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Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
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umarmen, trat sie einen Schritt zurück.
    Er ließ sich die Zurückweisung nicht anmerken, sondern hielt ihr galant einen freien Stuhl hin, als habe er sein ganzes Leben nichts anderes getan, als Frauen zu Diensten zu sein.
    Sie setzten sich.
    Ein Kellner kam an den Tisch. »Möchten Sie schon etwas trinken?«, fragte er höflich.
    »Ich habe einen Chablis bestellt.« Steffen hob sein Glas am Stil hoch.
    Sie zögerte. Sowohl der Kellner als auch Steffen sahen sie geduldig an.
    Sie zeigte auf die Karte. »Sancerre.«
    Als der Kellner ihr eingeschenkt hatte, hoben sie ihre Gläser.
    »Chablis, süß und fies«, sagte Lena.
    Er zog die Augenbrauen hoch. »Sancerre, bös und unfair.«
    Sie drehte das Glas zwischen ihren Fingern.
    Er sah sie nur an.
    »Wir hatten eine Verabredung«, fuhr sie fort. »Ich bin unter der Bedingung gekommen, dass du mir sagen würdest, wer deine Quelle ist.«
    »Fartein Rise«, gab er unumwunden zu.
    »Beweise es«, sagte sie.
    »Was soll ich beweisen?«
    »Gib mir einen Beweis dafür, dass es Rise war, der dir den Tipp mit Shamoun, Vestgård und dem gemeinsamen Kind gegeben hat! Wegen dieser Sache bin ich suspendiert worden. Deine Behauptung reicht nicht. Ich brauche Beweise.«
    Steffen fuhr mit der Hand in die Innentasche seines Jacketts, zog ein Dokument heraus und reichte es ihr.
    Lena faltete die Papiere auseinander. Es war Vestgårds Aussage. Der gleiche Text, den sie Lena und Rindal bei Rechtsanwalt Irgens vorgelesen hatte.
    »Du lügst schon wieder«, sagte Lena.
    Er sah sie nur an.
    »Das Dokument, das ich ins Archiv gegeben habe, wurde von mir persönlich abgestempelt. Diese beiden Seiten sind blank. Kein Stempel. Das hier ist keine Kopie meines Dokuments. Fartein Rise kann dir das hier nicht gegeben haben.«
    Er sah auf die beiden Seiten hinunter, ohne etwas zu sagen.
    Lena faltete die Papiere wieder zusammen und steckte sie in ihre Tasche.
    »Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat«, sagte Steffen. »Aber ich weiß jedenfalls, von wem ich sie habe. Von Rise.«
    Sie sah ihm in die Augen. »Ich glaube dir nicht«, sagte sie kühl.
    Er hob resigniert beide Arme. »Dann eben nicht!«
    Als wäre ich hier diejenige, die gelogen hat, dachte Lena und sagte: »Dann erzähl mir von Rises Vorgeschichte. Warum füttert er dich mit Informationen? Was hast du gegen ihn in der Hand?«
    »Fartein Rise hat ein krankes Kind.«
    Endlich sagte er etwas Wahres.
    »Es gibt eine Klinik in Deutschland«, sagte Steffen und rieb Zeigefinger und Daumen aneinander. »In der Nähe von Frankfurt. Naturtherapie. Blutreinigung und alles. So genannte umstrittene Medikamentierung. Keine Unterstützung durch die Krankenkasse. Das Ganze muss Rise selbst bezahlen. Diese Klinik kostet Geld.«
    »Du bezahlst Rise für die Informationen?«
    Er antwortete nicht.
    »Weiß dein Chefredakteur davon?«
    Steffen sah sie nur weiter stumm an. Seine Hand suchte nach ihrer. Eine kurze Sekunde lang sah sie auf diese Hand hinunter. Grüne und blaue Zahlen und Buchstaben, mit Kugelschreiber geschrieben. Das erinnerte sie an etwas, das sehr lange her war. Sie lächelte leicht. Wollte schon wegsehen, schaute aber noch einmal auf die Hand:
    Ein Handrücken voller Kugelschreiberschrift. Zahlen und Buchstaben in blauer und grüner Tinte. Zahlen, die sie schon einmal gesehen hatte. Wo hatte sie diese Zahlen gesehen? Es war eine Telefonnummer. Es war eine Nummer, die sie selbst schon gewählt hatte.
    Es war die Nummer von Bodil Rømer – der Mutter des Mannes, der versucht hatte, sie zu töten.
    Eine Sekunde lang stand die Welt um sie herum still. Die Geräusche verstummten. Der Kellner, der auf den Nachbartisch zu ging, bewegte sich nicht.
    Der Moment dauerte nur eine Sekunde. Aber er musste es bemerkt haben. »Was ist los?«, fragte er.
    Lena stand auf. »Bin gleich wieder da«, sagte sie, schob sich die Tasche unter den Arm und ging durch die Glastür. Dahinter blieb sie stehen und holte tief Atem. Steuerte dann direkt auf die Garderobe zu. Gab dem Mann hinter dem Tresen eine Münze, griff ihren Mantel mit beiden Händen und wankte hinaus.

DIENSTAG, 22. DEZEMBER
1
    Sie folgte ihm mit raschen Schritten, den Blick starr an seinen Rücken geheftet. Sie erhöhte ihr Tempo, um aufzuholen. Der Mann ging immer schneller, der Abstand wurde nicht kleiner. Lena begann zu laufen. Sie kam näher. Sie streckte die Hand aus, um ihn an der Schulter zu packen. Sie schaffte es nicht. Er kletterte in das Führerhaus eines Lastwagens. Der Mann trug

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