl einzuprägen. Doch sein Körper verlangte nach Ruhe, und für wenige Stunden schlief er tief und fest.
Dann rüttelte Bennett Day ihn wach. Day hielt ein Gewehr in der einen und ein Fernglas in der anderen Hand. »Man hat sie entdeckt«, sagte Day ruhig und eindringlich. »Sie sind noch ungefähr eine Stunde von hier entfernt.«
Gabriel richtete sich auf und nickte ihm dankend zu, als er ihm eine Tasse dampfenden Tees reichte. Eine weitere war für Thalia bestimmt, die sich das Gesicht rieb. »Fünf Minuten«, sagte Gabriel.
Day nickte und verließ schnell den Schlafsaal. Während Gabriel an seinem Tee nippte, beobachtete er Thalia über den Rand seiner Tasse hinweg. Sie sah blass und mitgenommen aus. Da er wusste, dass der Feind bald vor dem Tor stand, wartete Gabriel auf das Gefühl der Ruhe, das ihn üblicherweise in den Stunden vor einem Kampf überkam. Doch es wollte sich nicht einstellen. Seine Hände zitterten. Und er wusste, warum. Um den Tag zu überleben und Thalia zu beschützen, durfte er in ihr nur einen Soldaten sehen, nichts anderes. Sonst verlor er den gottverdammten Verstand.
»Du musst etwas essen«, brummte er mit vom Schlaf rauer Stimme.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann wahrscheinlich nichts bei mir behalten.« Sie sah ihn an, als erwartete sie seinen Widerspruch, doch er sagte nichts.
»Trink wenigstens deinen Tee aus«, riet er, und sie gehorchte. Anschließend stellte er ihre Tassen zur Seite und erhob sich. Obwohl er es gern getan hätte, half er ihr nicht. Stattdessen schulterte er sein Gewehr.
Thalia stand ebenfalls auf und sah ihn mit seltsamem Blick an. Bevor sie etwas sagen konnte, drehte er sich um und verließ wortlos den Schlafsaal. Er hörte, wie sie ihm folgte. Der Sonnenaufgang färbte den Himmel violett und rosa, die Luft war kühl. Gabriels Atem verwandelte sich vor seinem Gesicht in weiße Wölkchen. Die Mönche, die Räuber, die Nomaden und die Klingen der Rose fanden sich in dem zentralen Hof ein. Ihre Mienen variierten von aufgeregt über ängstlich bis zu überaus kampfbereit – das waren die Klingen der Rose. Als Gabriel den Hof betrat, drehten sich alle zu ihm um und sahen ihn erwartungsvoll an.
»Da Sie über jahrelange militärische Erfahrung verfügen«, erklärte Graves, »wäre es am besten, wenn Sie die letzten Vorbereitungen überprüfen. Ich hoffe, das macht Ihnen nichts aus.«
»Kein bisschen«, antwortete Gabriel. »Ich gebe gern Anweisungen.«
Graves lächelte. Hsiung Ming übersetzte für die Mönche und Thalia für die Banditen, als
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