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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Neuendorf
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wollten?
    Hatten sie das arme Ding etwa doch geschändet und anschließend im Wald verscharrt?
    Ein helles Lachen riss ihn aus seinen Gedanken fort. Schritte hallten über das Pflaster, dann lallte eine Männerstimme etwas Unverständliches.
    Wenig später ging ein Paar vor dem Fenster entlang. Der Mann konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Gestützt wurde er von einer Hure, die selbst im Mondlicht unschwer an ihren roten Ärmeln zu erkennen war.
    Das Hurenhaus!, schoss es Joß plötzlich durch den Sinn. Dort war er noch nicht gewesen. Warum eigentlich?, fragte er sich. Wäre ich ein schlecht bezahlter Söldner, würde ich versuchen, meinen Sold ein wenig aufzubessern. Für ein schönes Mädchen zahlte ein Hurenwirt sicher gut …
    Augenblicklich sprang er auf. Dass er dabei den Schemel umwarf, kümmerte ihn nicht. Er hetzte zur Tür, zog sich Gugel und Mantel über und stürmte nach draußen.
    Sein Herz hämmerte, als ging es um seine eigene Schwester. Wenn ich sie finde, habe ich meine Schuld abgegolten und kann endlich weiterziehen, überlegte er.
    Er rannte die Gasse entlang, orientierte sich kurz und folgte dann dem Fidelklang aus der Ferne. Ein paar Männer sahen sich verwundert um, als er an ihnen vorbeilief. Auf ihr Gemurmel achtete er nicht.
    Schließlich erreichte er das Fachwerkgebäude, das schon von weitem als Hurenhaus zu erkennen war. Tagsüber wirkte es wie ausgestorben, jetzt dagegen tobte hinter den Bundglasscheiben das Leben.
    Ein lautes Aufstöhnen brachte Joß dazu, sich umzuwenden. In einer schmalen Gasse erkannte er die Umrisse eines Mannes und einer Frau. Während sie gebückt vor ihm stand, presste er sich rhythmisch an ihr Gesäß. Blut schoss ihm in die Lenden. Wie lange hatte er schon kein Weib mehr gehabt?
    Doch dann kam er wieder zu sich. Abgesehen davon, dass er keinen einzigen Heller in der Tasche hatte, war er nicht hier, um sich zu vergnügen. Später, wenn er die Stadt verlassen hatte und in Sicherheit war, würde seine Männlichkeit zu ihrem Recht kommen.
    Lautes Gelächter erscholl, als er durch die Tür des Hurenhauses trat. Beinahe jeder Mann an den Tischen hatte ein Weib auf dem Schoß. Dünne oder dralle, schwarzhaarige oder blonde, offenbar fand hier jeder etwas nach seinem Geschmack.
    Suchend blickte er sich um. Weit und breit entdeckte er keinen roten Haarschopf. Ob der Hurenwirt die Kleine zu einem der Freier geschickt hatte? Die Erinnerung an das hübsche, aber noch ein wenig kindliche Mädchen ließ seinen Atem stocken.
    »Nun, schöner Mann, was kann ich für dich tun?«
    Neben ihm war eine über die Maßen dralle Frau aufgetaucht. Ihr Mund war breit, und das wulstige Muttermal auf ihrer Wange wirkte, als hätte sich ein Käfer in ihr Gesicht verirrt.
    Was für ein hässliches Weib, dachte Joß bei sich.
    »Ich suche ein Mädchen«, antwortete er.
    Die Frau lachte auf. »Das suchen sie hier alle. Aber bei Hilde solltest du fündig werden.«
    Erst im nächsten Augenblick dämmerte es Joß, dass sie damit sich selbst meinte. »Bist du die Wirtin hier?«
    Die Frau nickte. »Sag mir, was du willst, und ich sehe nach, ob ich etwas Passendes für dich dahabe.«
    Joß blickte sich betont langsam um. Noch immer sah er nirgendwo rotes Haar. Da trat hinter dem Vorhang ein Mädchen hervor, recht dünn, aber dennoch sehr hübsch. Obwohl er die jüngere Bruckner-Tochter nur für einen kurzen Moment zu Gesicht bekommen hatte, hatte sich ihr Antlitz in sein Gedächtnis gebrannt.
    »Was ist mit der da?«, fragte er und deutete auf das Mädchen.
    Ein zorniges Leuchten glomm in den Augen der Hurenwirtin auf. »Die ist noch zu jung, hat noch nicht mal ihr Blut. Ihr wollt Euren edlen Stängel doch nicht in eine unreife Pflaume stecken?«
    Joß zwang sich zur Ruhe. Die Worte der Hurenwirtin brachten ihn auf, aber er durfte nicht den Kopf verlieren. »Und wenn ich sie unbedingt will? Sie hat einen hübschen Mund und gewiss geschickte Hände. Außerdem habt Ihr ihren Jungfrauenpreis sicher noch nicht genommen, oder?«
    Die Wirtin überlegte. »Nein, bisher nicht. Damit will ich warten, bis sie ihr Blut hat.«
    »Dann habt Ihr doch nichts zu verlieren. Mit Mund und Händen kann sie mich vortrefflich bedienen, ohne dass dabei ihre Blüte gepflückt wird.«
    »Ich verstehe.« Die Hurenwirtin überlegte. Jeglicher Groll gegen das Mädchen war auf einmal wie weggewischt.
    »Was würdet Ihr mir zahlen, wenn ich sie Euch gebe?«
    »Fünf Taler.«
    Die Hurenwirtin schnappte nach Luft.

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