Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
geschenkt.
Als Louis in Begleitung seiner beiden Oheime bei Hof erschien, um den Lehnseid abzulegen, schlugen ihm zwar Respekt und Akzeptanz, doch wenig Kameradschaft oder gar Freundschaft entgegen.
Seine junge Braut Éléonore de Clérot war ebenfalls mit an den Hof gereist. Entgegen Albrechts Wunsch hatte der Trauungsgottesdienst doch nicht in Wien stattgefunden, sondern sollte in Paris im Beisein Angehöriger des königlichen Haushalts abgehalten werden. Die Reise der Damen nach Österreich hatte lediglich dazu gedient, die Frauenschaft Blanches darzustellen und den guten Willen Philipps gegenüber Albrecht zu zeigen. Die Frauen hatten in Wien immerhin einmal an der königlichen Tafel gespeist und einen Nachmittag in der Gesellschaft Königin Elisabeths verbracht.
Louis hatte mit Éléonore erst wenige Male gesprochen. Sie war sechzehn Jahre alt, hatte ein hübsches Gesicht mit flinken Augen und eine reizvolle Gestalt. Ihr dunkles Haar war stets zu einem kunstvollen Kranz geflochten, der ihr ebenmäßiges Gesicht mit den vollen Lippen umrahmte. Sie war klein, sodass sie deutlich aufblicken musste, wenn sie mit ihm sprach. Ihm gefiel die Art, wie sie dabei ihr Kinn hob und ihm einen tiefen Blick aus ihren dunkelbraunen Augen schenkte. Wenn sie lief, schien es, als würde sie dabei den Boden kaum berühren. Keine ihrer Bewegungen wirkte überflüssig oder gar hastig. Sie war das Inbild einer jungen Edeldame. Man hatte Louis berichtet, dass ihre schlanken und flinken Finger wundervolle Gobelins schaffen konnten und sie auch in allen übrigen fraulichen Tugenden anderen ein Vorbild war. Jeder Mann musste ihn um eine solche Braut beneiden.
Er war sich natürlich bewusst, dass sein oder Éléonores persönliches Glück niemanden bei Hofe scherte und dass diese Hochzeit eine politische Verbindung sein würde. Doch was das Mädchen betraf, musste er zugeben, dass er Glückhatte. Er war überzeugt, mit Éléonore eine sittsame und vorbildliche Gemahlin zu erhalten, die ihm kräftige Söhne und anmutige Töchter schenken würde. Er gab sich große Mühe, dem Mädchen die nötige Hochachtung entgegenzubringen. Er hatte bemerkt, dass ihre Augen aufgeleuchtet hatten, als sie sich das erste Mal sahen. Auch sie hätte es schlechter treffen können, machte Louis sich tapfer bewusst.
Der König wohnte der Hochzeitszeremonie persönlich bei. Er trug ein kunstvoll gefertigtes graues Wams mit passendem Umhang, dessen Knöpfe silbern glänzten. Louis erkannte sofort, wer die kostbaren Kleider genäht haben musste, und ihm wurde schwer ums Herz.
Nach dem Hochzeitsmahl begab Éléonore sich in das Brautgemach, wo eine Dienerin ihr half, sich zu entkleiden und ein Nachtgewand anzulegen. Ihre Mutter wohnte dem Vorgang schweigend bei und schickte die Dienerin schließlich aus dem Zimmer.
»Weißt du, welche Pflichten dich im Brautgemach erwarten?«, fragte sie Éléonore.
Die Tochter schlug die Augen nieder und schüttelte den Kopf.
»Dann hör zu. Männer verlangen, dass eine Frau ihnen zu Willen ist. So hat Gott es eingerichtet.« Die Mutter erklärte ihrer Tochter, worin die ehelichen Pflichten einer Frau bestanden.
»Mein Kind, für dich und deine Zukunft wäre es besser, du würdest nicht empfangen«, fuhr sie fort. »Zumindest nicht, bevor Prinzessin Blanche dem deutschen Königshaus die ersehnten Nachkommen geschenkt hat.«
»Aber Mutter, ich verstehe nicht …«
»Auf unseren Besitz und ganz besonders auf dich haben eine Reihe nobelster Familien ein Auge geworfen. Vergiss nicht, eine Verbindung mit dir bedeutet, mit dem Königshaus verwandt zu sein! Sollte Blanche nun keinen Sohn gebären, wäre der Handel zwischen dem deutschen und dem französischen Königreich nichts mehr wert. Albrecht hätte keinen Enkel, der sein Reich als Verbündeter Frankreichs regieren könnte. Und selbst wenn eine Schar Kinder parat stünde – diese neuen Verwandten würden vom französischen Adel nie als gleichwertig angesehen werden, dazu ist die Abstammung Habsburgs viel zu unbedeutend. Philipp ging es in erster Linie ums Geld. Jetzt, da er Albrecht eine echte Prinzessin zur Schwiegertochter gegeben hat, kann dieser die Darlehenswünsche Philipps schlecht ablehnen. Entweder war Albrecht in dieser Angelegenheit blind oder er ist weniger weise, als man das von ihm behauptet.«
»Aber ich … meine Ehe … Louis.«
»Deine Ehe muss nicht von Dauer sein. Vielleicht wird sie schon in ein paar Jahren annulliert, und ein echter
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