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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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die sie zuvor dort nie gesehen hatte.
    »Ich verstehe nicht ganz.« Bertradas Vater schüttelte den Kopf. »Wie soll denn alles Geschehene ungeschehen gemacht werden?«
    »Was ist denn da so schwer zu begreifen!« fuhr Frau Berta ihren Sohn ungeduldig an. »Die falsche Bertrada, ihre Mutter und deren Mann finden den Tod. Unsere Bertrada nimmt den ihr zustehenden Platz ein. Und nichts ist geschehen.« Sie beugte sich leicht vor. »Wie ähnlich, Herr Pippin, sind sich denn die beiden Damen?«
    »Oberflächlich betrachtet sehr ähnlich«, erwiderte der Hausmeier.
    »Aha!« schnaubte Frau Berta und schenkte ihrem Sohn einen vernichtenden Blick. Sie legte eine Hand auf Frau Giselas Arm. »Wenigstens bei dir hat er sich als würdiger Sproß unseres Hauses erwiesen. Ansonsten, fürchte ich, läßt seine Wahl oft zu wünschen übrig, wie wir ja jetzt zur Genüge erleben durften, aber darin ist er seinem Vater eben nicht unähnlich …«
    Frau Gisela schluchzte laut auf. Als sie sich erhob, sprang Bertrada ihr zur Seite. »Es ist die Milch, Mutter«, murmelte sie, »nur die Milch und das Bett. Wenn sich zwei Menschen, wie Leutberga und ich, das ganze Leben lang ein Bett teilen, dann beginnen sie sich eben irgendwann zu ähneln. Komm, Mutter, komm …« Und damit führte sie Frau Gisela aus dem Saal.
    »Es ist vielleicht besser, wenn die Frauen beim weiteren Verlauf dieser Verhandlung nicht zugegen sind«, meinte Pippin, was Frau Berta zu Recht als Kompliment auffaßte.
    Bertrada stützte ihre Mutter, bis sie das große Gebäude verlassen hatten. Dann löste sich Frau Gisela abrupt von ihr.
    »Danke, mein Kind, aber ich muß jetzt das Bier und den Wein loswerden. Wo werden wir von keinen Mönchen beobachtet?« fragte sie kalt.
    Sprachlos starrte Bertrada ihre Mutter an. »Aber, Mutter«, sagte sie mit Kleinmädchenstimme, »was da eben gesagt wurde …«
    »Sprich nicht mit mir wie mit Mima«, wies ihre Mutter sie scharf zurecht und stellte sich hinter einen großen Baum. »Ich habe nichts erfahren, was mir nicht schon seit langem bekannt ist.«
    »Mima …«, begann Bertrada erschüttert. Eine solche Härte hatte sie noch nie in der Stimme ihrer Mutter gehört.
    »Mima«, unterbrach ihre Mutter, »hatte vernommen, daß ich deinem Vater offenbar kein Kind schenken konnte. Und so kam sie mit einem Korb voller Eier zu uns auf den Hof und wackelte mit dem Hinterteil, als ob sie selbst die Eier gelegt hätte, und ich vermute, dein Vater hat das tatsächlich auch geglaubt. Jedenfalls mußte er unbedingt nähere Bekanntschaft mit einem solch fruchtbaren Unterleib machen.«
    Fassungslos starrte Bertrada auf das kleine Rinnsal, das unter dem weiten Kleid ihrer breitbeinig dastehenden Mutter hervorfloß. »Und weißt du, was nicht einer gewissen Komik entbehrt?« fuhr Frau Gisela unbeirrt fort, »daß du dich ausgerechnet zu jenem Zeitpunkt angemeldet hast, da die Hühner der ehrenhaften Frau Mima besonders viele Eier lieferten. Aus einem davon ist dann dieses kleine Miststück Leutberga gekrochen. Als ich sie zum ersten Mal sah, hätte ich sie fast erschlagen. Oder ganz langsam erwürgt. Ich hätte es tun sollen. Statt dessen habe ich huldvoll gelächelt, den Bastard und die Buhle in meinem Haushalt aufgenommen und so getan, als ahnte ich nichts. Was meinst du, wie oft ich mit dem Kissen in der Hand vor eurem Bett stand, während ihr beide selig schlieft. Wie gern ich diesem widerwärtigen Geschöpf den Atem abgeschnitten hätte! Aber dann habe ich immer an dich gedacht. Wie erschreckt du sein würdest, wenn du neben deiner toten Freundin aufwachst. Ich hätte es wirklich tun sollen. Zurückhaltung kann ein Fehler sein, merk dir das, mein Kind. Und jetzt gesellen wir uns wieder zu den anderen. Wir müssen schließlich wissen, wie es weitergeht, oder nicht?«
    Entgeistert blickte Bertrada der Gestalt ihrer Mutter hinterher. Sie mußte sich verhört haben. Die sanfte Frau Gisela, die sich immer weigerte, den Pfählungen beizuwohnen, und die dank ihres barmherzigen Gemütes ihren Mann so oft davon überzeugen konnte, Diebe mit dem Abhacken einer Hand davonkommen zu lassen, anstatt sie aufzuknüpfen, konnte doch unmöglich diese Sätze gesprochen haben! Ein Dämon mußte sich ihrer bemächtigt haben. Das war die einzige Erklärung.
    Schon draußen vor der Tür vernahmen die beiden Frauen, daß Frau Berta das Wort ergriffen hatte, aber das Gesagte war nicht zu verstehen.
    Bertrada stieß die schwere Tür auf.
    »Es scheint sich ja

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