Die Knochenkammer
hatte.«
»Was meinen Sie damit?«
»Dass er nicht erwartet hat, dass man sie vor Ablauf von sechs Monaten, wenn überhaupt, findet.«
»Oder ein Jahr später auf einem anderen Kontinent.«
»Sogar noch besser für ihn. Es ist ja nicht, als ob er es ihr in kleinen, subtilen Dosen verabreicht hätte. Ich vermute, dass er damit rechnete, dass sie schon verwest wäre, wenn man sie fand.«
»Ist Arsen nicht in unserem Trinkwasser?«
»Da müsste man ganz schön durstig sein, um auf die Art und Weise ins Gras zu beißen, Coop. Du musst unbedingt meine Mutter anrufen. Sie wird stolz darauf sein, wie sich mein Studium bei diesen Ermittlungen auszahlt. Zuerst stolpere ich über eine Unvergängliche. Jetzt kann ich auch noch mein ganzes Wissen über Albertus Magnus loswerden. Er war der Erste, der Arsen in ungebundener Form hergestellt hat. Richtig, Doc?«
»Ganz genau. Es ist seit dem Mittelalter ein beliebtes Tötungsmittel, in Wirklichkeit und in der Literatur. Es gab mal eine Zeit, da war es so leicht erhältlich, dass es die Briten >Erbschaftspulver< nannten. Die beste Methode, das Familienmitglied aus dem Weg zu schaffen, das den Geldbeutel kontrollierte. Und, ja, Alex, Arsen gelangt durch die Auflösung von Mineralien und Erzen auf der Erdoberfläche in unser Trinkwasser. Industrieabfälle machen es noch schlimmer. In Fisch und Fleisch ist oft Arsen. Aber falls das Wasser an Grootens Arbeitsplatz oder in ihrer Wohnung vergiftet gewesen wäre, wäre sie nicht als Einzige krank geworden. Dann wäre das ganze Viertel eine Zeit lang nicht gut beieinander gewesen.«
»Wo denkst du hin, Blondie? Dass sie zu viel Leitungswasser trank, vornüber in die Sandsteinkiste kippte und der Deckel zufiel?«
»Du weißt, dass mich Battaglia fragen wird, ob die Möglichkeit besteht, dass ihr Tod ein Unfall war. Ich versuche nur, alles auszuschließen.«
»Natürlich hat es schon versehentliche Vergiftungen gegeben. Wir hatten letztes Jahr einen Fall, in dem ein Kerl, der beruflich mit Holz arbeitete, die Dämpfe von dem chemisch behandelten Holz einatmete. Er hat das Zeugs durch seine Schleimhäute absorbiert, weil er einfach zu stur war, einen Mundschutz zu tragen, wenn er Holz bearbeitete, das mit einer Arsenlegierung beschichtet war. Arsen kann man einatmen, absorbieren und verdauen. Keine dieser Methoden ist zu empfehlen.«
»Weist man im Laufe der Zeit irgendwelche Symptome auf?«
»Natürlich. Bei einer leichten Vergiftung wird der Patient wahrscheinlich über Übelkeit, Frieren, Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, Apathie klagen. Von kleinen Dosen würde einem schlecht werden, aber man würde davon nicht sterben. Bei schwereren Fällen kommt es zu krankhaften Veränderungen der Haut, chronischen Kopfschmerzen, Leberschäden, dazu der metallische Geschmack und knoblauchähnliche Geruch.«
»Können Sie in etwa sagen, wie lange das schon so ging?«
»Da sollte uns die Haarprobe eine große Hilfe sein. Sie wird uns Aufschluss über den Verlauf der Vergiftung geben.«
»Wie das?«
»Ein menschliches Haar wächst durchschnittlich eineinhalb Zentimeter pro Monat. Jeder Millimeter repräsentiert ungefähr zwei Tage. Sobald wir die Resultate haben, sollte ich in der Lage sein, zu sagen, wann Grooten zum ersten Mal größeren Dosen Arsen ausgesetzt war. So wie es momentan aussieht, werden wir wahrscheinlich nahe der Kopfhaut eine viel höhere Konzentration finden - fünf- oder sechsmal so viel.«
»Haben Sie irgendwelche Beweisspuren am Körper oder im Sarg gefunden, irgendwelche Indizien, die uns einen Hinweis auf den Täter liefern könnten?«
»Ich habe die Leinenbandagen aufgehoben. Sie haben schon ein paar Jahre auf dem Buckel. Wahrscheinlich stammen sie von einer antiken Mumie. Also werden darauf wahrscheinlich eher Spuren des ersten Subjekts sein als die des Mörders.«
»Fingerabdrücke?«
»Ich hätte Sie nie für einen Optimisten gehalten, Mike. Das Labor kann es sich ansehen. Meine Vermutung ist, dass der Täter Latexhandschuhe getragen hat, wenn er viel Zeit hatte, mit der Leiche zu hantieren. Dazu muss man kein Arzt sein. Die kann man in jeder Apotheke und jedem Eisenwarenladen kaufen.«
»Und wo bekommt man Arsen?«, fragte ich.
»Es ist in Insektiziden wie beispielsweise Schweinfurter Grün und in Giftgas. Konnten Sie schon Ihre gestrige Vermutung überprüfen, dass sie etwas mit dem Metropolitan Museum zu tun hatte?«
»Ja.«
»Arsen ist ein weit verbreiteter Bestandteil von Pigmenten, Alex.
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