Die Könige: Orknacht (Die Könige 1) (German Edition)

unheimliche Gestalt erheischten, die dort oben ihre Bahnen zog.
    Unvermittelt stieß sie herab, suchte mit ihren Klauen in die Öffnung zu greifen – aber sie waren nicht lang genug, als dass sie die Orks erreicht hätten.
    Wütend stieg die Kreatur wieder auf, und nachdem sie noch einige Male über die Ruine hinweggeflattert war, verschwand sie – und mit ihr auch der kalte Hauch des Todes, der sie begleitete.
    Das Kind beruhigte sich wieder, ebenso wie seine beiden Beschützer, und Stille kehrte ein.
    »Ob ich mal nachsehe?«, fragte Balbok nach einer Weile.
    »Untersteh dich«, fuhr Rammar ihn keuchend an. »Womöglich ist das nur eine List und das Biest lauert noch dort oben. Was immer es war – jetzt ist das verdammte Ding schon zum zweiten Mal aufgetaucht. Weißt du, was uns das sagt?«
    Balbok überlegte einen Moment. »Dass du neuerdings zählen kannst?«
    »Nein.« Rammar schnaubte. »Sondern dass diese Kreatur hinter dem Kind her ist.« Er blickte auf das Mädchen, das ihn erwartungsvoll musterte. »Und dass wir in tödlicher Gefahr sind, solange wir es bei uns haben.«

9
    A us.
    Ende.
    Als Dag sich den Kopf gestoßen hatte, hatte er zunächst nur eine Unebenheit in der Tunnelwand vermutet. Doch er hatte schnell gemerkt, dass das Hindernis, das ihm den Weg versperrte, nicht nur ein einzelner Vorsprung oder Sintergestein war – sondern eine massive Mauer.
    »Verdammt«, stieß Dag hervor und schlug frustriert mit den Fäusten gegen das unsichtbare und doch unüberwindbare Hindernis.
    »Was ist?«, fragte Ferghas flüsternd von hinten.
    »Der Tunnel ist verschlossen«, antwortete Dag.
    »Eingestürzt?«
    »Nein.« Unwillkürlich schüttelte Dag den Kopf. Für einen Moment hatte er vergessen, dass die anderen hier unten ebenfalls nichts sehen konnten. »Eine massive Mauer.«
    »Dann … haben die Zwerge deinen Fluchtweg doch entdeckt?«
    »Sieht ganz so aus.« Frustriert biss sich Dag auf die Lippen. Vigor, Winmars oberster Handlanger, war berüchtigt für seinen messerscharfen Verstand – und er war ein Narr, weil er ihn unterschätzt hatte.
    »Und jetzt?«, fragte Terric.
    »Hier kommen wir jedenfalls nicht weiter«, stellte Dag fest.
    »Können wir die Mauer nicht durchbrechen?«, schlug Henquist vor.
    Dag zückte seinen Dolch und benutzte den Knauf dazu, die Mauer abzuklopfen. »Nein«, sagte er dann. »Da ist kein Hohlraum. Der Tunnel wurde aufgefüllt, da ist kein Durchkommen mehr möglich.«
    »Gibt es auch noch einen anderen Weg hinein?«, wollte Ferghas wissen.
    »Als Gefangener«, erwiderte Dag in Erinnerung an seine vorangegangenen Aufenthalte in Gorta Ruun, »und diesen Weg kann ich nicht empfehlen.«
    »Was sollen wird dann tun? Umkehren?«
    Dag schnaubte geräuschvoll. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber was blieb ihnen anderes übrig? Der Weg, den sie hatten nehmen wollen, hatte sich als Sackgasse erwiesen – und wieder einmal war es ein Fehler seinerseits gewesen, der dazu geführt hatte, seine falsche Einschätzung der Lage.
    Er holte tief Luft, um sein Versagen offen einzugestehen und seinen Leuten zu sagen, dass sie den Rückweg antreten mussten, als ihm plötzlich ein Gedanke kam.
    »Der Luftzug, den ich am Eingang gespürt habe …«
    »Was ist damit?«, wollte Ferghas wissen.
    »Ich hätte ihn nicht gespürt, wenn dieser Tunnel nicht irgendwo eine Öffnung besäße. Diese Mauer hier lässt nichts hindurch, also muss es noch eine andere Öffnung geben. Seht euch im Tunnel um!«
    Er konnte hören, wie seine Gefährten ein Stück zurückkrochen, dann vernahm er das Knistern einer Fackel – und plötzlich stieß Gorwyn einen heiseren Ruf aus.
    »Hier ist etwas!«
    »Tatsächlich«, stimmte sein Bruder Gladwyn zu. »Aber …«
    »Zeigt es mir«, verlangte Ferghas und kroch ebenfalls ein Stück zurück. Dag folgte ihm auf allen vieren, vielleicht fünfzehn oder sechzehn Schritte weit. Dann hörte er, wie Ferghas etwas in seiner Sprache sagte, dem Tonfall nach war es eine Verwünschung.
    »Was ist es?«, wollte Dag wissen.
    »Über dir«, sagte Anghas’ Bruder nur, und Dag befühlte vorsichtig die Höhlendecke – um festzustellen, dass sie fehlte.
    Ein Loch von vielleicht eineinhalb Ellen Durchmesser klaffte darin, groß genug, um einen Mann hindurchschlüpfen zu lassen – und der Luftzug, den Dag am Eingang gespürt hatte, drang ganz eindeutig aus dieser Öffnung!
    Etwas allerdings trübte die Entdeckung.
    Die Wände des Schachts waren anders beschaffen als die des