Die Köchin und der Kardinal
Elisabeth. Innerlich zitterte sie vor Angst, der Söldner könnte Jakob vor ihren Augen erschlagen.
»Das kommt nicht in Frage«, sagte der Söldner. »Da hätten wir ja noch mehr Hälse zu stopfen.«
Elisabeth erinnerte sich daran, dass der Kardinal ihr am ersten Tag einen Lederbeutel mit Goldgulden gegeben hatte. Glücklicherweise hatte sie ihn mitgenommen. Sie zog ein Geldstück heraus und reichte es dem Soldaten. Der Söldner grinste breit.
»Nun ja, und da Ihr so gut kochen könnt, wollen wir malGnade vor Recht ergehen lassen. Pflegt ihn von mir aus gesund, aber schaut, dass wir ihn nachher einverleiben können.«
»Einverleiben?«, fragten Elisabeth und Hermine wie aus einem Munde.
»Ja, ihn auf unsre Seite ziehen, zum Dienst bei uns verpflichten«, sagte der Söldner.
»Aber gewiss werden wir das tun«, antwortete Elisabeth. Fast hätte sie vor Erleichterung gelacht. Der Söldner entfernte sich, wahrscheinlich ging er noch auf einen Trunk in die Wirtschaft. Elisabeth wies Hermine an, einen Ochsenkarren und Decken zu besorgen. Derweil untersuchte sie die verwundeten Männer. Außer Jakob waren inzwischen alle gestorben. Mit dem Karren, unter einer Decke, brachten sie ihn mühsam zum Platz unterhalb des Schlosses. Sie begleiteten den Ochsenkarren auf den Berg und spannten das Tier dann aus. Elisabeth klopfte das Herz bis zum Hals, als sie den Torwächter sah. Sie zogen das Gefährt vorsichtig in den Garten und luden Jakob in der Gartenlaube ab. Hermine versorgte Jakobs Wunden, Elisabeth deckte ihn zu. Sie ließen ihm Wein und Vorräte da, dann schlichen sie auf Zehenspitzen zurück ins Schloss. Hermine wollte noch den Ochsen und den Wagen in die Stadt hinunter bringen. Agnes trat aus ihrem Zimmer, als Elisabeth kam.
»Wo warst du so lange?«, fragte sie in scharfem Ton.
»Ich war mit Hermine in der Stadt, um die Schäden am oberen Tor und an der Mauer zu beschauen«, antwortete Elisabeth. »So, wie es viele heute Nachmittag ebenfalls getan haben.«
»Ja, ich war auch dort«, sagte Agnes. »Hast du nicht die vielen Toten gesehen?«
»Doch, aber mich hat’s so gegraust, dass ich gleich wieder umgekehrt bin.«
In ihrem Bett schwitzte Elisabeth, obwohl das Feuer im Ofen schon ausgegangen war. Ob Agnes etwas gesehen hatte? Es durfte niemand etwas von Jakob erfahren, vor allem der Kardinal nicht. Wahrscheinlich würde er sie zum Teufel jagen,denn Jakob war ein Feind und darüber hinaus ein Rivale für ihn. Elisabeth stand auf und ging zum Fenster. Sie schob die Gardine zur Seite. Da lag die Gartenlaube im Mondschein. Es deutete nichts darauf hin, dass dort jemand versteckt war. Elisabeth zitterte in der nächtlichen Kälte. Ich werde für ihn beten, nahm sie sich vor, und nur abends, wenn es ruhig im Schloss geworden ist, zu ihm gehen. Tagsüber sollte Hermine ihn versorgen. Sie faltete die Hände und betete voller Sorge ein Vaterunser.
Am anderen Tag war es merkwürdig ruhig in der Stadt, die Beschießungen hatten aufgehört. Elisabeth machte sich fertig und lief hinüber in den Speisesaal, wo der Kardinal, Agnes und die Höflinge versammelt waren.
»Ihr seht aus, als hättet Ihr nicht besonders gut geschlafen«, sagte der Kardinal zu ihr.
»Es ist die Sorge um unsere Stadt, um uns alle«, gab sie zurück. Sie nahm eines der weichgekochten Eier, die in Brühe serviert wurden.
»Ihr wundert Euch vielleicht über diese Art, Eier zu kochen«, bemerkte der Kardinal. »Ich habe sie heute selbst zubereitet, nach einem Rezept von König Ludwig XIII.«
»Sie schmecken sehr gut«, entgegnete Elisabeth. »Reichen denn unsere Vorräte aus?«
»Wir haben noch Hunderte von Eiern, Massen von Fleisch, Schinken und Getreide im Keller«, sagte der Kardinal.
Der Markgraf, der ihnen gegenübersaß, hörte ihre letzten Worte. »Sie scheinen uns jetzt aushungern zu wollen, aber das werden sie auch in Monaten nicht schaffen. Eher werden sie selbst verhungern!«
Elisabeth überlegte. Wenn die Beschießung eingestellt wurde, könnten sie ihr Leben auf dem Schloss und in der Stadt wie gewohnt fortführen. Sie musste sich beim Kochen eben ein wenig einschränken. Und wenn Jakob wieder gesund gepflegt war, würde sie ihn bitten, in die Dienste des Markgrafen zutreten. Dann wäre er immer in ihrer Nähe. Aber ob sie dann ihre Gefühle vor dem Kardinal würde verbergen können? Agnes warf ihr einen Blick zu, der alles bedeuten konnte.
»Kommt doch bitte nach dem Frühstück in mein Arbeitszimmer, Elisabeth«, sagte der
Weitere Kostenlose Bücher