Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Die Kommissarin und der Tote im Fjord

Titel: Die Kommissarin und der Tote im Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Ola Dahl
Vom Netzwerk:
in Oslo befand und nicht in Bergen.
    Gunnarstranda kannte nur die Hausnummer, in welcher Etage Rise wohnte, wusste er nicht.
    Der Hauseingang war der mittlere in dem Hochhaus, das am nächsten an der Bahnlinie und am Wald lag.
    Als Gunnarstranda unten klingelte, passierte gar nichts. Als er zum zweiten Mal auf den Klingelknopf drücken wollte, wurde die Eingangstür von zwei Jungen in etwas zu großen Jacken geöffnet, die ihrem Aussehen nach aus dem mittleren Osten stammten. Beide grinsten und warfen sich bei seinem Anblick einen viel sagenden Blick zu.
    Gunnarstranda trat ins Treppenhaus. Es roch nach Bratöl. Der Fahrstuhl stand unten. Er stieg ein und drückte auf den obersten Knopf. Oben stieg er aus und machte sich zu Fuß auf den Weg nach unten. Er las die Namensschilder an allen Türen, Etage für Etage. Dummerweise hatten manche der Bewohner kein Namensschild an ihrer Tür.
    Auch Fartein Rise nicht. Aber Gunnarstranda erkannte die Motorradstiefel wieder. Sie standen säuberlich geparkt auf einer Plastikmatte vor einer Tür im vierten Stock.
    Gunnarstranda klingelte.
    Nichts geschah.
    Gunnarstranda sah auf die Uhr. Es war eine halbe Stunde nach Mitternacht. Er war müde und ungeduldig. Also zog er seinen Schlüsselbund aus der Tasche und benutzte den Schlüsselring, um mehrmals hart an die Tür zu klopfen, während er brüllte: »Polizei! Aufmachen, im Namen des Gesetzes!«
    Kurz darauf konnte er durch die Tür jemanden mit Bergenser Dialekt fluchen hören.
    Die Sicherheitskette rasselte.
    »Du? Was fällt dir denn ein?«, stöhnte Rise und blinzelte schläfrig in das grelle Licht. Er trug nichts außer einer hellblauen Boxershorts und einem Haarnetz.
    »Meine Oma hatte auch so eins«, sagte Gunnarstranda und zeigte auf das Haarnetz. »Aber das hat sie nur benutzt, wenn sie Lockenwickler im Haar hatte. Sind denn Lockenwickler nicht aus der Mode?«
    Rise fasste sich automatisch an den Kopf und lächelteschließlich peinlich berührt. Gleichzeitig klirrten Türschlösser. Zwei Nachbartüren wurden einen Spalt geöffnet. Erschrockene Gesichter spähten heraus.
    Rise seufzte. »Komm lieber rein.«
    Gunnarstranda trat in eine dunkle, schlecht gelüftete Einzimmerwohnung, die ein breites Bett fast vollkommen ausfüllte. Vor dem Bett stand auf einem Stativ ein fast genauso breiter Flachbildschirm.
    Keine Stühle, kein Tisch.
    Fartein Rise zog sich ein paar Jeans über, die auf dem Boden lagen. Er ging in die Küchenecke und öffnete den Kühlschrank. »Kann ich dir was anbieten?«
    Gunnarstranda schüttelte den Kopf.
    Rise holte eine rote Dose Weihnachtsbier und setzte sich auf das Bett. Mit seinem langen Haar im Haarnetz, nacktem Oberkörper, unbehaart, abgesehen von einem großen haarigen Muttermal zwischen den Brustwarzen, war er ein eindrucksvoller Anblick. Der Fleck erinnerte an ein Amulett – wie der Skalp eines Glückstrolls.
    Gunnarstranda blieb stehen.
    »Was treibt so feine Herren in diese Gegend?«, fragte Rise.
    »Wir haben ein Leck«, sagte Gunnarstranda.
    »Was an der Blase?«, fragte Rise grinsend. »Willst du deshalb kein Bier?«
    »Ich glaube, du weißt genau, was ich meine, und ich glaube, dass du mir helfen kannst, das Problem zu lösen«, sagte Gunnarstranda.
    Rise griff nach einer Fernbedienung, die auf dem Boden lag, und schaltete den Fernseher ein. Dann zappte er, bis er einen Kanal fand, auf dem ein dramatisches Autorennen gezeigt wurde. Er setzte sich bequemer zurecht und sagte: »Nimm die Tür mit, wenn du gehst.«
    Gunnarstranda stellte sich vor dem Fernseher auf. »Achtzig Prozent der Weltbevölkerung sind Idioten«, sagte er. »Das nennt sich die Achtzig-Zwanzig-Regel. Mit zwanzig Prozent der Bevölkerung kann man ein Gespräch führen. Die verbleibenden achtzig Prozent sind allesamt Matschbirnen. Ist das nicht deprimierend?«
    »Du stehst im Weg«, sagte Rise genervt.
    »Ich habe mal eine Zeugin gefragt, wo sie wohnt«, sagte Gunnarstranda. »Sie hat gesagt, sie wüsste nicht mehr, ob es Nesodden oder Notodden war, sie bekäme immer alles durcheinander. Ich hab zu ihr gesagt, dass Nesodden einige hundert Meter von hier liegt – ich habe sogar über den Oslofjord gezeigt. Nesodden ist das Stückchen Land, das man da draußen im Oslofjord sieht, hab ich gesagt. Notodden dagegen ist eine Stadt und liegt hundertfünfzig Kilometer von Oslo entfernt, da ist die Frage ja wohl ganz einfach, hab ich gesagt. Wohnen Sie hundertfünfzig Kilometer von hier entfernt oder fünfhundert Meter? Und

Weitere Kostenlose Bücher