Die Kompanie der Oger
vorbei.
Die Dunkelheit hellte sich auf und Belok bemerkte einen zinnoberroten Raben, der auf seiner Fensterbank saß. Der Zauberer stand nicht auf, war aber überrascht. Die Rote Frau hatte ihn niemals zuvor besucht.
»Du bist gekommen, um mich zu verspotten, nicht?«, fragte er.
Er bekam keine Antwort. Er schaute sich im Zimmer um, sah aber keine Spur der Hexe. Auch wenn sie unsichtbar gewesen wäre, er hätte ihre Gegenwart in seinem Allerheiligsten gespürt. Dann wandte er seinen Kopf in Richtung des Raben.
»Wo ist sie?«
Der Vogel hob seine Flügel zu einem Achselzucken. »Das hier geht sie nichts an. Es ist eine Sache zwischen uns beiden. Ich bin hier, um mich für einen Job zu bewerben.«
»Hast du nicht schon einen?«
Der Rabe sträubte seine Federn. »Ehrlich gesagt langweilt er mich ein bisschen. Es macht keinen besonderen Spaß, ihr Vertrauter zu sein. Sie tut nichts anderes als Zaubertränke mischen und Idioten zum Leben erwecken - und wandern. Auch wenn ihre Magie alles zu einem zehnminütigen Fuß-. marsch macht, es ist trotzdem ein wenig ermüdend.«
Belok sah den Raben prüfend an, aber es war schwierig, den Gesichtsausdruck eines Vogels zu lesen. Selbst für einen Zauberer. »Und jetzt willst du mein Vertrauter werden?«
»Warum nicht? Sie haben zumindest Stil. Und Sie gehen nicht viel zu Fuß, oder?«
»Nein. Nicht viel. Aber ich habe schon Vertraute.«
Seine geisterhaften Jungfrauen wurden an seiner Seite sichtbar. Sie gossen Belok ein weiteres Glas Wein ein und gurrten ihm ins Ohr.
»Geister sind keine richtigen Vertrauten«, sagte der Rabe, »und auch wenn ich Sie nicht streicheln kann, ich bin doch unendlich viel nützlicher.«
Zwei der Geister schwebten vor und zischten.
»Wir Raben fürchten keine Geister. Wir zeigen ihnen den Weg von der Unterwelt hierher und wenn sie uns auf die Nerven gehen, schnappen wie sie mit unseren Krallen und schicken sie zurück.«
Der Vogel krächzte, und die Jungfrauen lösten sich in zwei Häufchen Geisterknochen, die auf dem Boden lagen. Der Rabe kicherte. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Geister nicht viel taugen.«
Belok schob seine Buhlerinnen weg. »Warum sollte ich dir glauben?«
»Warum sollten Sie nicht? Aber ich kann Ihnen eine Geste des guten Willens anbieten. Ich kann Ihnen sagen, wo er ist.«
Belok suchte das Gesicht des Raben ab, fand aber nichts, was einen Verdacht bestätigen oder zerstreuen konnte. Er war von Natur aus misstrauisch, doch ihm wurde auch das letzte Stück Information angeboten, das er mehr als alles andere begehrte.
»Wenn das ein Trick sein soll…«
»Warum sollte ich mir die Mühe machen, Sie hinters Licht zu führen? Was hätte ich davon? Er befindet sich an einem Ort namens Kupferzitadelle. Das liegt in den Ostländern. Ich bin sicher, ein mächtiger Zauberer wie Sie braucht keine Wegbeschreibung. Gehen Sie und schauen Sie selbst. Was haben Sie zu verlieren?« Der Rabe kehrte zum Fenster zurück. »Ich lasse von mir hören.«
Er flog davon. Am Fuß von Beloks Berg setzte er sich auf den Stab der Roten Frau.
»Ich weiß nicht, ob er mir geglaubt hat.«
»Er muss dir nicht glauben«, meinte die Rote Frau. »Sein Rachedurst wird ihn dazu bringen, trotzdem Nachforschungen anzustellen.«
»Ich verstehe nicht, warum du es ihm nicht einfach selbst gesagt hast«, sagte der Rabe.
»Er hätte etwas geahnt.«
»Ich dachte, du hättest gerade gesagt, es sei egal, ob er • etwas ahnt.«
»Ist es auch. Aber ich war einfach nicht in der Stimmung, mit ihm zu reden.«
»Und warum schickst du ihn jetzt überhaupt zu Ned?«, fragte der Rabe.
»Weil es Zeit ist.«
»Zeit wofür?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Sie lächelte. »Aber es ist Zeit für etwas.«
Sie drehte sich um und machte sich auf den Weg zu ihrem Berg.
»Können wir nicht einfach teleportieren?«
»Ach, es ist doch eine so schöne Nacht für einen Spaziergang.«
Der Rabe seufzte.
SECHSZEHN
Regina saß in einer dunklen Ecke und beobachtete Miriam am anderen Ende des Pubs. Schamlos stand die Sirene neben Ned. Von Zeit zu Zeit sagte er etwas, das Regina in der Menge nicht hören konnte, und Miriam lachte, als hätte er eben eine großartige, wahnsinnig unterhaltsame Bemerkung von sich gegeben. Sie legte eine Hand auf seine Schulter und streifte manchmal »aus Versehen« mit ihren Brüsten an seinem Arm. Es war widerlich. Und Ned schien darauf hereinzufallen. Er war ein Idiot und ein Trottel. Wie alle Männer. Reginas Zuneigung nicht
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