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Die Kompanie der Oger

Die Kompanie der Oger

Titel: Die Kompanie der Oger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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sprechende Stab
    verhöhnt mich still,
    Dieses Gedicht taugt nichts.
     
    Ned warf sein erstes und letztes literarisches Werk beiseite. Er vertrödelte den Rest des Abends buchstäblich mit Däumchendrehen und entdeckte mit mildem Interesse, dass man tatsächlich Krämpfe in den Daumen bekommen konnte, wenn man sie zu lange drehte.
    Am vierten Tag langweilte er sich derartig, dass er schon daran dachte, nach jemandem zu schicken, mit dem er sich unterhalten konnte. Aber er kannte eigentlich niemanden in der Kupferzitadelle. Zumindest nicht gut.
    Er dachte an Frank. Der schien ein angenehmer, sympathischer Kerl zu sein. Aber er hatte Ned auch schon einmal getötet. Ned war allerdings ziemlich sicher, dass es ein Unfall gewesen war. Es gab keinen Grund, warum Frank es absichtlich hätte tun sollen, aber einen großen Oger einzuladen, der bereits bewiesen hatte, wie leicht man Ned zerquetschen konnte, schien ihm keine gute Idee zu sein. Er konnte sich genauso gut selbst den Schädel einschlagen und es hinter sich bringen.
    Gabel kam Ned als Nächster in den Sinn, doch er ließ ihn schnell wieder fallen. Gabel war ein überzeugter Offizier, aber nicht der interessanteste Gesellschafter. Außerdem ging es Ned auf die Nerven, dass Gabel vorgab, ein Ork zu sein, wenn er doch offensichtlich ein Kobold war.
    Regina und Miriam waren naheliegende Möglichkeiten. Beide waren einnehmende, attraktive Frauen. Und sie mochten ihn wirklich, wenn man dem sprechenden Stab vertrauen konnte. Das war das Problem. Er hatte nie gut mit Frauen gekonnt. Sein größtes Kapital in Bezug auf das andere Geschlecht war die Annahme kompletten und äußersten Desinteresses an ihm, was man als eine Art entspannten Zutrauens fehlinterpretieren konnte. Das hatte er nun verloren. Nun, da er wusste, dass sie ihn mochten. Nun würde er anfangen, sich zu bemühen. Er würde dumme Dinge sagen. Dümmere Dinge als sonst. Und er würde sich über diese dummen Dinge Sorgen machen, was zu noch dümmeren Dingen führen würde. Letztlich konnte er kein normales Gespräch mit einer Frau führen, wenn er glaubte, sie hätte Interesse an ihm. Da war einfach zu viel Druck.
    Er warf einen Blick auf den sprechenden Stab. Er hatte ihm nicht einmal das kleinste bisschen guten Rat zu bieten, und die trivialen Beobachtungen, die er ihm mitgeteilt hatte, hatten sein Leben nur verkompliziert. Zu dumm, dass er niemanden kannte, der in der Lage war, vernünftige Ratschläge zu erteilen.
    Jemand klopfte an die Tür. Er dachte daran, nicht zu antworten, doch ihm war zu langweilig. Er öffnete die Tür einen Spalt, nicht einmal weit genug, um seinen Kopf hinauszustrecken.
    Owens salutierte. »Sie haben mich rufen lassen, Sir?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Das werden Sie aber, Sir.« Das Orakel salutierte weiterhin. »Soll ich so lange hier warten?«
    Ned dachte über das seltsame Wesen des Schicksals nach. Er hatte zwar nicht vorgehabt, Owens rufen zu lassen, aber jetzt, da der Soldat hier war, dachte er, es könnte ganz angenehm sein, Owens hereinzubitten. Ned harte bei ihrem letzten Gespräch eine gewisse Orientierungshilfe gefunden. Gut, seine Versuche, dem Rat zu folgen, hatten damit geendet, dass er von einem Oger zerquetscht worden war. Aber das war genauso Neds Schuld wie die aller anderen gewesen. Wenn er Frank nicht die Schuld geben wollte, konnte er sicher auch Owens nichts vorwerfen. Das Orakel war auf jeden Fall zumindest höflicher als der sprechende Stab.
    Ned bat Owens herein, und Owens war höflich genug, auf die ausgesprochene Einladung zu warten, bevor er eintrat.
    »Wie kann ich Ihnen dienen, Sir?«, fragte er.
    »Wissen Sie das nicht?«, fragte Ned zurück.
    Er ging hinüber in die Ecke und nahm den Stab auf. Er fühlte sich immer noch sicherer, wenn er ihn hielt, obwohl er keinen Beweis hatte, dass er irgendwelche magischen Kräfte hatte, nur die Fähigkeit, zu betonen, wie dumm er war.
    »Ich bin ein Orakel, Sir«, antwortete Owens, »kein Gedankenleser.«
    Owens hatte Neds Gedanken ab und zu gelesen, auch wenn das nicht wirklich das war, was er getan hatte. Technisch gesehen hatte er Worte gehört, die gesprochen werden würden, während sie noch Gedanken waren, und sie so in Worte verwandelt, die nie ausgesprochen wurden, außer in einer theoretischen Zukunft, die nie eintrat. Es war ein Paradoxon. Dieselbe Art von Paradoxon, das ein Orakel zu Neds Tür rief, bevor er selbst auf den Gedanken gekommen war - was ihn aber daraufbrachte, Owens zu rufen, was

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