Die Königin ist tot: Roman (German Edition)
verstoßen, ihre Zukunft solcherart im Unklaren zu lassen. Doch er hat mir das nie erklärt.)
Er natürlich: unerreichbar, Papiere per Post. Eine Paketbotin brachte sie mir, eine junge Frau, deren Motorrad schon auf einige Entfernung zu hören gewesen war, ich hätte sie gerne von der Maschine geholt, um sie mir aus der Nähe anzusehen, doch natürlich war der Außenkontakt anderen vorbehalten. Ich beobachtete ihre Interaktion mit jemandem aus dem Haus aus sicherem Abstand, stellte mir vor, wie sie wieder wegfuhr, in ihr Vorstadthaus wahrscheinlich, denn das ist nun mal die amerikanischste aller Wohnformen, ich konnte mir auch vorstellen, dass dort die Gärtnerin bei einer Flasche Wein auf sie wartete, aber das war zu schön, das kam nur daher, dass die Gärtnerin meinem Bild einer Lesbe so sehr entsprach, was aber mehr über mich sagt als über sie, und ich dachte, dass sie in Wahrheit vielleicht einen kleinen dünnen agilen Mann zuhause hätte, der ihrem Gehilfen ähnelte, und zahllose Kinder. Wie auch immer, sie alle hatten ein Leben, von dem ich dachte, dass sie sich relativ frei darin bewegen konnten. Ich verstand, was es war, das über mir hing: ein Bann, ich war aus jedem menschlichen Leben verbannt, und ich hatte den Bann selbst verhängt. Ich las die Unterlagen nicht einmal. Die sich nähernden und entfernenden Fahrzeuge, deren Motorengeräusch in regelmäßigen Abständen die Nächte durchschnitten, waren mir verschlossen – ich konnte nur feststellen, dass sich an der Regelmäßigkeit die Kontrollfahrten des Sicherheitsdienstes erkennen ließen und der Anspruch auf Legitimität.
Ich versuchte übrigens herauszufinden, welche Triebe die überflüssigen waren, und ich fragte die Gärtnerin, als sie wieder zwei von dreien entfernte, die ganz ähnlich aussahen, und sie sagte: man muss sich trauen, Entscheidungen zu treffen, dann kommt der Rest von allein.
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Als nächstes kam ein Anwalt. Ein höflicher, aalglatter Mann, der höchstens ein wenig zu angestrengt gut gekleidet war und in Begleitung des Jägermeisters erschien, und auf den hätte ich wirklich verzichten können. Der Jägermeister vermittelte auch nicht den Eindruck, als ob er sich in Bezug auf mich noch irgendwie zusammenreißen müsste, vielleicht stach das Auftreten des Anwalts auch nur deshalb so ab. Ich mutmaßte, dass der Jägermeister von der Yachtszene wusste, auch wenn die Angestellten eine Schweigeklausel unterschrieben, hinderte das doch nicht am internen Informationsaustausch. Doch darum ging es nicht, es ging um die Details eines vertraglich festzuhaltenden Kompromisses, und der umfasste als besonderes Zuckerl, so musste Duncan das sehen, das Angebot einer Wiederverheiratung, die meinen havarierten Ehefrauenstatus nahtlos in einen neuen überführen würde, von dem man zumindest hoffen konnte, dass er seetauglicher war. Das traf sich insofern gut, als dass es mir wenigstens die Mühe ersparte, über Lebensmodelle und berufliche Möglichkeiten nachzudenken. Versorgungstechnisch muss man sich rechtzeitig Gedanken machen, bevor die altersmäßigen Verfallserscheinungen die Einschränkung des Handlungsspielraums unumkehrbar machen.
Das Friedensangebot Duncans: Alexander und ein ganzes Turmstockwerk. Ich sah Alexander vor mir, schön und ehrgeizig und am Spielen interessiert und vor allem ganz woanders, das war Verlockung und auch das Problem, denn auf einmal sah ich klar, dass mir das windumschlossene Dünenhaus ans Herz gewachsen war und wohl auch die Gärtnerin, und wer weiß, vielleicht sogar das ewig missbilligende Gehabe des Jägermeisters; irgendwas in die Richtung muss ich gesagt haben. Und Duncan hat etwas gesehen, natürlich.
Ich gebe zu, es war beschämend, über die Rechtsvertretung an Alexanders Nummer herankommen zu wollen, sie gaben sie mir auch nicht, eine freundliche weibliche Stimme erklärte mir, dass mein Anliegen selbstverständlich weitergeleitet werden würde. Er rief recht schnell zurück: ich fragte ihn, warum er sich auf ein solches Geschäft einlasse, ob er völlig wahnsinnig und von allen guten Geistern verlassen sei, mich so überstürzt heiraten zu wollen. Nun, nicht ganz überstürzt. (Bezüglich des nahtlosen Übergangs hatte der Anwalt noch ausgeführt, das hieße natürlich unter Vorbehalt einer positiv verlaufenen Probezeit, deren Rahmenbedingungen in Einvernehmen beider Vertragsparteien festgelegt werden würden.)
Er habe seine Gründe, sagt Alexander. (Was da nebenbei noch im Portfolio war,
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