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Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
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Der Ringelei. Aus. Der knappgefassten reinen Kopfform gehört meine Zukunft. Duncan ist mir zum letzten Mal durch die Haare gefahren, und das war der Lohn für mein schlussendliches Wohlverhalten, dafür, dass ich doch Vernunft angenommen hatte, wie er das wohl ausdrückte.
    Die Rolle der Kinder in diesem Kontext muss noch einmal überdacht werden. Die Kinder. Sollten die jetzt nicht bei mir sein?

19
    Hab ich mir nicht vorgestellt, dass ich die Wohnung betreten werde mit den beiden, meine Wohnung, und dass ich, wenn die Kinder vorlaufen werden, ihnen nicht zu schnell nachfolgen darf in die Tiefe des Stockwerks, zu ihren Zimmern, die die Haushälterin ihnen zeigen wird; aber was habe ich mir nicht alles vorgestellt. Manches so bildhaft, so detailliert ausgeführt, dass ich mir die Vorstellung selbst für bare Münze abkaufe.
    Nicht zu viel Gefühl zeigen, habe ich mir gedacht, und dass er ansonsten die Kinder ertränken könnte, die Kinder eines anderen Mannes, damit ich Zeit habe, mich auf ihn zu konzentrieren, Wasser gibt es ja genug rundherum. Die Kinder vor meinen Augen ersäufen. Er dachte daran, und ich dachte an Löwenrudel (für neue Männchen sollten die Weibchen frei sein von Altlasten und Aufzuchtsverpflichtungen). Da war was in den Augen, das sich erst auf den zweiten Blick als Grausamkeit entpuppt. Eine Sackgasse. Sowas macht man unter Männern aus, wenn schon. (Warum ich immer wieder zur Tür zurück gehe, zur Eingangsszene, frage ich mich übrigens auch. Als ob ich mich nicht über die Schwelle trauen würde, Schwelle, auch so ein falscher Begriff, Schwelle gibt es hier keine.)
    Wo denke ich hin, die Kinder werden nachkommen. Rücksichtsvoll und vorausschauend hat Duncan uns, Alexander und mir eine Eingewöhnungsphase ermöglicht. Wir, das heißt ab jetzt: ich und Alexander, muss ich mir merken. Ich kehre zu dem letzten Blick zurück, vor dem Umdrehen, nachdem er mir die Akklimatisierung gönnt, der Ausdruck klingt nach Duncan, und statt den Kindern sehe ich dem Mann nach, von dem ich sicher sein kann, dass ich ihn noch heute haben können werde, was für ein sicheres Gefühl, das sich in mir da ausbreitet, eine sehr kurzfristige Form der Sicherheit, doch das ist mir recht. Kurz vielleicht betrachte ich die Frage, wie es wäre, wenn ich ihn nun doch nicht wollte, bei näherer Betrachtung, und ich stelle fest, habe ich das nicht schon bemerkt, wie dicht sein Haar ist, was nichts zur Sache tut, doch es gefällt mir, ich kann gar nicht sagen, wie sehr mir das gefällt: ein junger Mann. Sein nettes einnehmendes Gesicht, das offen scheint, aber ich denke jetzt schon, dass ich es besser weiß.
    Was weiß ich schon? Dass sie sich immer alle König nennen müssen. Aus heutiger Sicht ein wenig lächerlich. So ein Herrscher in einem europäischen steinzeitlichen Tal, der sich mit seinem Goldschmuck begraben lässt, Oberhaupt von hundertfünfzig, zweihundert Seelen, ein Warlord, ein Warlördchen genau genommen, eher der Chef einer der umsichgreifenden Nachbarschaftsbürgerwehren, einen König stelle ich mir anders vor.
    Rechts von meinem Turm, wenn ich nach vorne blicke, seewärts, backbord? eine zylinderförmige Öffnung im Boden, das Loch herausgerissenen (nein, noch einzupflanzenden) Hochhauswurzelwerks neben der Flussmündung, aus der zu einer anderen Jahreszeit, im Vorfrühling, grünes Wasser in den See strömt und sich rasch verläuft, und alles, was irisch ist, feiert. Da pirscht sich was heran.
    Den Nachmittag über lässt er mich warten, das ist gut, so kann ich mich an ihn gewöhnen oder wenigstens an den Gedanken an ihn und versuchen, mir die Details der Probezeitklauseln zu vergegenwärtigen, auf die unsere Anwälte sich schlussendlich verständigt haben. Ich nehme einstweilen mein Zimmer in Besitz, das zweite Schlafzimmer mit integriertem offenem Nassbereich, von dem aus man Bett und See im Blick behalten kann: der Pool am Schiffsdeck in gebührendem Abstand von der Kommandobrücke (dem Masterbedroom). Die Haushälterin unterstützt mich beim Einräumen. Sie kontrolliert und sortiert, und dennoch sieht der Schrankraum danach kein bisschen gefüllter aus (die bebilderten Beschreibungen finde ich nicht mehr). Eine tote Spinne liegt am Boden, als wäre sie absichtlich dort deponiert worden; so sauber sind die Oberflächen, dass man sich einen zufällig übersehenen Spinnenkadaver nicht vorstellen kann. Ich lege mich daneben, um die Staubfreiheit zu würdigen, seitlich, die Wimpern berühren den Boden,

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