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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Aquitanien. Es war ein grausamer Feldzug, bei dem die Brüder und ihre Männer überall Angst und Schrecken verbreiteten. Sie verwüsteten Städte und Gärten, schleiften Mauern und verbrannten Anwesen mitsamt den Menschen, die sich darin verschanzt hatten. Am meisten litten die Bauern und die Landbevölkerung. Obstbäume wurden gefällt, Scheunen ausgeraubt, Brunnen zugeschüttet, Rinder vertrieben und Kornfelder vernichtet. Mit gar nicht sanfter Stimme befahl Karlmann, Aufständische zu enthaupten, sie zu vierteilen, zu pfählen oder ihnen bei lebendigem Leib die Gedärme herauszuziehen. Wer es wagte, den Brüdern öffentlich das Recht auf ihre Machtstellung zu bestreiten, oder sie gar ›Söhne eines Bastards‹ nannte, starb eines qualvollen Todes. Jedesmal, wenn Karlmann einem Edlen, der sich im Kampf besonders ausgezeichnet hatte, ein noch im Kirchenbesitz befindliches Landgut in Aussicht stellte, verdrängte er dabei mühsam sein schlechtes Gewissen: Er hatte Erzbischof Bonifatius schließlich versprochen, den Klöstern ihr Eigentum zurückzugeben und ihnen nicht noch mehr Güter zu rauben. Allerdings hatte er offengelassen, wann dies geschehen sollte, und es bestand ja immerhin die Hoffnung, daß manch derartig Beschenkter das Ende der Metzelei nicht mehr erleben würde.
    In Vieux-Portier feierten Karlmann und Pippin ihren Sieg über die Aquitanier und teilten das gesamte Reich neu unter sich auf. Pippin erhielt den südlichen Teil Austriens, den Abschnitt Neustriens zwischen Seine und Loire, sowie Burgund, die Provence und das Elsaß, während Karlmann künftig über das nördliche Austrien und über jenen Teil Neustriens regieren würde, der bis zur Seine reichte.
    Lange konnten sie sich ihrer Eroberung allerdings nicht erfreuen, denn wie erwartet verwahrte sich der Bayernherzog Odilo gegen eine derartige Zusammenballung der Macht. Er sah die Pfründe seiner Gemahlin Hiltrud, immerhin eine Schwester der siegreichen Brüder, gefährdet und verlangte Genugtuung für den Schimpf, den sie seiner Cousine Swanahild angetan hatten, der letzten Gemahlin Karl Martells, und dem enterbten Grifo. Odilo heuerte sächsische, alemannische und slawische Hilfstruppen an, doch seine Bestrebungen, den Siegeszug der Karlssöhne aufzuhalten, endeten abrupt am Lech. Die Franken erzwangen den Flußübergang und schlugen die bayerischen Truppen vernichtend. Odilo und seinem Verbündeten, dem Alemannenführer Theudebald, blieb nur noch die Flucht und danach das ohnmächtige Zähneknirschen, denn beide mußten sich beim Friedensschluß wieder der fränkischen Oberhoheit unterstellen.
    Es war eine Zeit der Reisen und Schlachten, die es Pippin nur selten erlaubte, zu seiner Gemahlin zurückzukehren, die sich in Saint Denis eingerichtet hatte. Nicht, daß er große Sehnsucht nach ihr gehabt hätte, schließlich mangelte es ihm unterwegs keinesfalls an weiblicher Aufmerksamkeit. Aber es war unerläßlich, daß er so bald wie möglich einen Erben zeugte. Sonst würde nach seinem Tod sein Teil des Reiches an Karlmanns Sohn Drogo gehen.
    Er war etwas enttäuscht von der Frau, die ihm nicht nur als schön, sondern auch als klug und kühn geschildert worden war. Gerade letztere Eigenschaft hatte ihn zu seinem Brautwerben angeregt. Er kannte schon viel zu viele schöne Frauen, die ausreichende Beschäftigung darin fanden, sich selbst und ihre Garderobe sorgfältig zu pflegen. Sicher, es war ein Vergnügen, diese edlen Geschöpfe zu betrachten, ihre zarte Haut zu berühren und ein paar erbauliche Stunden mit ihnen zu verbringen, aber nach einer gewissen Zeit langweilte er sich mit jeder von ihnen. Er sehnte sich nach einer Gefährtin, die bei einem wilden Ritt durch den Wald nicht um ihre Haare besorgt war, die ihm nicht zärtlich den Finger auf die Lippen legte, wenn er laut über die Verwaltung seines Reichs nachdachte, und die vielleicht sogar so kühn war, ihn auf Feldzügen zu begleiten. Eine Frau, die den Kopf nicht nur zu huldvollem Nicken nutzte, sondern auch bestrebt war, ihn mit Wissen zu füllen, eben eine Frau so schön, klug und kühn wie die römische Göttin Diana. All dies bot ihm seine Gemahlin nicht. Sie war genau wie alle anderen Frauen auch. Nichts erfreute sie mehr als reich verzierte neue Schuhe, in die sie ihre – zugegebenermaßen sehr niedlichen – kleinen Füße stecken konnte. Also ließ er ihr Schuhe anfertigen und wechselte selbst weiterhin so unbekümmert wie vor der Ehe seine Bettgenossinnen.
    Immer wieder

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