Die Knochenkammer
Polizei fand letzten Dienstag Katrinas Leiche. Sie wurde letzten Winter ermordet.«
Clem sagte über eine Minute lang nichts. »In Südafrika?«
»Nein, hier in den Staaten. Wie es scheint, ist sie nie dort angekommen.« Ich wollte nicht mehr Details verraten als nötig.
»Wissen Sie, wer sie umgebracht hat?«
»Nein. Die Detectives bearbeiten den Fall noch.«
Ihre Fragen sprudelten in typischer Manier, während sie versuchte, die schockierenden Neuigkeiten aufzunehmen. Wie ist sie gestorben? Wo hat man sie gefunden? Hat irgendjemand versucht, ihren Vater zu kontaktieren? Wusste ich, dass sie vergewaltigt worden war? Dass sie krank gewesen war? Mir war klar, dass Clem mehr über Katrina wusste als alle anderen, mit denen wir bisher gesprochen hatten.
»Der Grund, warum ich Ihnen geschrieben habe, Clem, ist, dass Ihre Mail eine der letzten war, die Katrina vor Jahresende an ihre E-Mail-Adresse erhalten hat. Sie haben nach den Feiertagen eine Nachricht geschickt, als Sie von einem Besuch daheim bei Ihrer Familie zurückgekehrt waren. Erinnern Sie sich, was Sie ihr geschrieben haben?«
Wieder Schweigen. »Nicht genau. Ich habe mir wahrscheinlich nur Sorgen gemacht, weil ich lange nichts von ihr gehört hatte.«
»Ich habe eine Kopie Ihrer Mail. Sie erkundigen sich nach ihrem Befinden, aber Sie fragen auch, ob sie in dem Gewölbe gewesen ist. Erinnern Sie sich daran?«
Ein längeres Schweigen. Es war unmöglich, jemanden am Telefon zu vernehmen, wenn man die Reaktionen oder die Körpersprache nicht einschätzen konnte. »Nicht wirklich.«
»Lassen Sie mich Ihre E-Mail vorlesen.« Ich ging in mein Arbeitszimmer und schlug die Akte auf.
»Hören Sie, Ms. Cooper, ich würde Ihnen gerne helfen. Ich weiß nicht, wer Sie sind oder warum das Ihren Ermittlungen helfen könnte, aber ich möchte ungern am Telefon weiter darüber reden.«
Das wollte ich auch nicht. »Wären Sie bereit, auf unsere Kosten nach New York zu kommen, um mit uns zu reden?« Keine Antwort.
»Wir scheinen nicht in der Lage zu sein, viele Leute zu finden, die Katrina nahe standen. Das könnte für unsere Ermittlungen äußerst wichtig sein.«
»Ich habe einen Job. Ich habe Verpflichtungen hier in London.«
»Fällt Ihnen jemand in New York ein, dem Katrina genauso vertraute, wie sie Ihnen zu vertrauen schien?«
»Mit wem haben Sie bisher gesprochen?«
»Mit Leuten im Museum. Thibodaux, Poste, Friedrichs, Bellinger, Mamdouba. Einem Doktoranden namens Zimmerly. Ach ja, und Gaylord.«
»Das wird Ihnen nicht weiterhelfen. Niemand von denen kannte sie so gut wie ich.« Sie zögerte. »Wie sicher sind Sie sich, dass es Mord war und kein Unfall?«
»Jemand hat Katrina Grooten vergiftet. Es war ein langsamer und sehr schmerzhafter Tod.« Ich sagte das so bestimmt wie möglich. »Ich kann Ihnen für morgen früh einen Flug ab Heathrow reservieren. Ein Detective wird Sie hier am Flughafen abholen. In zwei Tagen sind Sie wieder in London, wenn Sie uns die Hilfe geben können, die wir benötigen.«
»Ich werde mich wegen eines Notfalls beurlauben lassen müssen.«
»Würde es helfen, wenn ich Ihre Arbeitsstelle anrufe und die Situation erkläre?«
»Das würde alles nur schlimmer machen, Ms. Cooper. Niemand an irgendeinem Museum darf zum jetzigen Zeitpunkt wissen, dass ich komme, um mit Ihnen zu sprechen. Lässt sich das einrichten?«
»Natürlich. Wir werden Sie in einem Hotel unterbringen. Sie werden mit mir und dem zuständigen Detective zusammenarbeiten. Aber jetzt brauche ich Ihren Namen. Den vollständigen Namen und Ihre Adresse, damit wir das E-Ticket buchen können. Sie müssen dann nur am Schalter Ihren Pass vorzeigen, wenn Sie es abholen.«
»Clementine Qisukqut. Ich buchstabiere es Ihnen. Es ist ein Eskimoname.«
»Als Sie also Katrina schrieben, dass Sie über die Weihnachtsfeiertage nach Hause geflogen waren, war das nach -?«
»Grönland. Mein Vater und Großvater waren beide Minenarbeiter. Sie arbeiteten in den Zinkminen nahe des Nördlichen Polarkreises. Meine Mutter liebte diesen alten amerikanischen Folksong über den Minenarbeiter, einen Neunundvierziger, und seine Tochter, Clementine. Ich bin vielleicht die einzige Eskimofrau mit diesem Namen.«
Sie begann, lockerer zu werden. Mir wurde jetzt ihr E-MailName - nach dem Refrain des Songs »Oh my darling« - klarer.
»Darf ich fragen, was Sie in London machen?«
»Ich arbeite am Britischen Museum.«
»Als Anthropologin?«
»Noch nicht. Sie haben vielleicht von Mr. Mamdouba
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