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Die Königin der Weißen Rose

Die Königin der Weißen Rose

Titel: Die Königin der Weißen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Wirklich. Du musst Anthony retten.»
    Rasch stopfe ich den Stofffetzen in meinen Ärmel, damit niemand ihn sieht, nicht einmal die Kinder. «Überlass das mir», sage ich. «Denk nicht weiter daran. Du hast ein zu ehrliches Gesicht, Katherine. Wenn du nicht sofort jeden Gedanken daran verbannst, wird jeder wissen, was ich tue.»
    Sie stößt ein nervöses Kichern aus. «Ich könnte nie lügen.»
    «Vergiss es einfach.»
    Wir gehen zurück zur Eingangstür. «Geh mit Gott», sage ich zu ihr. «Und bete für mich und unsere Söhne.»
    Das Lächeln auf ihrem Gesicht verblasst. «Dies sind finstere Zeiten für uns Rivers», sagt sie. «Ich bete darum, dass es dir gelingt, deine Kinder in Sicherheit zu bringen, Schwester, und dich auch.»
    «Es wird ihm noch leidtun, dass er das angezettelt hat», sage ich voraus. Dann unterbreche ich mich, denn plötzlich sehe ich Richard vor mir wie eine Vision. Er sieht so jung aus wie ein verirrtes Kind, er taumelt über ein Schlachtfeld, das große Schwert locker in der verletzten Hand. Er sieht sich nach Freunden um, doch er hat keine. Er sieht sich nach seinem Pferd um, doch sein Pferd ist durchgegangen. Er versucht, seine Kraft zu sammeln, doch er hat keine. Der Schrecken auf seinem Gesicht ist herzerweichend.
    Der Augenblick geht vorüber, und Katherine berührt meine Hand. «Was ist? Was siehst du?»
    «Ich sehe, es wird ihm leidtun, dass er das hier angezettelt hat», antworte ich ruhig. «Es wird sein Ende sein und das seines Hauses.»
    «Und unser Ende?», fragt sie und forscht in meinem Gesicht, als könnte sie dort sehen, was ich gesehen habe. «Anthony? Was wird aus uns allen?»
    «Es wird unser aller Ende sein, fürchte ich.»

    In dieser Nacht, zur finstersten Stunde um Mitternacht, stehe ich auf und nehme den Leinenfetzen, den Katherine mir gebracht hat. Ich sehe mir die verschmierten Essensreste an, die sich der Herzog von den Lippen gewischt hat, und halte das Stück Stoff an meine Nase. Fleisch, denke ich, obwohl er ein mäßiger Esser ist und nicht trinkt. Ich drehe den Stoff zu einer Kordel und knote diese so fest um meinen rechten Arm, dass es wehtut. Dann gehe ich wieder zu Bett. Am Morgen ist die weiße Haut meines Arms blau angelaufen, und meine Finger prickeln wie von Nadelstichen. Der Arm schmerzt beim Entfernen der Kordel, und ich stöhne vor Schmerzen. Als ich die Kordel ins Feuer werfe, spüre ich die Schwäche meines Arms. «So erlahme denn», beschwöre ich die Flammen. «Verlier deine Kraft. Auf dass dein rechter Arm versage, dein Schwertarm erlahme und deine Hand ihren festen Griff verliere! Auf dass dein Atem sich in deiner Brust festsetze und du zu ersticken meinst! Erkranke und ermatte! Und verglühe wie dies.» Die Kordel flackert auf, und ich sehe zu, wie sie verbrennt.

    Am frühen Morgen kommt mein Bruder Lionel zu mir. «Ich habe einen Brief vom Rat erhalten. Sie bitten uns, das Asyl zu verlassen und deinen Sohn Prinz Richard zu seinem Bruder in die königlichen Gemächer im Tower zu schicken.»
    Ich drehe mich zum Fenster und schaue über den Fluss, als könnte er mir einen Rat geben. «Ich weiß nicht», sage ich. «Nein. Ich möchte nicht, dass beide Prinzen in der Hand ihres Onkels sind.»
    «Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Krönung stattfindet», erwidert er. «Alle Lords sind in London, die Gewänder werden geschneidert, die Vorbereitungen in der Westminster Abbey sind abgeschlossen. Wir sollten jetzt unseren rechtmäßigen Platz einnehmen. Wenn wir uns hier verstecken, sieht es so aus, als hätten wir uns etwas zuschulden kommen lassen.»
    Ich beiße mir auf die Unterlippe. «Herzog Richard ist einer der Söhne von York», sage ich. «Er sah die drei strahlend hellen Sonnen am Himmel, als die Brüder dem Sieg entgegenritten. Du glaubst doch nicht, dass er sich die Chance entgehen lässt, England zu regieren. Du glaubst doch nicht, dass er einem jungen Burschen die Macht über das Königreich abtritt.»
    «Ich glaube, wenn du es nicht verhinderst, wird er England durch deinen Sohn regieren», sagt er offen. «Er wird ihn auf den Thron setzen und zur Marionette machen. Er wird der neue Warwick, der neue Königsmacher. Er will den Thron nicht für sich selbst – er will Regent und Lord Protector sein. Er wird sich Regent nennen und durch deinen Sohn regieren.»
    «Sowie er gekrönt ist, wird Edward König sein», widerspreche ich. «Dann werden wir ja sehen, auf wen er dann hört!»
    «Richard kann sich weigern, die Macht zu

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