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Die Knochenleserin

Die Knochenleserin

Titel: Die Knochenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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etwas?«
    »Aber wir wissen nicht, ob Kistle ihn umgebracht hat.«
    »Es könnte aber sein. Wir müssen nur die Leiche finden.«
    »Wie stellt sich Venable denn vor, die Leiche zu finden, wenn nicht mal die Polizei vor Ort sie gefunden hat?«
    Er verzog das Gesicht. »Da liegt der Hase im Pfeffer.«
    »Wieso?«
    »Venable schickt ein Medium zu dem Ufer, wo die Kleidungsstücke des Jungen gefunden wurden. Er hat mich gebeten, morgen früh um sechs dort zu sein und die Frau in Empfang zu nehmen. Ich dachte, Sie hätten vielleicht Lust mitzukommen, für den Fall, dass etwas gefunden wird.«
    Eve sah ihn verdattert an. »Das ist doch bescheuert.«
    »So habe ich auch zuerst reagiert.«
    »Ich begreife nicht, wie Sie so etwas ernsthaft in Erwägung ziehen können«, sagte Eve schroff. »Das ist doch Schwachsinn, und ich werde da nicht auch noch mitmachen.«
    »Ich verstehe Ihre Haltung. Aber Venable scheint überzeugt, dass die Frau wirklich gut ist. Ich dachte, Sie hätten vielleicht Interesse daran, sich selbst ein Bild zu machen.«
    »Ein Medium?«, wiederholte sie barsch. »Das sind doch Spinner und Scharlatane.«
    »Sie wirken ja sehr überzeugt.« Er musterte ihren Gesichtsausdruck. »Sprechen Sie aus Erfahrung?«
    Sie sprach allerdings aus Erfahrung. Es war Teil dieses Alptraums. »Wie die Geier haben sie mich umkreist, nachdem Bonnie entführt worden war. Mindestens einmal pro Woche erhielt ich einen Anruf oder einen Brief von jemandem, der mir seine Hilfe anbot und behauptete zu wissen, wo meine Tochter sich befand. Einige von denen meinten, sie lebte und es ginge ihr gut, andere sagten, sie wäre tot und vergraben. Ich war so verzweifelt, dass ich mich sogar auf ein paar Angebote eingelassen habe. Joe hat versucht, mich davon abzuhalten, aber ich hätte damals alles versucht.« Verbittert verzog sie den Mund. »Sie hatten immer irgendeinen Grund, warum Bonnie nicht zu ihnen durchkam. Aber später haben sie reichlich Interviews gegeben, in denen sie sich damit brüsteten, der Polizei wertvolle Hinweise gegeben zu haben.«
    »Venable hat mir versichert, dass keine Presseleute aufkreuzen würden. Er sagt, andernfalls würde die Frau nicht kooperieren.«
    »Klar«, sagte Eve, »und Schweine können fliegen.«
    »Außerdem hat er gesagt, es hätte ihn sonst was gekostet, sie dazu zu überreden, dass sie den Job annimmt und herkommt. Sie war absolut dagegen.«
    »Umso besser. Ein Hochstapler weniger, der im Trüben stochern will.«
    »Verstehe ich Sie richtig, dass Sie mich morgen früh nicht begleiten werden?«
    »Sind Sie etwa taub? Natürlich nicht.«
    »Ich wollte mich nur vergewissern. Da Sie ja eine solche Expertin auf diesem Gebiet sind, könnten Sie eine große Hilfe sein, die Frau zu entlarven, falls sie eine Schwindlerin sein sollte.«
    »Da gibt’s nichts zu entlarven. Diese Leute sind nicht verkabelt, und das sind auch keine Gespenster. Die ›fühlen‹ einfach nur Dinge. Sie ›spüren‹ eine Erscheinung oder ›sehen‹ ein Phantasiebild. Kein Risiko. Die verlassen sich einfach darauf, dass eine arme Närrin so verzweifelt glauben will, was sie sagen, dass man ihr jeden Blödsinn verkaufen kann.« Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie im Süden Georgias in einem Wald gestanden und geglaubt hatte, vor Schmerz und Trauer vergehen zu müssen, als sie sich eingestehen musste, dass sie auf einen Schwindler hereingefallen war, der ihr Hoffnung gemacht hatte, Bonnie könnte noch am Leben sein. »Und verdammt noch mal, ich habe es geglaubt. Ich habe es tatsächlich geglaubt.«
    »Eve.« Er trat einen halben Schritt vor, bremste sich aber. »Ich würde Sie ja gern trösten, aber ich bekomme schon regelrecht Gewissensbisse. Ich kann sehr berechnend sein, aber glauben Sie mir, ich hatte nicht vor, Sie damit zu verletzen.«
    »Ich weiß.« Sie musste sich zusammenreißen. Bei der Erwähnung des Mediums war ihr alles wieder hochgekommen. »Ich an Ihrer Stelle würde Venable sagen, er soll Ihnen nicht mit so was auf die Nerven gehen. Sie vergeuden Ihre Zeit.«
    »Ich habe ihm mein Wort gegeben.« Er zuckte die Achseln. »Wer weiß? Vielleicht bringt das ja den Sheriff auf die Idee, selbst ein bisschen tiefer in den Fall des Jungen einzusteigen. Manchmal ziehen schlechte Aktionen gute Ergebnisse nach sich.« Er drehte sich um. »Sollten Sie Ihre Meinung ändern, rufen Sie mich an.«
    »Das wird nicht passieren.« Sie wandte sich wieder der Rekonstruktion auf dem Tisch zu. »Mich noch mal auf einen von

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