Die Klingen der Rose: Jenseits des Horizonts (German Edition)
danach, Gabriel zu berühren, schreckte aber auch davor zurück. Sie wollte ihn spüren, seine Haut, ihn, doch fürchtete sie, dass sie ihn dann nicht mehr loslassen wollte. Dass sie ihn anflehen würde, mit ihr zu fliehen, den Klingen der Rose die Verteidigung der Quelle zu überlassen und sich mit ihr in einen abgelegenen, sicheren Teil der mongolischen Weite zurückzuziehen. Mit einem Ger nur für sie beide, in dem sie sich in den Nächten liebten, während sie sich tagsüber die Zeit auf dem Pferd vertrieben, über ihnen der Himmel und unter ihnen die Steppe.
»Ich wünschte, es würde niemals Morgen«, sagte sie leise, ohne ihn anzusehen.
»Für mich kann er nicht schnell genug kommen«, erwiderte er. Seine Stimme klang so tief und heiser, dass sie ihn kaum verstand.
Thalia drehte sich zu ihm um, stützte sich mit der Hüfte am Geländer ab und verschränkte die Arme. Der bevorstehende Kampf machte sie angespannt und reizbar. »Freust du dich etwa auf die Schlacht? Vielleicht hast du der Armee etwas zu voreilig den Rücken gekehrt.«
Während er weiter die Wüste betrachtete, wirkte er von der Seite mit seiner versteinerten Miene wie eine Münze aus Gold und Silber. »Je eher es Morgen ist, desto früher sind die Erben hier. Sobald sie hier sind, kann ich gegen sie kämpfen. Sobald ich gegen sie kämpfe, kann ich sie fertigmachen. Und«, fuhr er fort und drehte sich zu ihr um, wobei seine Augen in der Dunkelheit funkelten, »sobald die Erben bis auf den letzten Mann besiegt sind, werde ich dich bitten, mich zu heiraten.«
Ihr Herz schlug heftig, und ihr Mund war trocken. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte Thalia das Gefühl, ohnmächtig zu werden. »Erst dann fragst du mich?«
»Erst dann. Ich bin nicht verrückt und fordere das Schicksal heraus, indem ich dich jetzt frage.«
»Fordere ich … das Schicksal heraus, wenn ich erkläre, dass ich Ja sagen werde, wenn du mich fragst?«
»Vielleicht«, antwortete er knurrend. »Aber das ist mir verdammt egal.« Er zog Thalia an sich und küsste sie mit geöffneten Lippen, als wollte er sie verschlingen. Sie drängte sich an ihn und erwiderte seinen Kuss mit gieriger Leidenschaft. »Ich muss mit dir allein sein«, brummte er an ihrem Mund. »Ich habe eine Idee.«
Gabriel ergriff ihre Hand, führte sie die Stufen hinunter und durch die geschäftigen Höfe bis zur Pagode. Leise erklommen sie alle sieben Stockwerke, bis sie die oberste Etage erreichten. Durch die offenen Fenster fiel Mondlicht herein, und in der Ferne waren die Geräusche der Vorbereitungsarbeiten zu hören. Ein vorübergehendes Asyl.
Er nahm sie in die Arme. Er fühlte sich warm an und voller Leben, genauso wie sie sich die Liebe vorgestellt hatte. »Ich kann nicht gut mit Worten umgehen«, murmelte er in der Dämmerung. »Mein Körper sagt dir, was ich mit Worten nicht ausdrücken kann.«
Sie liebten sich an diesem Ort aus Licht und Schatten. Thalia hatte Gabriel nie um Liebesbezeugungen gebeten, doch sie verstand die Art, wie er mit seinen Lippen ihren Mund und ihre Haut berührte, während ihre Hände und ihre Körper sich vereinten. Auch sie drückte mit ihrem Körper aus, was sie empfand. Jedes Streicheln ein Versprechen, jedes Stöhnen, jeder Seufzer ein Schwur. Und als sie kamen, besiegelten sie ihre Verbindung.
Während sie Gabriel noch in sich fühlte, wanderten ihre Gedanken zu Astrid Bramfield, die irgendwo in den Tiefen der kanadischen Wildnis lebendig begraben war. Als Thalia vor einigen Jahren erfahren hatte, dass Astrids Ehemann Michael bei einer Mission für die Klingen der Rose getötet worden war, hatte Thalia großes Mitleid mit ihrer Freundin gehabt und ihren Verlust nachempfunden. Sie hatte jedoch nicht begriffen, dass der Kummer Astrid vollkommen zerstört hatte. Sie glaubte, Astrid würde eine Weile trauern und dann zu ihrem eigenen Besten weiterleben. Aber so war es nicht gekommen. Jetzt verstand Thalia, warum.
Als Gabriel und Thalia einigermaßen zur Ruhe gekommen waren, lösten sie sich widerstrebend voneinander. Nachdem er seine Kleidung gerichtet hatte, half Gabriel ihr sanft und zurückhaltend, sich ebenfalls anzuziehen. Sie standen auf.
Sie spürte, wie ihre Beine nachgaben, und sie taumelte. Gabriel fing sie auf und hob sie mühelos auf seine Arme. Thalia wollte protestieren, verfügte aber nicht über genügend Kraft.
Er trug sie die Stufen der Pagode hinunter und lief zu den Schlafsälen hinüber. »Schlaf etwas«, sagte er.
»Ich kann nicht«,
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