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Die Knochentänzerin

Die Knochentänzerin

Titel: Die Knochentänzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz-Josef Körner
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haben den Dogen ermordet!«
    William, Cosmas und ich waren wie erstarrt. In uns kam erst wieder Leben, als wir die Wachen sahen, die mit gesenkten Spießen herbeirannten.
    »Ergreift die Mörder!«, brüllte der Fremde, der wie wild in unsere Richtung fuchtelte.
    »Verdammt!«, fluchte Cosmas und blickte sich panisch um. »Wir müssen abhauen!«
    »Wohin?«, rief ich.
    »Ihr dorthin, ich dahin!« Cosmas preschte los.
    William packte mich und riss mich in die andere Richtung. Mit dem Feuer im Rücken rannten wir in die Nacht.

    Als wir am nächsten Morgen im fahlen Zwielicht des beginnenden Tages aus der Stadt flohen, schwirrte über einer Anhöhe eine dunkle Wolke. Ich versuchte William zurückzuhalten, doch er wollte seine Neugierde nicht bezähmen.
    »Lass mich.« Ungeduldig schüttelte er meine Hand ab und stapfte zu dem Hügel. Bald erkannten wir, was es mit der Wolke auf sich hatte.
    William brummte: »Schmeißfliegen.«
    Nun erkannten wir auch die Galgen und die Schemen der Gehenkten und Gerichteten. Gerade wendete ich mich, angewidert vom Leichengestank und von dem brummenden Aasfliegenschwarm ab, da stutzte ich. Ich drehte mich wieder um, ging ein paar Schritte näher und hob die Hand vor den Mund.
    »Cosmas!« Entsetzt deutete ich auf das, was gestern noch unser böhmischer Freund gewesen war.
    Auch William wurde bleich. Seine Lippen zitterten. »Gütiger Himmel! Aufgespießt wie der schlimmste Räuber und Mörder.«
    Da, vor uns, steckte ein Pfahl im Boden, darauf mit aufgerissenen Augen und geblecktem Gebiss, Cosmas’ Haupt. Daneben, auf gleicher Höhe, ein Spieß. Diesen zierte der von Gold und Edelsteinen befreite Schädel des heiligen Veit.
    William bekreuzigte sich und murmelte etwas wie: »Ruhe in Frieden, alter Schurke, böhmischer Grabräuber und Gauner.«
    »Er rannte doch wie ein Hase, wie konnten sie ihn erwischen?«, flüsterte ich, starr vor Schreck.
    »Nicht schnell genug«, erwiderte William leise. »Sie haben ihn geköpft, weil sie uns für die Mörder des hohen Besuchs hielten.«
    »Wohin wir auch gehen – der Tod folgt uns wie ein böser Geist«, flüsterte ich entsetzt.
    William wandte sich ab. »Komm jetzt. Bevor wir auch noch so enden.«
    »Und wohin?«, fragte ich mit leerem Herzen.
    William klopfte auf den Beutel, der über seiner Schulter hing. »Nach Venedig. Dem Dogen den Mantel seines Heiligen verkaufen.«
    »Geht nicht das Gerücht um, es war dieser Doge, der gestern Abend vor der Kathedrale starb?«
    William zuckte mit der Schulter. »Mag sein. Bis wir dort ankommen, haben sie längst einen neuen. An solchen Leuten herrscht nie Mangel.«

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    Viertes Buch
    Venedig
    42
    Aluicha probiert Kleider und erklärt dem Dogen sein Amt
    I st dies das Ende des Regenbogens?
    Aluicha plapperte ohne Unterlass. Sie jedenfalls hatte den Topf voll Gold gefunden. Die jüngste Dogaressa der Serenissima. Und die schönste. Die Tuchhändler vom Canal Grande schleppten Ballen um Ballen teuerster Seide, Brokat und Samt herbei, ein Heer von Schneidern, das sie befehligte wie ein General, fertigte sage und schreibe ein Dutzend Festgewänder an; Aluicha hatte ihnen mit Folter und Enthauptung gedroht, sollten die Kleider nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Sie schikanierte einen Stab von Zofen für die Anproben, die sich über Tage hinzogen. Die renommiertesten Goldschmiede, Schuster, Parfümhändler, Perückenmacher und Baderinnen Venedigs gingen in Falieros Palazzo, der einem Tollhaus glich, ein und aus. Faliero selbst saß auf einem Stuhl, während Aluicha in immer neuer Aufmachung und vor Aufregung geröteten Wangen vor ihm auf und ab marschierte und ihm erwartungsvoll zuflötete: »Wie sehe ich aus? Für diesen Kragen solltest du den Schneider ersäufen lassen. Sind die Schuhe nicht zu spitz? Bei diesem Halsschmuck könnte ich mir genauso gut eine Ankerkette umhängen.«
    Faliero, den Aluichas Eifer zunächst amüsiert hatte, fühlte sich zunehmend überfordert. Am Vorabend der Zeremonie war immer noch keine Entscheidung über ein Kleid gefallen. Faliero rieb sich die Augen, er hatte vollkommen den Überblick verloren, war erschöpft und wollte nur eins: dass das Ganze endlich zu einem Ende kam, so oder so.
    »Von mir aus kannst du morgen im Sackgewand auftreten«, stöhnte er zu sich selbst, als sie wieder einmal den Raum verlassen hatte, um zum zigsten Mal Kleider, Schuhe und Frisur zu wechseln. Auch trübte inzwischen eine beachtliche Menge Wein, den er im Verlauf der Prozedur getrunken

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