Die Knochentänzerin
verräterisch.
»Man hat Euch empfohlen, als jemanden, der vielleicht Interesse an einem Geschäft hat«, fuhr William fort.
Murray, der Diener, kam zurück. Er schleppte ein Holzbrett, voll beladen mit Hammelstücken.
»Stell es auf den Tisch und bring noch Wein für meine Gäste«, befahl der Lord und wandte sich wieder William und mir zu. »Setzt euch. Greift zu. Geschäfte soll man nicht hungrig machen.«
Wir schleppten die Säcke zum Tisch und setzten uns. Während ich zögerlich nach einem Fleischstück griff, stopfte William sich gierig den Mund voll. Ich spürte die Blicke des Lords, die nachdenklich vor allem auf mir ruhten.
»Wer hat mich empfohlen?«
Williams Mund war so voll mit Hammel, dass man ihn kaum verstand. »Der Abt vom Bettelorden in Inbhir Nis.«
»Ein Feuer hat sein Kloster zerstört. Und ihn, er ist verbrannt. Es gibt ihn nicht mehr.«
Williams Adamsapfel hüpfte, als er schluckte. »Das ist … bedauerlich.«
»Als Sheriff muss ich den Fall natürlich untersuchen. Es wird behauptet, zwei Gestalten mit Säcken auf den Rücken flohen aus dem brennenden Kloster. Ich werde der Sache auf den Grund gehen. Doch momentan gibt es bedauerlicherweise ein größeres Problem.«
»Welches?« William stopfte sich ein weiteres Fleischstück in den Mund. Wie konnte ein Mensch, so dürr wie er, so viel essen?
Wieder ruhte Lord Urchurdans Blick nachdenklich auf mir, während er sprach: »Der Drache vom Loch treibt wieder sein Unwesen. Zwei Hirten und zwölf Schafe hat er mit seinem Feuer getötet und verschlungen. Drei Fischer und ihre Boote sind spurlos verschwunden.«
Der Alte kam mit einem Krug und Bechern. Er stellte alles auf den Tisch und schenkte Wein ein. Für William bedurfte es keiner Aufforderung, dass er seinen Humpen auf einen Zug leerte und ihn dem Diener sofort wieder hinschob. Er rülpste und fragte: »Können Eure Ritter den Drachen nicht erschlagen?« Er blickte sich um. »Oder liegt es daran, dass ihr keine Ritter habt. Ich hab hier noch keine gesehen.«
Lord Urchurdan stellte seine bestiefelten Füße auf den Boden. »Junge, natürlich habe ich Ritter. Und glaub mir, du würdest sehr hoffen, sie wären dir wohlgesinnt, stünden sie vor dir. Ich habe meine Ritter losgeschickt, damit sie nach dem Ungeheuer Ausschau halten. Wenn man weiß, wo es ist, kann man die Menschen warnen. Doch das ist schwierig. Es versteckt sich im Loch. Nur drei lebende Menschen haben es überhaupt je zu Gesicht bekommen. Und ob es tatsächlich der Drache war, den sie sahen, ist unklar. Denn jeder hat ihn bisher anders beschrieben. Einer behauptet, er sehe aus wie eine riesige Schlange. Der Nächste erklärte, er gleiche einem gewaltigen Wels. Der Mönch, der das Ungeheuer vor zwei Tagen in den Fluten gesehen hat, beschrieb einen beschuppten Kopf, groß wie ein Kalb. Das fürchterliche Maul spie eine Feuerspur, die beinahe bis zum Ufer reichte, obwohl der Drache in der Mitte des Lochs schwamm.«
»Kann man das Ungeheuer nicht anlocken?«, fragte ihn William in seiner sorglosen, unbekümmerten Art.
»Doch.«
Nach dieser einsilbigen Antwort des Lords breitete sich Schweigen aus. William der Erste trank mehr Wein und aß Hammel. Der Herr von Urchurdan betrachtete abwechselnd mich und die rauchgeschwärzte Decke seines Saals im Palas.
»Ich habe gehört«, erklärte William mampfend, man muss einem Drachen ein Opfer bringen, damit er Mensch und Tier verschont.«
»Richtig.« In Lord Urchurdans Stirn gruben sich Falten. Er hielt ein bronzenes Glöckchen zwischen den Fingern, und es schien, als wollte er seinem angestrengten Nachdenken mit leisem Bimmeln auf die Sprünge helfen. Nun murmelte er seine Gedanken laut vor sich hin: »Ein seltsames Paar seid ihr beide. Einer lang und rappeldürr wie eine Zaunlatte, dabei dunkel und kohlenäugig. Die andere wohlgeformt, mit Alabasterhaut, einem Feuersturm auf dem Kopf und Augen so grün wie die Frösche im Loch.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und stellte fest: »Bruder und Schwester seid ihr jedenfalls nicht.«
»Nein«, lachte William und warf sich in die Brust. »Cailun ist mein Eheweib.«
»Das stimmt nicht!«, ging ich entsetzt dazwischen. »Was erdreistest du dich, so etwas zu behaupten!«
»Noch nicht lange, natürlich«, fuhr William unbeirrt fort. »Als Morgengabe schenkte ich ihr ein mit Edelsteinen verziertes Fingerglied des heiligen Wenzel von Böhmen.«
»Ein wahres Liebesgeschenk«, grinste der Lord.
Ich weigerte mich, Williams
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