Die Königin ist tot: Roman (German Edition)
begriffen, dass er mir in die Hände spielt, hat das große Ganze nicht gesehen, immer im Windschatten der Kameras, und die, auf die es ankommen könnte, vorsorglich von mir geblendet. Ich komme dazu, frisch geduscht und behelfsmäßig seidengegürtet. Peter entdeckt das sanfte Schimmern einer Messerklinge auf dem Boden neben dem fürstlichen Gästebett mit einem Aufschrei, dessen helle Schärfe obszön nachklingt, und ehe ich seinem Blick folgen kann, sieht er mich an, und ich denke, dass er in dem Moment begreift, während der Haushofmeister (aus dessen Griff er sich entwunden hat) vor sich hin summt. Kein Ort für Küchenmesser, schon gar nicht für schmutzige. Das Bett übergehe ich noch mit Blicken, noch bin ich nicht bereit, mich auf das einzulassen, was mich dort erwartet: der unumgängliche Schlachthauscharakter des Arrangements.
Ich ertappe die beiden auf frischer Tat, könnte man sagen, und das werde ich auch tun. Vorausschauend und zu meiner eigenen Sicherheit bin ich mit einem Revolver bewaffnet, der allerdings nicht geladen ist, wie ich der Polizei zeigen werde. Waffen sind mir ein Greuel, ein Umstand, der meiner handzahmen europäischen Sozialisation geschuldet ist, wie ich schulterzuckend und ein wenig verständnisheischend ausführen werde. Ich verwende sie nur im äußersten Notfall, und diesmal, wie sich zeigte, nicht umsonst, unbedingt erforderlich, um die beiden Verdächtigen in Schach zu halten, den Wächter und den Haushofmeister, die augenscheinlich gemeinsame Sache gemacht haben.Ob die politisch war oder rein kriminell, wird sich zeigen.
Um Peter tut es mir ein wenig leid; ich erinnere mich an ein erstes verhaltenes Lächeln an der Hintertür. Das muss früher am Tag gewesen sein. (Ob er sich gefreut hat auf die Verabredung? Ob er jemandem davon erzählt hat? Macht keinen Unterschied, lässt sich als Schutzbehauptung deuten.) Dennoch wähle ich die Notrufnummer, geschockt von den endlich zur Kenntnis genommenen Spuren des rohen Gewaltausbruchs: ein geschächteter Duncan, ausgeblutet durch einen von ruhiger Hand gesetzten Schnitt am Hals. Alexander muss dem hochschießenden Strahl geschickt ausgewichen sein, ich kann nicht umhin, sein Können zu bewundern, und mein Gefühl für ihn wächst.
Das Wasser steigt im Turm; ich höre es flüstern in den Leitungen, als ich, das Heft noch so fest in der Hand, dass die Knöchel weiß werden, auf das Auftauchen der Behördenvertreter warte, während der hauseigene Sicherheitsdienst und die endlich alarmierten Leute Duncans (Alexanders Grinsen ein wenig zu euphorisch) die ruhiggestellten Gefangenen und vor allem einander eifersüchtig beobachten. Vorher noch sage ich Stuart Bescheid, das ist natürlich, man kennt sich schließlich, das ist bekannt, er hört mir zu. Ich erzähle ihm erschüttert von dieser Greueltat in unserer Wohnung – in der Wohnung, die Duncan so sehr geliebt habe, das erwähne ich unter Tränen, nach denen ich mich schon gesehnt haben muss, so üppig überschwemmen sie mich –, unter unseren Augen gewissermaßen, und wir schon im Bett, es hätte nicht viel gefehlt und wir wären alle von unseren Dienstboten erschlagen worden, aus Neid, Gier, Rache, was wisse man schon. Stuart sorgt umgehend dafür, dass Archivbilder der beiden Verdächtigen publiziert werden (aus irgendeiner freiwillig befüllten online-Datenbank, einem sozialen Netzwerk, alumni-Verein, was auch immer), wobei natürlich darauf hingewiesen wird, dass die Unschuldsvermutung gilt. Der Mord am Spender am Tag der Weihnachtsbaumentzündung, das hat dann doch ein gewaltiges emotionales Potential. Mit der Unschuldsvermutung ist das so eine Sache.
Das obszön Schmutzige eines leblosen Körpers verstört (ich habe wohl doch hingesehen). Warum die Evolution für das Sterben keine saubere Lösung entwickelt hat? Warum der Tod immer so ein Ärgernis sein muss für die mit den Überresten Übriggebliebenen? Diese Frage beschäftigt mich, während jemand auf Antwort wartet, einer der Beamten, die sie uns schließlich geschickt haben, und das dauert, was gut ist, die Zeit spielt für uns, ich denke an stockendes Blut und auch an Stuart, und diesmal dankbar. Ich sage, ich hätte geschlafen (das Toben des Haushofmeisters im Hintergrund, von Peter hört man nichts). Der Polizist sitzt uns auf einem zur Couch passenden Möbelstück gegenüber, das Leder immer noch makellos, wir passen gut zueinander, Alexander und ich, und er sagt, er habe etwas gehört, das ihm jetzt, bei genauerer
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