Die Königin ist tot: Roman (German Edition)
die anderen beiden, schlecht gekleidet und entschieden: Bitte sagen sie, bitte und ziehen an mir (weit und breit kein Sicherheitsdienst), ich reiße mich los, kehre um und stelle erstaunt fest, wie klein der Turm schon geworden ist, der Vergnügungspark kaum noch zu erkennen, wo die Kinder wohl auf Beute lauern, überlege, wo die nächste U-Bahn-Station sein könne und suche eine Unterführung unter der Stadtautobahn, der breiten Seeuferstraße, die den Strand von der Stadt trennt und hinter der ich gesichertes Terrain vermute, wie ich darauf komme, verstehe ich nicht ganz, aber es heißt wenigstens, dass ich etwas tun kann. Da ich nicht auf solche Durchgänge, Strandausgänge geachtet habe, suche ich ziellos, gefolgt von den Kindern, und die werden mehr. In einem Fußgängertunnel, den ich schließlich finde zwischen einem leeren Beachvolleyballfeld und einer Imbissbude, stellen sie mich. Wie kann man auch so in die Falle laufen. Und während sie mit meinem Geld abziehen, spucken zwei oder drei von ihnen auf den Boden, ohne mich dabei anzusehen. Am Heimweg lache ich.
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Und dann steht er plötzlich wieder da, ein wenig schmutziger, ein wenig verbrauchter und verletzlicher, als ich ihn in Erinnerung hatte, doch körperlich unversehrt, ein schmuddeliger durchgebeutelter Anzugskrieger, frisch aus der Schlacht, und dass er deren Ausgang nicht erwähnt, interpretiere ich so, dass er gut war.
Seine Augen funkeln seltsam, als hätte er eine Tränenschicht auf der Pupille, doch das kann nicht sein, und ich bin so froh, ihn zu sehen, dass ich nur dastehe wie vom Blitz getroffen und meine Hand nach ihm ausstrecke. Dass ich ihn gar nicht erst ins Schlafzimmer bringe und schon im Vorraum sage, fick mich, bitte, und das tut er auch, während das Personal uns großräumig ausweicht, der Grundriss der Wohnung erlaubt Zirkelschlüsse.
Zuvor noch, während meine Hand seinen Körper berührt, verwundert anscheinend über die bloße Präsenz, die Gegenwart dieser muskelverkleideten Knochenstruktur, die sich der Handfläche entgegenstellt, berichtet Alexander stockend, mit trockenem Mund, dass Duncan in der Zwischenzeit plane, in die Übertragungsrechte der Weltmeisterschaften im Fliegenfischen zu investieren, daran denke ich, um dieser ersten Zeile zu entkommen, die eine zweite sucht, unfertig und vorwurfsvoll in der Luft hängt, diesem I will not be afraid of death and bane , das mich sonst in ungesunde Bahnen lenkt, mich dazu bringt zu denken, dass ich mich nicht vor dem Tod fürchte. Ich habe mich vertraut gemacht mit dem Tod, ich betrachte den Tod als stets einzukalkulierende Möglichkeit, meinen eigenen ebenso wie den der anderen, nein, ich fürchte mich nicht. Und er über mir, entschieden, schließt die Augen, während er fordernd und rhythmisch, ich weiß nicht, welcher Metrik er da folgt, in mich hineinstößt, die Augen hält er geschlossen, will mich nicht sehen, der Realität nicht ins Auge sehen, und doch fickt er mich mit einer Hingabe, die mich ihn mögen lässt, und von tiefer gelegenen Angelködern rede ich erst gar nicht. Ich sehe ihn an dabei. Der einzige Moment, in dem ich nicht allein bin in meinem Körper. (Wie schön muss es sein, verschluckt zu werden. Ganz.)
Das Vergehen der Zeit hat irgendwie dazu geführt, dass wir weniger ungeschickt sind, als hätten wir heimlich aneinander geübt, uns ausrüstungsmäßig aufeinander vorbereitet, dann sagt er: Stell dir vor, er will uns besuchen. Will sehen, wie wir uns so eingerichtet haben. Oder so. Und ich lache, wir sehen uns an, und da ist etwas, das ich schon einmal in seinem Blick gesehen habe, da ist eine brüchige Blickachse, die nur uns zugänglich ist. Wir verstehen einander, und das lässt mich an schimmernde Wasseroberflächen denken. Manchmal greife ich nach einer seiner Schultern, unter deren sanfter Rundung die Knochen eine deutliche Sprache sprechen.
Sonst wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind: seidenglatt gebettet. Und ich nicht mehr allein, nein, wir agieren jetzt gemeinsam, jetzt und immer, die gemeinsame Sache vereint uns auf ewig. Unser Tagesthema ist: nicht mehr allein. Nie mehr allein.
Da fing es wohl mit diesem Spiel an, das sich fast so hartnäckig festsetzt wie die Zweizeiler.
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Duncan verlieren wir nicht aus den Augen, können wir gar nicht. Auf allen Kanälen brummt er vor Glück und schwärmt von der Fischtechnik und der Qualifikation der Teilnehmer: jetzt erfahre ich mehr über Duncans Aktivitäten als je zuvor, und nur manchmal
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