Die Kompanie der Oger

zwinkerte und Ned zwinkerte zurück. Wenn es auch mit nur einem Auge schwierig, wenn nicht gar unmöglich war, sein Zwinkern von einem gewöhnlichen Wimpernschlag zu unterscheiden. Aber Frank schien es zu verstehen und ging, um sich um das Schnabeltier zu kümmern.
    Ned verbrachte die nächsten paar Minuten in seinem Büro still damit, nicht zu sterben, und war damit zufrieden, wie gut es lief. Er war sicher auch schon mal länger am Leben geblieben, aber jetzt, da er sich darauf konzentrierte, fühlte es sich eher wie eine Leistung an. Obwohl er immer noch nicht den geringsten Sinn in dem Opfer der Roten Frau sah, das ihm vollkommen sinnlos erschien. Ned konnte nicht sterben, aber das Universum konnte es. Warum sich also die Mühe machen, ihn zu retten?
    »Warum?«, fragte er sich laut.
    »Warum nicht?«, antwortete jemand.
    Ned erschrak, kippte von seinem Stuhl und fiel auf den Boden. Der Stuhl rempelte eine Streitaxt an, die an der Wand lehnte. Die Waffe fiel um und grub sich direkt über seinem Kopf in den Boden. Ein paar Zentimeter weiter rechts - und sie hätte ihm das Gesicht gespalten. Er fragte sich, ob sein Büro letzten Endes ein so sicherer Ort war. Er sah die Welt jetzt mit einem neuen Auge. Alles war scharf und spitz und offenbar darauf aus, sich in sein Gehirn zu bohren. Er erwog, sich unter den Tisch zu kauern, aber noch war er nicht ganz so weit, seinen ganzen Stolz über Bord zu werfen.
    Ein schneller Blick bestätigte ihm, dass das Büro leer war. »Ist hier jemand?«
    »Jemand, nein«, sagte die neue Stimme. »Etwas wäre ein präziserer Ausdruck.«
    »Wo bist du?«
    »Hier.«
    »Wo?«, fragte er. .
    »Warum fragst du nicht noch einmal? Denn wenn du dieselbe Frage dreimal stellst, kannst du sicher sein, eine genauere Antwort zu bekommen.«
    »Wo?«, fragte Ned noch einmal.
    »Das war ironisch gemeint. Wenn du willst, kannst du mich natürlich noch einmal fragen. Aber da ich weder sehen noch fühlen kann, kann ich dir auch nicht groß weiterhelfen. Statt dieselbe lächerliche Frage immer und immer wieder zu stellen, könntest du natürlich auch eine andere ausprobieren.«
    Ned, der es langsam leid war, sich verspotten zu lassen, setzte sich wieder. »Bist du ein Geist?«
    Die Stimme kicherte. »Nein. Wenn ich überhaupt etwas sein sollte, dann schätze ich mal, dass ich eine Erinnerung bin.«
    »Was bedeutet das?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Du weißt es nicht?«
    »Ich weiß es nicht.« Die Stimme seufzte. »Musst du unbedingt alles mehr als einmal fragen? Tüs noch mal und ich werde nicht antworten. Eigentlich glaube ich nicht, dass ich mich überhaupt noch mit einer deiner sinnlosen Fragen herumärgern werde.«
    »Wirst du nicht?«, fragte Ned.
    Keine Antwort. Die Stimme schien genau in seinen Ohren gewesen zu sein.
    Er wedelte mit den Händen um seinen Kopf und spürte gar nichts. Keinen kalten Fleck oder einen unsichtbaren Sprecher und auch keine geschwätzige Stubenfliege.
    »Bist du noch da?«
    Keine Antwort.
    »Hallo? Noch da?«
    »Ja, ich bin noch da.« Die Stimme klang jetzt ziemlich genervt. »Wo sollte ich sonst sein? Ich kann mich schließlich nicht allein fortbewegen, oder?«
    »Das kannst du nicht?«
    Die Stimme grunzte, sagte aber nichts weiter.
    »Ich glaube, ich werde langsam verrückt.« Es schien an der Zeit zu sein. Eine Kleinigkeit dem Zeitplan hinterher. Er dachte darüber nach, sein Büro zu durchsuchen, doch es war ihm einfach nicht wichtig genug, um geisterhafte Zwischenrufer zu jagen. Er beschloss, noch eine weitere Frage zu stellen, und wenn das nicht funktionierte, würde er aufgeben.
    »Was bist du?«
    Die Stimme atmete hörbar erleichtert aus. »Na endlich. War das so schwer? Ich bin der Stab.«
    »Der Stab?«, fragte Ned.
    Der Sprecher murrte. »Ja, der Stab. Du bist wirklich ziemlich begriffsstutzig, was?«
    Ned schnappte den Stab. Jetzt musste er sich keine Sorgen mehr machen. Jetzt konnte er sich entspannen, sich vom Tod holen lassen. Das Wohlergehen des Universums war das Problem eines anderen.’
    Er umklammerte den Stab der Roten Frau so fest, wie sich ein verliebter, betrunkener Troll an eine verliebte, betrunkene Elfe mit Silberblick und ohne Vorurteile klammern mochte.
    »Wie bist du da rein gekommen?«, fragte er.
    »Ich bin nicht hier drin«, antwortete der Stab. »Ich bin.«
    »Was bedeutet das?«
    »Dir muss man alles ganz genau erklären, was? Ich nehme es zurück. Du bist nicht begriffsstutzig. Du hast offenkundig einen weitläufigen