Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

Titel: Die Königin ist tot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Flor
Vom Netzwerk:
Rücken vor mir, denke ich, er muss die zwei verwechselt haben, Türsteher und Portier, was er da geschildert hat, ist sicher Aufgabe des Portiers, nicht des Türstehers, aber die heißen hier wohl beide gleich. Wenn ich mich nur erinnern könnte, was der Haushofmeister genau gesagt hat. Und vielleicht hat Peter Anfälle ungeahnter Weichherzigkeit und Mitteilungsfreude, wenn ich nicht hinsehe.
    Dabei bin ich wohl zurückgefallen, Peter dreht sich um, ich lächle ihn an und stelle fest, dass Alexander eifersüchtig sein müsste, wenn er dieses Lächeln sähe, doch andererseits wüsste er ja auch, wozu er dient, dieser Gesichtsausdruck, der sich von innen so verloren anfühlt und zu allem bereit.
    Diesmal ist es die Lampe, die aus der Decke hängt: ein spritzgeschützt verankertes Scheinwerferchen, dessen Glas ich entfernt habe und das in der Folge aus seiner Verankerung gefallen ist. Ich hole ihm etwas zum Draufsteigen, keine Ahnung, wo hier eine Leiter ist, Beatrice wüsste das, doch Beatrice ist irgendwo anders, ich hole ihm also einen Hocker und bedaure es leicht, dass er Uniform trägt, deren Jackenstoff steif absteht. Er schafft es auch tatsächlich ohne Schwierigkeiten, den Leuchtkörper samt dem Glas anzuheben und wieder plan in der Deckenverschalung zu montieren. Als er sich umdreht, um mir den Vollzug zu melden, ist etwas Freudiges in seinem Blick.
    Ich verabschiede ihn durch die Hintertür, beim Versorgungsaufzug, und das geschieht ganz natürlich (ob er die Degradierung verspürt: Eingang Vordertür, Ausgang Hintertür? zu diesem Zweck sind Hintertüren schließlich erfunden worden). Ich könnte mir beinahe einreden, es geschähe absichtslos, hätte ich ihm nicht zuvor im Badezimmer noch, während der Auszahlung der durchaus großzügigen, doch im Rahmen des Angemessenen bleibenden Entlohnung nicht den Vorschlag gemacht, mich um 2:30 zu treffen, hier an der Hintertür. A.m., versteht sich. Mein einladendes Lächeln gerät etwas aus der Form, meine eigene Dummdreistigkeit ist mir auf einmal peinlich.
    Noch schlimmer: Im Grunde interessieren mich diese technischen Details nicht, sie sind langweilig und notwendig, das ist alles. Auf einmal – ich betrachte Peter schon ein wenig ungeduldig, die Verwunderung über mein Angebot ringt deutlich erkennbar mit der ihm eigenen Verachtung für mich, sein Blick schwankt – tut er mir leid. Dennoch erhöhe ich den Einsatz. (Wie komme ich dazu, auf ihn Rücksicht zu nehmen, er hat mir auch noch nie etwas geschenkt. Letztlich hat er sich die Sache selbst zuzuschreiben, da kann man gar nichts machen.) Wenn er im Lift verschwunden sein wird, wird es Zeit zu handeln: jetzt führt kein Weg mehr dran vorbei, dass ich handle, dabei ist dieses Handeln für sich genommen noch recht unschuldig. Doch wer will hier von Schuld oder Nichtschuld reden. Wir tun, was nötig ist. Du allen voran.
    Peters glattlaufender Bewegungsapparat, dessen Oberflächentextur ich nur ahnen kann, ist gemacht für ein besseres Leben. Der Körper bewegt sich mit einer Zuversicht, die ich zum ersten Mal so eindeutig erkennen kann und die den Umständen nicht angemessen ist, und tonlos rate ich ihm zu gehen und heute Nacht nicht wiederzukommen (ich kann es nicht lassen). Sobald er im fahrlässig unbewachten Fahrkorb verschwunden sein wird, gebe ich meine Warteposition an der Türe auf. Im Grunde will ich ihm nichts wirklich Böses, und doch: Nichts könnte menschlicher sein als das Töten. Die Milch der Menschlichkeit ist meistens unbekömmlich. Diesbezüglich bin ich sicher. (Die Tür klemmt, werde ich zum Haushofmeister später sagen. Ich weiß das, ich habe dafür gesorgt, dass die Hintertür zum Gästetrakt klemmt. Er wird mich vorwurfsvoll betrachten, wie üblich die Luft einziehen und dann die Tür aufbrechen. Ich werde sie vorsichtig wieder anlehnen.)
    Wenn wir handeln wollen, führt kein Weg mehr daran vorbei, es jetzt zu tun, und ich bin Peters verschwundener Rückensilhouette, die ein Negativbild (hell leuchtend) im Raum zurückgelassen hat, böse, dass er sich so schnell auf dieses Geschäft eingelassen hat, das er sich für heute Nacht verspricht (mich endlich kleinzukriegen?). Ein wenig mehr Widerstand hätte ich schon erwartet, und er hätte die Freude vergrößert, die ich mir im Fall des Gelingens in Aussicht stelle. Wir tun es, weil es denkbar ist. Dabei ist die nun folgende Operation als solche auch noch relativ harmlos, Sachbeschädigung, von mir aus. Es hat mich ein paar Radsitzungen

Weitere Kostenlose Bücher