Die Knoblauchrevolte
schnell abhäuten und zerlegen, damit ihr das Fleisch verkaufen könnt. Morgen ist Markttag, die Preise für Rindfleisch sind in den Himmel gestiegen, und wenn ihr das Fleisch und das Fell verkauft, reicht das Geld schon für die Begräbnisgebühren.«
»Onkel«, erwiderte der Ältere Bruder, »soll ich den Tod meines Vaters einfach auf sich beruhen lassen? Gao Yang sagt, daß sie gerade am Straßenrand hielten, als das Auto in sie hineinfuhr.«
»Wenn das so ist«, meinte Gao Jinjiao, »wandert der Fahrer ins Gefängnis, und der Besitzer des Wagens muß euch eine Entschädigung bezahlen. Wem gehört das Auto?«
»Es gehört der Gemeindeverwaltung«, erklärte Gao Yang. »Der Parteisekretär Wang Jiaxiu saß auf dem Vordersitz.«
Gao Jinjiao wurde gelb im Gesicht. Vorwurfsvoll sagte er: »Gao Yang, wie kannst du so etwas behaupten? Hast du es wirklich genau gesehen?«
»Onkel«, entgegnete Gao Yang, »ich weiß, wovon ich rede. Der Wagen der Gemeindeverwaltung ist an uns vorbeigefahren, aber aus dem Kühler lief das Wasser aus, und er blieb stehen. Ich hielt Onkel Vier in den Armen und weinte, da kamen Parteisekretär Wang Jiaxiu und sein Fahrer zu Fuß zurück. Der Fahrer zitterte am ganzen Leib, und ich roch seine Schnapsfahne. Der Parteisekretär beruhigte ihn und sagte: ›Kleiner Zhang, hab keine Angst. Du kannst dich auf mich verlassen.‹ Dann fragte er mich, aus welchem Dorf ich bin. Ich sagte es ihm. Da atmete der Parteisekretär erleichtert auf und sagte zu seinem Fahrer: ›Alles nicht so schlimm. Es sind Bauern aus unserer Gemeinde. Die Sache ist leicht in Ordnung zu bringen. Wir geben der Familie einfach etwas Geld.‹«
Gao Jinjiao sagte: »Gao Yang, red keinen Unsinn: Hast du dir die Nummer des Wagens gemerkt?«
»Das ist ein Fahrzeug ohne Zulassung«, mischte sich der Papageienzüchter Gao Zhileng ein, Ärger in der Stimme. »Es hat überhaupt kein Nummernschild. Sie trauen sich nicht, den Wagen am Tag zu benutzen. Sie fahren nur in der Nacht. Der Fahrer Zhang ist ein Schwager des Parteisekretärs. Er ist eigentlich Traktorfahrer. Er hat überhaupt keinen Führerschein für Autos.«
»Gao Zhileng!« rief der Dorfvorsteher scharf.
»Was ist los?« fragte Gao Zhileng. »Willst du mir den Mund verbieten? Ich weiß, du hast Angst vor ihm, aber ich nicht. Mein Onkel ist Vizechef der Personalabteilung des Stadtparteikomitees. Gegen ihn ist Wang Jiaxiu nur ein Schwanzhaar.«
»Macht, was ihr wollt«, sagte Gao Jinjiao. »Unter zwei Bedingungen. Die Leiche muß verbrannt werden, und für den Verkauf des Rindfleisches bekommt das Dorfkomitee zehn Yüan Verwaltungsgebühr.«
»Ihr Schlappschwänze«, sagte Gao Zhileng zu Jinjüs Brüdern. »Bringt euren Vater in die Gemeindeverwaltung und wartet ab, wie Wang Jiaxiu sich aus der Klemme zieht.«
Der Ältere Bruder zögerte, aber der zweite machte ein zustimmendes Gesicht. »Wir gehen. Jinjü bleibt zu Hause. Mutter kommt mit.«
Die beiden Jungen hoben den Leichnam ihres Vaters vom Wagen und legten ihn wie einen toten Hund mit dem Gesicht nach unten auf den Boden. Ich sagte: »Wartet, zieht eurem Vater etwas anderes an. Im Haus hat er noch eine neue wattierte Jacke. Die kann er tragen. Wir gehen zur Behörde, da muß man gut aussehen.«
»Einen Furz muß man gut aussehen, wenn man tot ist«, sagte mein Jüngster. Er hängte einen Türflügel aus und legte das Alterchen darauf, wieder mit dem Gesicht nach unten. Ich sagte: »Legt euren Vater auf den Rücken.« Da wälzte er seinen Vater herum, daß er mit dem Gesicht nach oben lag und seine großen Augen in den Himmel starrten. Gao Zhileng, der gute Kerl, brachte ein Seil und Tragestangen, die am Türflügel festgemacht wurden. Der Ältere humpelte gekrümmt vorneweg, der Jüngere, der aufrecht ging, packte hinten an. So trugen sie ihren Vater zur Gemeindeverwaltung. Ich folgte ihnen. Im Dorf liefen Männer und Frauen zusammen, die sich uns anschlossen. Der kleine Schweinehund Gao Ma kam auch, und egal, was man sagt, er ist im Grunde eben doch unser Schwiegersohn. Er nahm dem Älteren die Tragestangen ab. Gao Ma und mein zweiter sind gleich groß. Sie hielten den Türflügel waagerecht, und Alterchens Kopf hörte auf, hin und her zu rollen. Als wir zur Gemeindeverwaltung kamen, wollte der Torhüter uns nicht hineinlassen, aber Gao Ma stieß ihn mit der Schulter beiseite. In der Gemeindeverwaltung war kein Mensch. Nur ein großer Hund hockte vor der Küchentür und bellte uns an. Das Auto, das mein
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