Die Königsmacherin
ihr zu: »Sei froh, Kind. Niemand wird morgen ein blutiges Laken sehen wollen.«
Erst da begriff Bertrada, daß dies ihre Hochzeitsnacht werden sollte. »Nehmt mich mit Euch!« flüsterte sie verzweifelt zurück. Doch ihre Großmutter schüttelte den Kopf. »Du wirst jetzt lernen, mit deinem Gemahl umzugehen.«
Die ›Gemächer‹ bestanden aus jenem Gastzimmer der Abtei, in dem Bertrada drei Jahre zuvor Karlmann zum ersten Mal gesehen hatte. Unvorstellbar, daß sie damals vor seinem Gesicht Angst hatte! Das lag wohl an der Narbe. Pippin hat auch Karlmann eine Wunde geschlagen, deren Spur nie verheilen wird.
Pippin setzte sich auf das Bett, in dem sie sich damals von ihrer langen Wanderung erholt hatte, und bemerkte freundlich: »Komm zu mir, mein wahres Weib!«
Bertrada blieb an der Tür stehen.
»Schaut mich genau an!« forderte sie Pippin auf.
»Das tue ich schon die ganze Zeit«, erwiderte er. »Und mir gefällt, was ich sehe.«
»Ich weiß«, erwiderte sie hart. »Es hat Euch damals auch gefallen.«
Pippin legte sich zurück und starrte an die Decke. Sie wollte sich zieren? Auch das kannte er. Sehr ermüdend. Diese Frau würde ihm nichts Neues zu bieten haben. Doch was hatte sie soeben gesagt? Damals? Er richtete sich wieder auf.
»Wovon sprichst du, Bertrada?«
»Von einem sehr heißen Tag vor drei Jahren«, gab sie zurück. »Als Ihr Eurer Braut entgegengeritten seid und an einem kühlen Bach ein kleines Abenteuer erlebt habt.«
Es wollte ihr schier das Innere zerreißen, doch sie hielt sich aufrecht.
»Ach das!« Pippin lachte und ließ sich wieder auf das Bett zurückfallen. Er war wohl beobachtet worden, als er sich mit der entzückenden Badenden vergnügt hatte, und jemand hatte seiner Braut darüber Bericht erstattet. Hatte sie deshalb vielleicht selbst den Kleidertausch angeregt? Ja, das würde zu einem solch verwöhnten Mädchen wie ihr passen. Zu solch einer zimperlichen, unberührten Grafentochter, die bei der Lektüre von Homers Odyssee – ein Lieblingsbuch seiner verstorbenen Mutter, erinnerte er sich – immer nur daran dachte, daß der Held es verdiente, so schlecht empfangen zu werden, da er in den Jahren seiner Irrfahrt seine Gemahlin unzählige Male betrogen hatte, während diese keusch auf ihn wartend das Leichentuch für ihren Schwiegervater webte. Wie hätte Bertrada ihn ausgelacht, wenn er sich derart erniedrigt hätte, die Tochter einer Amme als seine Braut zu begrüßen! Daß dieser Streich mißlungen war, hatte sie in ihrem Bericht nicht erwähnt. Aber er würde es ihr nicht nachtragen, denn sie hatte dafür lange genug büßen müssen. Jetzt erst begriff er, weshalb sie in all den Jahren nicht ein einziges Mal versucht hatte, sich ihr Recht zurückzuholen. Sie hatte sich geschämt, weil sie ihn der Lächerlichkeit hatte preisgeben wollen!
»Ach das!« wiederholte er immer noch leise lachend.
»Ach was?« fragte Bertrada aufgebracht zurück.
»Das war doch völlig unbedeutend!« sagte er fröhlich. »Du wirst mir doch nicht etwa nach drei Jahren noch vorhalten, daß ich mir an einem Bach das nahm, was sich jeder andere Mann an meiner Stelle auch genommen hätte!«
»Ich halte Euch lediglich vor«, sagte Bertrada mühsam, »daß Ihr Euch an jenem Bach vor drei Jahren etwas genommen habt, das mir gehörte. Das Kind ist übrigens gestorben.«
Pippin setzte sich wieder auf.
»Wovon redest du?« fragte er unsicher.
»Davon, daß Ihr die heutige Nacht auf dem Fußboden verbringen werdet. Erhebt Euch von diesem Bett, Herr Pippin!«
Er stand tatsächlich auf und trat völlig verdutzt einen Schritt auf sie zu.
Abwehrend streckte sie die Arme aus.
»Welch ein vorzügliches Zeichen, eine Jungfrau!« zitierte sie. »Wißt Ihr noch?«
Er konnte sich nur dunkel erinnern.
»Stellt Euch da hinten in die Ecke!« befahl ihm Bertrada.
Der Herr des Frankenreichs tat widerstandslos, wie ihm geheißen.
Bertrada warf ihren Umhang ab, zog sich das Kleid über den Kopf und schleuderte die Schuhe von den Füßen.
»Seht mich an!« forderte sie ihn auf.
Der Herr Neustriens konnte sich nicht daran erinnern, wann er sich zuletzt so unbehaglich gefühlt hatte. Er traute sich kaum, die Lider zu heben.
»Seht mich genau an!«
Er schwieg immer noch, wagte es nicht, ihr den Gehorsam zu verweigern. Sein Blick schweifte über ausladende Brüste und eine schmale Mitte hin zu langen kräftigen Beinen. Er sog leise die Luft ein. Vor ihm stand die kühne Frau, die er in seinen Träumen so
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