Die Königin ist tot: Roman (German Edition)

gekostet, den Verlauf vorzuzeichnen, während die Fahrradnachbarin über unterirdische Gewächshäuser für den Nahrungsmittelanbau spricht; leider bin ich nicht so schnell, wie das zu wünschen wäre. Den richtigen Zeitpunkt abwarten, zurück in die Wohnung, was heißt Wohnung, Residenz nennt man so was, Anwesen, Bergfried, die richtige Kapuze unter Verwendung von Gummihandschuhen überziehen und das Kameraauge, vor dem Hintereingang aus dem Hinterhalt einschlagen ist glücklicherweise leicht (der Kieselstein mit Vorsatz eingesteckt). Und auf den letzten Bildern nur ein schemenhafter schwarzer Schatten, ein dunkler und entschiedener Geist höchstens, die Kapuze selbst, frei verfügbare Halloweenrequisite, wird wohl nicht erkennbar sein, so denkst du dir das.
    Und dann spielen wir ein kleines gaumenkitzelndes Spiel um die Entsorgung der Kapuze. Das haben wir uns für gute Zeiten aufgehoben, Alexander eröffnet:
    Vom Dach sollten wir sie fallen lassen, schlägt er vor, ich nicke. Zugang mit dem Dienstleistungsschlüssel des Haushofmeisters? Was heißt hier Schlüssel: Chip?, wie auch immer, improvisiere ich, brillant, sagt er freudig, der Weg von Kameras gepflastert, legt er verfinsternd nach: keine gute Idee. Nein, kühner, raffinierter, schlichter (jetzt übernehme ich): als Teile eines der gängigen Erotikkostüme in den Inhalt des Schrankraums integrieren, er lacht: Uniform von Henkern und Mönchen. Allerdings, gibt er zu bedenken, müssten wir dann ein reicheres Kostümsortiment zu bieten haben, um diese spezielle Verkleidung natürlich wirken zu lassen, das hätte man rechtzeitig bedenken und vor allem die Bestandteile rechtzeitig einbringen müssen. Nein, das geht nicht.
    Durch einen der Lüftungsschlitze unter den Fenstern? Um den Stein gewickelt, damit der Luftwiderstand überwunden werden kann? Faserrückstände, kontere ich, wir haben schließlich alle unsere forensischen Hauptabendserien gesehen. Selbst dann (er legt an Tempo zu): nicht DNA-kontaminiert! Was beweist das schon? So geht das hin und her, wir haben unseren Spaß und sind uns einig, dass alles in eine Richtung deutet, und zwar in die von uns vorgesehene, als wir schließlich dem friedlich im letzten Abendlicht dahinsegelnden Stück Stoff nachsehen, das sich gerade rechtzeitig vom Stein gelöst hat, um abzuheben und sich vom Luftstrom tragen zu lassen. Ich bin von der Eleganz dieser Lösung angetan, den Stein sind wir auch gleich losgeworden, und was wir getan hätten, wenn der nicht durch den Lamellenzwischenraum gepasst hätte, will ich mir gar nicht ausdenken. Das Bild ist lange nicht so poetisch, wie ich mir das gedacht habe, fast bin ich enttäuscht, doch dann bläst eine leichte Böe das schwarze Flugobjekt, das man mit etwas Fantasie für einen Raben halten könnte, vom Turm in Richtung See, in Richtung der unter der Oberfläche lauernden Absaugeinrichtungen für die Wasserversorgung der Stadt.
    Irgendwas mit Vogelflug und Vorzeichen, sagst du (bird of good-omen?), und ich antworte, dass man gute Omen nehmen müsse, wie sie fliegen: das sinkende Niveau ist der begreiflichen Anspannung geschuldet. Ich frage mich, ob es hier schwarze Seevögel gibt, und bin mir sicher, dass ich das dunkle Stück Stoff auf der Wasserfläche aufkommen sehe, ganz ohne Möwenschrei, sich vollsaugen, sinken, doch ich weiß schon, dass mir das Wunschdenken wohl einen Streich spielt. Er greift nach meiner Hand, wir halten uns kurz vor Augen, dass noch nichts geschehen ist und auch, dass wir jederzeit umkehren können, doch wir haben ein Ziel, erinnerst du dich? (Wir tun einfach so, als wäre nichts geschehen, das ist in jedem Fall nötig.) Die Finger flattern elektrisch unter der feuchten Haut, ich hebe seine Hand zum Mund und küsse behutsam den Handrücken, dann die schwitzende Handfläche, bis er sie mir entzieht. Vergiss die Arbeitshandschuhe nicht.

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    Er hat Angst, natürlich hat Alexander Angst, und ich bin froh, dass ich sie in ihm beben spüre. Sonst wäre er unmenschlich, übermenschlich, was immer das ist. Er hat Angst, doch er wird sich von ihr nicht beherrschen lassen. Wir ziehen ganz banale Vorteile aus dem Ende anderer (und das Wasser steigt im Inneren des Turms hoch, wird durch die Aufzugsschächte hinaufgezogen wie in einer Haarröhre, steigt und löscht und erreicht schließlich das oberste Geschoß, dessen Dach es abhebt wie die Verstöpselung eines Ölbohrlochs, und schießt in die Höhe, doppelt auf doppelte Turmhöhe vielleicht wächst die